Thor: Love and Thunder

Originaltitel
Thor: Love and Thunder
Land
Jahr
2022
Laufzeit
118 min
Release Date
Bewertung
6
6/10
von Matthias Kastl / 11. Juli 2022

Das ist schon eine wilde stilistische Wandlung, die unser Donnergott da in den letzten Jahren hingelegt hat. Die Ernsthaftigkeit, mit der Shakespeare-Liebhaber Kenneth Branagh ("Mord im Orient Express", "Belfast") den ersten Teil 2011 noch inszenierte, wurde im dritten Teil "Thor: Tag der Entscheidung" vom neuseeländischen Regisseur Taika Waititi ("5 Zimmer Küche Sarg") ja eindrucksvoll über Bord geworfen. Sie wich einem abgedrehten Spektakel, das schon stark an Selbstpersiflage grenzte und bei dem wir uns damals fragten, ob es wohl bei diesem einmaligen Ausflug ins Extreme bleiben würde. "Thor: Love and Thunder" dreht nun die Bässe noch weiter auf und beantwortet diese Frage mit einem krachenden "Nein". Doch so energetisch der Film auch daherkommt, eine Reihe witziger Gags kann nicht über die Beliebigkeit hinwegtäuschen, mit welcher hier Figuren und Story zu einem kruden Genremix verwurstet werden, der nach außen cool und rebellisch wirken möchte, emotional aber ziemlich hohl daherkommt.  

Emotional leer fühlt sich auch Thor (Chris Hemsworth, "The Cabin in the Woods", "Tyler Rake: Extraction"). Die Trennung von seiner geliebten Jane (Natalie Portmann, "V wie Vendetta", "Black Swan") hat der Sohn Odins noch immer nicht so richtig verkraftet, auch wenn ihn seine Abenteuer mit den "Guardians of the Galaxy" (u.a Chris Pratt, Dave Bautista) zumindest ein wenig davon ablenken können. Als der mysteriöse Gorr (Christian Bale, "The Machinist", "The Dark Knight") allerdings damit droht, alle Götter zu ermorden, entpuppt sich ausgerechnet Jane als Thors größtes Ass im Ärmel. Jane muss zwar gerade mit einer lebensbedrohlichen Krebserkrankung kämpfen, hat sich gleichzeitig aber auch Thors alten magischen Hammer besorgt und so ihre ganz eigenen Superkräfte entwickelt. Trotzdem ist Thor in Sachen Erfolgschancen eher skeptisch und möchte vor dem großen Kampf lieber noch mal bei Übergott Zeus (Russell Crowe, "Gladiator", "Master & Commander") um Unterstützung bitten.

 

Und wie läuft so eine Reise zu Zeus wohl ab? Nun, man spannt zwei Riesenziegen vor ein ehemaliges Wikingerschiff, um damit von einer magischen Axt angetrieben über eine farbenprächtige Regenbogenstraße zu heizen. Keine Frage, Taika Waititi hat jede Menge Spaß dabei sich hier visuell auszutoben. Da laufen manche Sequenzen dann eben mal komplett in Schwarz-Weiß ab oder wird die Landung auf einem Planeten zu einem wundervoll-surrealen optischen Gag umfunktioniert. Inhaltlich sieht es ähnlich bunt aus, denn die meisten Figuren und deren Handlungen scheinen eher einer abgedrehten Persiflage als einer klassischen Superheldenstory entsprungen zu sein. Was unter anderem dazu führt, dass eine Gruppe junger Kinder zu Guns n’ Roses brutal Monster metzeln darf.

In seinen stärksten Momenten ist "Thor: Love and Thunder" dann auch wirklich richtig witzig. Allen voran der wundervolle Running Gag zwischen Thor und seiner Axt, bei dem die Waffe eine sehr unterhaltsame Eifersucht auf Thors alten Hammer entwickelt, sorgt für ein paar großartige Lacher. Demgegenüber stehen allerdings leider auch eine gehörige Anzahl von misslungenen Einfällen, allen voran Russell Crowes schrecklicher Auftritt als Zeus. Ausgestattet mit einem gruseligen Akzent (sowohl in der deutschen als auch der englischen Version) funktioniert diese platte Persiflage mal so gar nicht und sorgt eher für Fremdschämen. Man möchte gar nicht daran denken, wie dieser Mann einst in Filmen wie "L.A. Confidential" oder "A Beautiful Mind" das Cineasten-Herz begeistert hat.

An Christian Bales intensiver Darstellung des Bösewichts Gorr ist zwar schauspielerisch deutlich weniger auszusetzen, nur leider ist er damit definitiv im falschen Film gelandet. Der grimmige und von Hass zerfressene Gorr wirkt angesichts des knallbunten Chaos und der Selbstpersiflage um ihn herum einfach wie ein ziemlicher Fremdkörper. Was angesichts der bewegenden Hintergrundgeschichte und einem durchaus clever geschriebenen Ende der Figur umso frustrierender ist.

Leider wirkt der Film trotz seiner wilden Energie nie so wirklich rund. Das merkt man auch bereits an vielen kleinen Details, wie zum Beispiel dem Soundtrack. Auf der einen Seite wird konsequent auf Musik a la Guns n’ Roses gesetzt, dann aber doch irgendwann auch mal Abba reingeworfen – weil es halt gerade irgendwie witzig wirken könnte. Und so verhält es sich hier mit vielem, einen konstanten roten Faden sucht man einfach vergebens.

Gerade die Figuren wirken entweder wie Fremdkörper, sind viel zu überdreht oder nur auf einen Gag getrimmt, so dass niemand zumindest ein bisschen emotionale Tiefe aufbauen oder gar eine auch nur ansatzweise interessante Charakterentwicklung durchlaufen kann. Was dazu führt, dass der spannendste emotionale Konflikt gefühlt fast in Thors Axt schlummert. Und das ist schon ein hartes Urteil angesichts der Tatsache, dass eine der Hauptfiguren des Films mit einer tödlichen Krebserkrankung zu kämpfen hat. Die passt aber weder zum Stil von "Love and Thunder", noch ist sie irgendwie überzeugend gespielt und umgesetzt, da sie immer nur dann ausgepackt wird, wenn man gerade Lust auf ein bisschen Drama hat. Das man aber eben auch nicht richtig ernst nehmen kann, wenn ein paar Sekunden später wieder ein potentieller Schenkelklopfer rausgehauen wird.

Und damit kommen wir dann auch zum wohl größten Problem der aktuellen Marvel-Phase. Irgendwie wirkt das alles aktuell so unglaublich beliebig und ziellos. Während die ersten "Avengers"-Filme noch irgendwie einem Plan folgten und tatsächlich auch durchaus spannende Konflikte für Ihre Figuren bereithielten, hat man nun das Gefühl, dass es eigentlich nur noch ein Ziel gibt: einfach möglichst viel Content fürs Kino oder Disney+ generieren. Und so werden hier natürlich auch die Mid- und Post-Credit-Szenen wieder dafür genutzt, um noch mal neue Helden einzuführen und andere wiederauferstehen zu lassen.

Gerade letzteres untermauert im Blick auf den Film noch einmal den Verdacht, dass für das Marvel-Universum eigentlich nur die Zukunft, nicht aber die Gegenwart zählt. Es ist egal ob hier jemand stirbt, mit irgendeinem netten Kniff wird man den am Ende schon wieder aufwecken können, um dann den nächsten Film oder eine weitere Serie produzieren zu können. "Weiter, immer weiter" lautet das Motto, statt sich einfach mal etwas mehr Mühe im hier und jetzt zu geben und einen wirklich packenden Film abzuliefern. Hauptsache, die Fans sehen ihre Lieblingsfiguren immer und immer wieder auf der Leinwand. Wem das reicht, der kann mit "Thor: Love and Thunder" natürlich durchaus seinen Spaß haben. Für wen aber gute Filme auch immer mit einer zumindest halbwegs interessanten emotionalen Reise verbunden sind, der dürfte angesichts der Belang- und Bedeutungslosigkeit des Geschehens auf der Leinwand doch eher enttäuscht sein. 

Bilder: Copyright

1
1/10

Dieser Film ist eine Farce, eine Parodie, völlig ins Lächerliche gezogen. Die schauspielerische Leistung ein Witz (mit Ausnahme von Bale), das Casting unterirdisch.
Die Dialoge bereiten körperliche Schmerzen, es passt nichts zusammen, ein total emotionsloses Konstrukt in der Verpackung eines Knallbonbons.
Ich frage mich, wie die Marvelschmiede etwas derartiges hervorbringen konnte.

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Bitte mal oben die Laufzeit korrigieren.
159 min... O_O
119 Minuten sind es. ;-)

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