Jay Kelly

Land
Jahr
2025
Laufzeit
132 min
Genre
Release Date
Streaming
Bewertung
6
6/10
von Matthias Kastl / 14. Dezember 2025

Es gibt eine Szene in "Jay Kelly", in der unser von George Clooney gespielter Hauptprotagonist, vor einem riesigen Plakat mit seinem Konterfei stehend, von einer Figur als der letzte klassische Filmstar Hollywoods bezeichnet wird. Eine Szene, bei der man sich dabei ertappt, diese Aussage auch auf Clooney selbst zu beziehen. Mann, was hat der Junge wieder mal für ein unglaubliches Charisma. Das entpuppt sich aber leider als die einzige große Stärke eines Films, der seine eigentlich interessante Meta-Story-Idee viel zu inkonsequent und handzahm durchzieht und uns, abgesehen von der Hauptfigur, kaum interessante Charaktere zum empathischen Mitfiebern liefert.

Genug Empathie kriegt in "Jay Kelly" auf jeden Fall der gleichnamige Hollywood-Star (George Clooney, "Ocean's Eleven", "Up in the Air") ab, der auf der ganzen Welt für seine Arbeit vergöttert wird. Nach dem Tod seines langjährigen Mentors (Jim Broadbent, "Die eiserne Lady", "Cloud Atlas") und einem Zwischenfall mit einem Freund aus alten Zeiten (Billy Crudup, "Alien: Covenant", "Big Fish") schlittert Jay aber in eine echte Identitätskrise. Steckt in ihm überhaupt mehr als nur das strahlende Lächeln auf der Leinwand? Als seine Tochter Daisy (Grace Edwards) mit Freunden zu einer Italienreise aufbricht, entscheidet sich Jay, das mit dem Vatersein endlich ernster zu nehmen, und folgt ihr ungefragt. Und wie sich das als Hollywood-Star gehört, nimmt er für diese Reise natürlich auch noch seinen Manager (Adam Sandler, "Der schwarze Diamant", "Pixels"), seine Publizistin (Laura Dern, "Inland Empire", "Jurassic Park III") und weiteres „benötigtes“ Personal mit. Genau wie Jay wird sich aber auch schon bald mancher in dessen Entourage die Frage stellen, worauf es im Leben denn nun wirklich ankommt.
 


Keine Frage, George Clooney ist hier die absolute Idealbesetzung. Kaum ein anderer Schauspieler könnte so überzeugend als Filmstar Jay Kelly in einer Szene einen komplett gefüllten italienischen Zugwaggon mit seinem Charme betören. Selten war ein Schauspieler bei einem Film wohl so in seinem Element, und so überrascht es dann nicht, dass alleine Clooneys Ausstrahlung hier konstant für ein wärmendes Grundgefühl sorgt. Clooney ist ja aber auch ein großartiger Schauspieler ("Good Night, and Good Luck", "O Brother, Where Art Thou?"), doch diese "Bonusfunktion" wird im Film leider deutlich weniger gefordert.

Der groß angekündigte Selbsterkenntnistrip entpuppt sich nämlich leider als eher laues Selbstreflexionslüftchen. Das liegt vor allem an dem von Noah Baumbach ("Der Tintenfisch und der Wal", "Greenberg") und der Schauspielerin Emily Mortimer ("Match Point", "Lars und die Frauen") verfassten Drehbuch, das gefühlt nie richtigen Tiefgang generiert und sich auch nicht ganz entscheiden kann, worauf man nun eigentlich hinauswill. Man könnte ja die Oberflächlichkeit Hollywoods aufs Korn nehmen, geht dabei aber ziemlich zaghaft vor.
 


Die Metaebene eines Films über eine alternde Schauspiellegende, die selbst wiederum von einer alternden Schauspielikone gespielt wird, wird viel zu selten und dann auch nur halbherzig genutzt. Und für tiefgehendes Charakterdrama fehlen einem schlicht die größeren Konflikte und interessante Nebenfiguren. Das zeigt sich besonders gut bei Kellys Manager, extrem low-key gespielt von Adam Sandler, und der von Laura Dern porträtierten Publizistin. Abgesehen davon, dass beide in kompletter Selbstaufgabe "starstruck" ihrem Job nachgehen, bekommen wir hier nicht viel außer den üblichen Klischees serviert.

Vor allem aber ist "Jay Kelly" ein wenig betriebsblind. Dass Kellys Entourage sich so schwer von dem großen Star lösen kann, mag für Hollywood-Insider spannend sein, für außenstehende Personen wirkt das Ganze aber ungleich weniger faszinierend – auch weil deren Oberflächlichkeit kaum Empathie generiert und ja auch nicht wirklich eine große Fallhöhe besteht, schließlich kann man ja einfach kündigen. Der Weg zu dieser Erkenntnis ist aber so unspannend gezeichnet, dass man schlichtweg schnell das Interesse an diesen Figuren verliert. Was angesichts der Besetzungsliste, die unter anderem auch noch Namen wie Jim Broadbent, Greta Gerwig, Emily Mortimer, Stacey Keach und Billy Crudup parat hält, einfach nur schade ist.
 


Mit Lars Eidinger ("Die Blumen von gestern", "Alle anderen") darf sogar noch ein deutscher Schauspieler mitmischen, dessen Auftritt aber auch noch ein anderes Problem offenlegt. Dessen Figur eines deutschen Radfahrers nutzt Baumbach spät im Film für eine Szene, die liebevoll-schrullig angelegt ist, aber irgendwie einfach nicht zünden will. Was bezeichnend ist, denn so richtig findet Baumbach nie die passende Tonlage für den Film, der immer mal wieder ein bisschen Meta und anders sein will, das aber gefühlt nie richtig konsequent durchzieht. Hier und da gibt es zwar ein paar nette Dialogwechsel, aber gefühlt tuckert der Film viel zu lange unentspannt dahin und wird eigentlich nur von Clooneys Charme am Leben gehalten. Das ist dann natürlich die Power eines großen Filmstars, doch auch die reicht am Ende nicht, um für "Jay Kelly" eine wirkliche Empfehlung auszusprechen.

Bilder: Copyright

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