Trevor Reznik (Christian Bale), der titelgebende Maschinist, ist ein Wrack. Seit einem Jahr hat er nicht mehr geschlafen und sieht aus wie der Tod auf Latschen. Blass und ausgemergelt versieht er seinen Dienst an der Maschine, sucht danach in einem 24-Stunden Café am Flughafen bei der Kellnerin Marie (Aitana Sánchez-Gijón) Gesellschaft und geht danach gelegentlich zur Prostituierten Stevie (Jennifer Jason Leigh). Ein abgefuckter, aber funktionierender Alltag. Bis der mysteriöse, bullige Ivan (John Sharian) eines Tages auf der Arbeit auftaucht und Trevor durch dessen Anwesenheit einen Arbeitsunfall verursacht. Kurz darauf findet er einen mysteriösen Notizzettel an seinem Kühlschrank. Dies ist erst der Beginn von denkwürdigen Ereignissen, anhand derer der zunehmend paranoide Reznik mehr und mehr an seinem Verstand zu zweifeln beginnt. Hat dieser Maschinist nur eine Schraube locker oder geschehen hier wesentlich merkwürdigere Dinge?
Nennen wir es den Fluch des Nachgeborenen. Eigentlich passt alles am "Maschinisten", exzellente Schauspielerleistungen, stilsichere Regie und eine ausgefuchste, mysteriöse Geschichte mit logischer Aufklärung. Aber: "Der Maschinist" kommt ein wenig zu spät, sagen wir mal sechs Jahre. Hätte man den Film damals gesehen, hätte man begeistert gesungen "Where is my Mind?". Nur dass eben zwischendrin ein anderer Film da war, bei dem wir alle das taten und der heißt "Fight Club". Und weil "Der Maschinist" nicht nur aufgrund der Schlaflosigkeit des Protagonisten sondern auch dank anderen stilistischen Details an diesen Film erinnert, kann "Der Maschinist" nur wie der kleine Bruder von Finchers Machomonster wirken - und ist ergo auch deutlich weniger beeindruckend, wenn man "Fight Club" schon gesehen hat (und wer hat das nicht?).
Dies sind Abzüge in der B-Note. Wer aber schon lange keinen "Mindfuck"-Film mehr zu sehen bekam - schließlich macht Großmeister Lynch auch grad mal wieder Pause - und sich danach sehnt, Bizarres und Bizarreres zu sehen, der ist hier richtig. Apropos Lynch: Auch hier wird deutlich, warum es sich bei dem "Maschinisten" nur zu einer Überbrückung bis zum nächsten Mindblower aus dem Hause Fincher oder Lynch handeln kann. Während Fincher mit wagemutigen Kamerafahrten und Einstellungen fasziniert, erinnert man sich bei Lynch an die Farben und Formen der Bildkomposition, die der Maler aus Montana unnachahmlich zusammensetzt. Einen ähnlichen Vorteil hat "Der Maschinist" leider nicht. Er ist monochrom gefilmt und zumeist mit einem matten Blauschleier überzogen, alles wirkt metallisch, kalt, abstoßend. Industrial könnte man sagen, und dass Trevor Reznik fast wie der gequälte Nine Inch Nails-Kopf Trent Reznor ("Hurt") heißt, ist natürlich alles andere als Zufall. Dennoch: "Der Maschinist" ist ein hässlicher Film. Dies ist zwar Stilmittel und passt auch, aber es verhindert ein wirkliches Verlieren in der gezeigten Welt, man bleibt eher gespannter Betrachter von außen.
Stichwort hässlich. Das kann man auch von Christian Bale behaupten, der sich für diesen Film auf ein Existenzminimum herunterhungerte, um jemanden, der seit einem Jahr nicht mehr schläft, überzeugend darzustellen. Und überzeugend ist das allemal. Bale ist ohnehin ein unterschätzter, exzellenter Schauspieler und seine physische Leistung hier ist mindestens so beeindruckend wie die von Charlize Theron in "Monster". Ohnehin wissen die jeweiligen Regisseure um den "Aha-Wert" dieser Wahnsinnstransformation und so saugt sich auch hier die Kamera an jedem hervorstechenden Knochen von Bales ausgemergeltem Körper fest. Method Acting extrem - allein dafür lohnt es sich schon fast, "Der Maschinist" zu sehen. Exzellent ist auch Jennifer Jason Leigh als Prostituierte Stevie, die Rezniks einzige wirkliche Zuflucht ist.
Wer auf diese Art von Filme steht, möge sich durch das leichte Gemeckere hier nicht abhalten. "Der Maschinist" bietet all das, was man sich von einem Streifen mit einer derart merkwürdigen Prämisse erhofft - nur Wagemut oder richtige Originalität sucht man vergebens. Der Fluch des Nachgeborenen halt. Manchmal ist das Geschäft schon unfair. In dieser Verwirrungs-Maschine passt trotzdem fast jede Schraube.
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