Ben Stiller spielt als Roger Greenberg eine Generation. Und zwar die "Generation Orientierungslos". Ein Leben voller Gelegenheiten und verpasster Möglichkeiten liegt mit 40 hinter ihm und alles, was er daraus gelernt hat ist - nichts. Nach einem Aufenthalt in der Psychiatrischen Klinik, der aber verschwommen im Hintergrund und lediglich als zwangsläufiger Bestandteil einer amerikanischen Intellektuellenbiografie existent bleibt, macht er das, was Filmfiguren oft machen: er kehrt zurück zu den Wurzeln. Offiziell soll er sich um das Haus seines selbstverständlich erfolgreichen Bruders kümmern, während der mit seiner Familie in Vietnam ist. Doch es wird eine Begegnung mit der eigenen Vergangenheit und den eigenen Verfehlungen, die sich Greenberg nie eingestanden hat. Die Beschäftigung mit dem eigenen Schicksal hat aus ihm nicht nur einen einsamen, sondern vor allem auch einen extrem egozentrischen Menschen werden lassen.
Dem zollt auch der Film Tribut, indem sich die Perspektive auf ein reines Berichten von Greenbergs nicht immer nachzuvollziehenden Entscheidungen beschränkt. Alle anderen sind nur Nebendarsteller im wahrsten Sinne des Wortes. Das mag auf den ersten Blick wie ein Schwachpunkt des Filmes wirken, ist in Wahrheit aber nur die konsequente Fortführung der psychologischen Themenübertragung auf die Filmstruktur, die auch schon andere Filme von Noah Baumbach ("Der Tintenfisch und der Wal") ausgezeichnet hat. Die Figuren befinden sich im ständigen Dialog über ihre eigene Situation, analysieren distanziert, ironisch und gleichzeitig völlig hilflos ihr Dasein.
So ergeht es auch Greenberg, selbst das Treffen mit der keineswegs unkomplizierten Florence (Greta Gerwig), die als Assistentin für seinen Bruder arbeitet, ändert zunächst nichts daran. Greenberg lässt sich auf eine lockere Affäre ein, bei der er nach Belieben und Gefühlslage Ansagen macht. Schon die kleinsten Herausforderungen des Alltags überfordern ihn allerdings. Als der Hund der Familie krank wird, wendet er sich hilfesuchend an Florence. Ausdruck seiner Unselbstständigkeit ist der für amerikanische Verhältnisse kaum vorstellbare fehlende Führerschein. Also lässt sich Greenberg samt krankem Hund von Florence oder seinem einzig verbliebenen Freund Ivan (wieder einmal brillant ungelenk und sympathisch: Rhys Ifans) durch die Gegend kutschieren.
Auch seine Exfreundin (Jennifer Jason Leigh, die auch an der Scriptentwicklung beteiligt war) hat inzwischen ein eigenes Leben, in dem Greenberg nicht mehr als ein Baustein der Vergangenheit ist, während er noch immer versucht, aus all den Legoklötzchen seines Lebens ein tragfähiges Modell zu bauen. Und dann wäre da ja auch noch die verpasste Chance, mit seiner Collegeband berühmt zu werden, die wie ein Schatten über ihm hängt. Ansonsten verbringt er seine Zeit damit, Beschwerdebriefe an sämtliche Großunternehmen zu schreiben und einfach mal nichts zu tun.
Der Film hat nicht unbedingt eine stringente Erzählstruktur, zu eng ist die Geschichte den Schwankungen ihrer Hauptfigur ausgeliefert. Ben Stiller brilliert einmal mehr als ungelenker Teenager im Körper eines Mannes und so ist es nur logisch, dass er sich plötzlich inmitten einer Teenagerparty und kurz vor dem Abflug auf eine Backpackerreise nach Australien wieder findet. Auf der Party kommt es auch zum schönsten Satz des Films, der ohnehin an hintergründigen Dialogen nicht arm ist. Greenberg zieht über die verwöhnten, chancenreichen Teenies her und schließt mit dem T-Shirt-reifen Satz: "Hoffentlich sterbe ich, bevor einer von euch mein Chef wird." In diesem Sinne: reingehen, angucken und über sich selbst lachen.
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