Batman: The Dark Knight

Originaltitel
The Dark Knight
Land
Jahr
2008
Laufzeit
147 min
Genre
Release Date
Bewertung
8
8/10
von Simon Staake / 9. Juni 2010

 

Was gibt es zu diesem Film noch zu sagen, wo in den letzten Wochen doch alle schon alles gesagt, oder es zumindest versucht haben? Richtig zu erklären ist der Sensationserfolg der Fledermausfortsetzung trotzdem nicht. Na klar, es kam alles zusammen zu einer unschlagbaren Mischung: eine wirklich brillant gesteuerte und konzipierte Werbekampagne, eine nach dem Erfolg von "Batman Begins" und ersten Bildern des Films enthusiastische Fanbase, die direkte Vorlage des vorherigen Sommerkrösus "Iron Man", der das US-Publikum schon so richtig schön in Superheldenstimmung brachte, und natürlich der viel publizierte, tragische Tod von Heath Ledger. All das sind Erklärungen, die die Erfolgsbilanz von "The Dark Knight" zumindest im Ansatz nachvollziehbar machen. Dieser Film war, so war schon vor Start klar, ein Event, aber nicht zwangsläufig ein epochales. Dafür sorgten dann die jungen Leute in Amerika selbst und die You Tube- und My Space-Generation inszenierte im Anschluss ihr eigenes "Krieg der Sterne"-Erlebnis.
Seine jetzige Position als zweiterfolgreichster Film der amerikanischen Kinogeschichte verdankt er aber nicht nur diesem Erlebnisstatus, sondern auch seiner Qualität, denn ohne Mehrfachgucker und die grandiose Mundpropaganda wäre dieser Erfolg so natürlich nicht möglich gewesen. Qualität setzt sich durch - das ist mehr als erfreulich. Denn selten hat sich ein Sommerblockbuster so sehr gegen die ihn umgebenden Vorurteile gewehrt wie "The Dark Knight". Klar gibt's auch hier ordentlich Schauwerte und Sachen fliegen mit großem Kawumm in und durch die Luft. Aber das ist hier ausnahmsweise tatsächlich nur explosives Beiwerk zu einem Kriminaldrama epischen Ausmaßes:

Bruce Wayne alias Batman (Christian Bale) hat sich endgültig als Gothams illegaler Verbrechensbekämpfer Nummer Eins etabliert, unterstützt von seinem Polizei-Freund Leutenant Gordon (Gary Oldman). Die Position des legalen Verbrechensbekämpfers Nummer Eins abseits des Vigilantentums übernimmt der aufstrebende Bezirksstaatsanwalt Harvey Dent (Aaron Eckhart), der zusammen mit Gordon und Batman eine Art Geheimpakt geschlossen hat, um die Stadt von kriminellen Elementen zu säubern. Was zwischen die beiden Verbrechensbekämpfer kommen könnte, ist Waynes Jugendfreundin Rachel Dawes (Maggie Gyllenhaal), die sich zu beiden hingezogen fühlt - eine Zwickmühle, die sich die Macht des Chaos und des Bösen zu Nutze machen will: Der wahnsinnige Clownprinz des Verbrechens, Joker (Heath Ledger) will die emotionale Schwäche der Beschützer von Gotham gegen sie benutzen, um die Stadt ins Verderben zu stürzen....

Eines kann man "The Dark Knight" nicht vorwerfen, nämlich dass er falsch betitelt wäre. Klingt logisch, ist es aber nicht. Denn zu oft wurde aus dem dunklen Ritter Gothams ja eher ein halb- oder ganz bunter Ritter und oftmals auch ein ziemlich alberner gemacht. Dass es nicht in diese Richtung geht, die die Reihe in den unfähigen Klauen eines Joel Schumachers zum kreativen Totalkollaps brachte, war ja schon seit "Batman Begins" klar. Mit diesem ausgesprochen gelungenen Neuanfang wurden eine neue Ernsthaftigkeit und ein neuer Realitätsanspruch in die Reihe eingebracht, die nun mit "The Dark Knight" nicht nur ihre Fortsetzung erfahren, sondern auch ihren Höhepunkt.
Dieser dunkle Ritter ist in der Tat verdammt dunkel, und seine Welt ist es auch. Nicht nur dunkel, sondern regelrecht brutal in ihrer unnachgiebigen Düsternis. Grimmig, grausam, auch geschwätzig werden in "The Dark Knight" letzte Dinge verhandelt, moralische Grenzen ausgelotet, politische Untertöne gesetzt. Dabei schneidet der Film zwar immer schön um die schlimmsten gewalttätigen Grausamkeiten herum, um die amerikanische PG13-Altersfreigabe nicht zu gefährden, aber auf die ausweglose Atmosphäre hat das trotzdem kaum Einfluss. Heilige Spaßbremse, Batman, hier geht's aber dunkel zu.

Der Eventstatus des Films hat natürlich zu großen Teilen auch mit dem Tod Heath Ledgers zu tun, der seine Rolle als manischer Joker hier überschattet. Ganz besonders eklige Groschenblätter sind sich ja nicht zu schade, immer noch schamlos die klischierte Mär von der düsteren Rolle, die ihren Schauspieler in den Wahnsinn, Depressionen, Tablettensucht und Selbstmord trieb, zu wiederholen, auch wenn Ledger zum Zeitpunkt seines Unfalltodes die Dreharbeiten lange beendet hatte und glaubhaft versicherte, er hätte wohl nie soviel Spaß mit einer Rolle gehabt wie mit der des Jokers. Und diesen Spaß merkt man ihm zu jedem Moment an. Natürlich überstrahlt seine Leistung hier alles, abseits der Leichenfledderei und der nachträglichen Heiligsprechung der zu jung Verstorbenen. Ledgers Joker ist das dunkle Herz des Films und sein unterhaltsamstes Einzelteil. Daher möchte man hier fast noch mehr vom Joker sehen, im Gegensatz zum gnadenlos überziehenden Jack Nicholson in Tim Burtons "Batman". Ledger übernimmt nicht einfach glanzvoll diese Rolle, er definiert den Joker von Grund auf neu. Dieser ist hier nicht mehr und nicht weniger als eine wahnsinnige Einmann-Armee auf einem Kreuzzug des Chaos - Ledger spielt den Joker als ultimativen Terroristen, jenseits von solch säkularem Nonsens wie Motivation, Rationalität oder einer "Sache", der er folgen muss. Seine einzige Sache, und einzige Motivation, ist Chaos zu schaffen, Mordlust zu befriedigen und den letzten Lacher auf seiner Seite zu haben.
Daher funktionieren allzu simple Erklärungsmodelle, wie sie konservative Medienvertreter auf recht lachhafte Weise zu bemühen versuchen, auch nicht. Der Joker ist so losgelöst von menschlichem Grundverhalten und Motivation, dass er eben nicht als Al Kaida-Abbild dienen kann, ebenso wie Batman trotz illegalem Abhören der Zivilbevölkerung nicht zum glorreichen George Bush-Vertreter taugt. Bei allem Respekt, aber wir reden hier immer noch über einen Mann, der sich als Fledermaus verkleidet. Ledger jedenfalls ist großartig und verschwindet so sehr in seiner Rolle, dass man - wenn man es nicht wüsste - ihn partout nicht erkennen würde unter dem zerfetzten Make-Up, dem perversen Lippenschmatzen und den aus den Fugen geratenen Kadenzen in denen der Joker zumindest in der Originalversion redet.
Die zweite sehr erwähnenswerte Schauspielleistung des Films kommt von Aaron Eckhart als vom Schicksal verfluchter Staatsanwalt Harvey Dent, auch wenn eben jenes Schicksal über die erste Filmhälfte zu penetrant angedeutet, das Schlüsselereignis und die folgende Wandlung selbst dagegen dann zu schnell abgehandelt werden. Maggie Gyllenhaal ist als neubesetzte Rachel Dawes Nummer Zwei wesentlich brauchbarer als Katie Holmes, deren immer noch an Teenagerdrama erinnernde Performance einen doch bisweilen aus dem düster-realistischen Ton von "Batman Begins" riss. Leider hat sie hier recht wenig zu tun, außer als Objekt der Begierde zwischen Dent und Wayne zu stehen und ansonsten ständig in Gefahr zu geraten und gerettet zu werden. Mit Verlaub: Das hätte Frau Holmes auch hingekriegt.

Zweieinhalb Stunden sind eine verdammt lange Zeit, aber man merkt sie dem "Dark Knight" kaum an. Wie auch, schließlich geht hier so viel vor sich und es gibt so viel zu sehen. Auch wenn es eigentlich nicht sonderlich kompliziert ist, Nolan hat den Film so inszeniert, als wäre er wahnsinnig komplex. Das Drehbuch ist so dicht, hat so viele Erzählstränge und Ereignisse, das zweieinhalb Stunden fast schon zu wenig sind. Die Nolans haben hier Material zusammengestellt, das locker für eine Miniserie gereicht hätte, und dies zeigt sich auch: Im positiven Sinn in einer relativen Intelligenz und Tiefgründigkeit, die locker über den ohnehin ja eher jämmerlichen Standard des Sommerblockbusters und auch über den vergleichsweise hohen der besten Comicverfilmungen der letzten Jahre hinausgeht. Und im Negativen, weil sie so viel wollen, dass der Film manchmal nicht nur aus allen Nähten platzt, sondern weil die Nähte in ihrem Storygeflecht sich beizeiten doch eindeutig zeigen: Plotstränge werden fallen gelassen oder nicht zufriedenstellend aufgelöst (was passiert etwa mit einem bestimmten Maulwurf in Reihen der Polizei und was mit der Gruppe von Partygästen, die der Joker samt Crew als Geisel genommen hat?). Schwächen zeigt der Film ironischerweise, weil er so ambitioniert ist, dass er unmöglich allem gerecht werden kann, was er sich vornimmt.
Die zweite große Schwäche hat auch mit der ersten zu tun, es ist die schon angesprochene Geschwätzigkeit des Drehbuchs. So viel will verhandelt werden inmitten der obligaten Actionszenen, die gut sind, aber nicht herausragend, weil man eben solcherlei Verfolgungsjagden, Massenkloppereien und Explosionen alle schon gesehen hat. Und deswegen gerät manche Dialogszene zum Aufsagen, fast Runterrasseln von Text, um noch eine moralische Frage aufzuwerfen und noch einen Nebenplot anzuheizen. Das ist manchmal zu offensichtlich, wenn etwa Harvey Dent am Anfang philosophiert, dass Helden entweder den Heldentod sterben oder aber selbst zum Bösewicht werden, und manchmal bleibt es Behauptung. Bruce Waynes Dilemma etwa, seine Zweifel und Ängste, die durch den Joker offen gelegt werden, werden behauptet, aber kaum gespielt. An Christian Bales Fähigkeiten liegt dies nicht, eher schon an der unbarmherzigen Plotmaschinerie, die es sich eben nicht leisten kann, groß noch Waynes seelische Leiden zu zeigen, sondern sie als vermerkt abhakt und zum nächsten Storypunkt hüpft.
Damit zeigt "The Dark Knight" fast weniger Emotionen und Bindung zum Zuschauer als noch der Vorgänger "Batman Begins". Der Film ist dicht erzählt wie ein Roman, und das erweist sich als Bumerang: Bei so viel Haupttext, Subtext und Nebentext (man hätte gut daran getan, etwa die Coleman Reese-Geschichte fallen zu lassen, die den Film unnötig weiter aufbläst), bleibt so mancher nötiger emotionaler Zwischenton auf der Strecke.

Im Grunde kann man sich also fast genauso wie die Nolans benehmen, in dem man verbal jongliert und so wie jede Figur, die hier ihre Theorien vorträgt, sagt, dass dieser Film theoretisch hervorragend ist. Realistisch gesehen ist er lediglich verdammt gut, was wiederum doch eigentlich verdammt gut ist. Aber darf man das überhaupt, angesichts des Hypes, der Einspielergebnisse, der "Dark Knight"-Euphorie allerorts, den Film nicht genial finden und ihm gar weniger als die Höchstnote geben? Ja, darf man, wie man das auch bei "No Country For Old Men" und "There Will Be Blood" in diesem Jahr durfte. Beeindruckende Filme allesamt, aber nicht die unabdingbaren Meisterwerke, die uns der Hype verkaufen will.
"The Dark Knight" will viel und schafft vieles, aber nicht alles. Natürlich reiht er sich in die Reihe der besten Comicadaptionen ein, natürlich auch in die Reihe der besten Filme dieses Sommers und zwangsläufig wohl auch in die der besten dieses Jahres. Aber es ist nicht das Kinoerlebnis seiner Generation, wie es die US-Jugend versteht, sondern "nur" ein ausgesprochen gelungener Film mit kleinen Schwächen. Und deswegen darf man am Ende der langen dunklen Nacht der Seele, die "The Dark Knight" seziert, frei nach "Public Enemy" Glauben zeigen:

I believe in Harvey Dent.
I believe in Christopher Nolan.
I believe in "The Dark Knight".
But I don't believe the hype.

Bilder: Copyright

9
9/10

dieser film ist so verdammt gut. Kann man gar nicht oft genug sehen. Grossaetige action-sequenzen und die sind nur beiwerk zwischen den ganzen ethischen fragen die aufgwworfen werden. Warum können denn nicht andere blockbuster-comic-verfilmungen (annähernd) so gut und düster sein?? Warum nicht iron man, x-men, spider-man, superman usw. und so fort???

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Rückwirkender Vergleich nach 6 Jahren mit Avatar:

Story

Batman: Spannend, viele Wendungen, bis zum Ende unvorhersehbar, kleinere Logiklücken
Avatar: 0815-Story, bei der man eigentlich zu jedem Zeitpunkt weiß, was in den nächsten 5 Minuten und am Ende passieren wird

Tiefgang/inhaltliche Aussage

Batman: Es ist zwar nicht Shakespeare, aber für einen Blockbusterfilm meiner Ansicht nach fast perfekt.
Avatar: Flacher, aber ohne total flach zu sein.

Action

Batman: größtenteils frische Ideen, die frisch umgesetzt werden, ohne total abzuheben.
Avatar: im Grunde alles schon mal gesehen (teilweise hat Cameron bei sich selbst geklaut), nur eben in teuer

SFX

Batman: Stunts nicht aus dem Computer bzw. wirken sie nie so, CGI höchstens bei Two-Faces-Gesicht übertrieben
Avatar: Quasi alles CGI, eigentlich hat man nie das Gefühl eine echte Welt zu sehn, selbst wenn sie wunderschön aussieht. Außerirdische sehen billig aus.

Schauspieler

Batman: Bis in die Nebenrollen sehr gut besetzt, eigentlich keine Aussetzer. Grandios: Heath Ledger.
Avatar: Eigentlich nur Mittelmaß. Held blass. Höchstens Saldana erwähnenswert.

Sound/Musik

Batman: Genialer Soundtrack von Zimmer / Newton Howard + super Soundeffekte mit dem nötigen Impact
Avatar: Hat Avatar einen bemerkenswerten Soundtrack??? Soundeffekte auf hohem Niveau.

3D

Batman: Gabs zu der Zeit nicht.
Avatar: Anfang, Höhepunkt und Ende der neuen 3D-Welle. Grandios für die damalige Zeit. Ich persönlich schaue Filme lieber in 2D an bis Avatar 2 in die Kinos kommt.

Relevanz für das Medium "Kinofilm"

Batman: Die wohl beste Comic-Verfilmung aller Zeiten. Ein maßgeblicher Grund, weshalb wir zur Zeit jährlich mit 3-5 Comic-Adaptionen pro Jahr zugemüllt werden, die gefühlt weniger als halb so gut sind.
Avatar: Teuerster Film aller Zeiten, größtes Einspielergebnis aller Zeiten (nicht inflationsbereinigt). Ein Grund weshalb wir heute hohe Eintrittspreise haben und jeder Film bald 3h dauert. Führte nur zu einem Nacharmerfilm ("John Carter"), der kolossal floppte.

In-Lieblingsfilmlisten-vorhanden-Faktor:

Batman: 8/10
Avatar: 3/10

Alterungswahrscheinlichkeit

Batman: Unter Filmfans, die keine Abneigung gegen Action haben, möglicher Klassikerstatus.
Avatar: relativ schnell und schlecht gealtert.

imdb-Wertung

Batman: 9,0
Avatar: 7,9

Filmstartswertung (zweier verschiedener Autoren)

Batman: 8
Avatar: 10

Permalink

7
7/10

Im Nachhinein gnadenlos überbewerteter Film. Der Film ist gut, doch man erkennt hier schon, dass Nolan es darauf angelegt haben mag der Welt seine eigene Größe zu beweisen. Er will alles und das lässt den Film schwer wie einen Bleiklotz wirken. Die 2 1/2h schlauchen und kommen einem zudem noch länger vor. Weniger ist mehr ist etwas was Nolan seit diesem Film nicht mehr beherzigt hat. Ledgers Joker finde ich ebenfalls überbewertet, er löst keine Emotion in mir aus. Harvey Dent als Two Face kommt viel zu spät und ist ab diesem Zeitpunkt völlig unnötig. Es ist dem Regisseur zu wünschen, Filme wieder aus der Motivation heraus sein Publikum zu unterhalten zu drehen, nicht um sich damit ein eigenes Denkmal zu setzen.

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