Gitti (Birgit Minichmayr) und Chris (Lars Eidinger) machen Urlaub auf Sardinien. Das Paar ist jung. Chris will gerade als Architekt durchstarten und Gitti ist PR-Managerin in einem Musikverlag. Nach Außen ist daher alles in Ordnung. Doch als Chris und Gitti eher unverhofft dem Pärchen Hans (Hans-Jochen Wagner) und Sana (Nicole Marischka) begegnen, werden die Risse in ihrer Beziehung deutlich. Unter der flirrenden Mittelmeersonne liefert sich das Pärchen schon bald einen schonungslosen Schlagabtausch, der das Ende ihrer Liebe bedeuten könnte. Nach dem erfolgreichen Debütfilm "Der Wald vor lauter Bäumen", ist "Alle Anderen" der zweite Film der jungen deutschen Regisseurin Maren Ade. Ästhetisch lassen sich ihre Filme zur "Berliner Schule" zählen, also jener Gruppe von jungen deutschen Regisseuren wie Valeska Grisebach, Ulrich Köhler, Benjamin Heisenberg oder auch Christoph Hochhäusler, die mit ihren leisen introvertierten Filmen auf Festivals bereits viel Aufmerksamkeit erlangt haben. Und tatsächlich standen Ade bei der Produktion von "Alle Anderen" ihre Kollegen Griesebach und Köhler helfend und unterstützend zur Seite. Diese Hilfe merkt man im Film wohl am deutlichsten in der Arbeit mit den hervorragenden Schauspielern. Denn Ades Zweitwerk ist vor allem geniales Schauspielkino, das eine unglaubliche formale Reife an den Tag legt. Einmal kauft sich Gitti ein furchtbar konservatives Kleid, obwohl sie es total verabscheut. Sie kauft es für Chris. Sie sagt: "Ich wünschte ich könnte mehr so sein wie du mich gern hättest". Mit dem Kleid will sie es vielleicht versuchen. Das ist ihr Opfer für diese Liebesbeziehung, die sie retten möchte. Doch mit dem Kleid muss sie auch bestimmte Verhaltensweisen ablegen. Sie müsste sich fast komplett ändern. Aber will sie das? Was nun im Film beginnt ist ein Spiel. Ein Spiel, das viele Ebenen umfasst und am besten mit dem Motto "Was wäre wenn?" beschrieben werden kann. In seiner brutalen Präzision in der Beschreibung von zwischenmenschlicher Befindlichkeit erinnert der Film unter anderem auch an Mike Nichols' "Hautnah". Auch dort wurden Beziehungskriege mit eiskalter Offenheit geführt. Doch liegt in "Alle Anderen" noch eine Wucht, die man in dieser Form nur aus Ingmar Bergman-Filmen kennt. Besonders "Szenen einer Ehe" kommt einem da in den Sinn. Natürlich sind solche Vergleiche immer etwas zu mächtig, aber nichts beschreibt "Alle Anderen" besser. Was am Ende bleibt ist Stille und eine enorme Prise Unsicherheit. War's das jetzt für die beiden? Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht. Wo in diesem fantastischen Film das Spiel endet und der ernste Beziehungsstreit beginnt, verschwimmt mit der Zeit. "Alle Anderen" ist virtuos, weil er dem Moment des Scheiterns einer Beziehung näher kommt als die meisten Filme, die vorgeben dieses Thema zu behandeln. Eine im deutschen Kino eher seltene Erfahrung. |
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