Fall 39

Originaltitel
Case 39
Land
Jahr
2009
Laufzeit
113 min
Release Date
Bewertung
6
6/10
von René Loch / 27. Mai 2010

Wie häufig ärgert man sich doch über Trailer, die anstatt Lust auf einen Film zu machen einfach mal alles vorweg nehmen: die besten Lacher, die größten Explosionen, die überraschendsten Wendungen. Doch es gibt auch Gegenbeispiele, und der Trailer zum Horror-Thriller "Fall 39" gehört ganz klar dazu. Auch wenn zumindest der erfahrene Genre-Fan den Braten vielleicht schon riechen wird, so haben die Trailer-Bastler zumindest für den Gelegenheits-Kinogänger geschickt ein paar Fährten gelegt, bei denen anhand der gezeigten Szenen nicht ersichtlich wird, welche denn die richtige ist. Diese positive Ausnahme von der Regel, im Trailer Unmengen an Informationen preis zu geben, sei an dieser Stelle also auch mal lobend erwähnt und insofern respektiert, dass auch im Folgenden nicht mehr verraten wird als unbedingt nötig.

Emily Jenkins (Renée Zellweger) ist eine hartgesottene Sozialarbeiterin, die im Laufe ihrer Karriere schon vieles erlebt hat und aktuell 38 Fälle betreut. Ihr Chef traut ihr noch einige mehr zu und so hat sich Emily in ihrem neuesten Fall mit der kleinen Lillith (Jodelle Ferland) zu befassen. Bei einem ersten Hausbesuch offenbart sich ihr schnell, dass in dieser Familie einiges im Argen liegt: Lilliths Vater spricht beispielsweise nur indirekt, über seine Frau, mit Emily. Als das kleine Mädchen ihr dann unter vier Augen eröffnet, dass ihre Eltern vorhaben, sie zu töten, macht sich Emily ernsthaft Sorgen - und zwar vollkommen zu recht, wie sich nur kurze Zeit später herausstellt. Im letzten Moment kann Emily das Schlimmste noch verhindern und das Kind retten. Während die Eltern in die Psychiatrie wandern und für Lillith Pflegeeltern gesucht werden, kommt das Mädchen übergangsweise in die Obhut von Emily. Doch als es im Umfeld von Lillith zu einem tödlichen Unglück kommt, schwant Emily allmählich, dass das Mädchen ein dunkles Geheimnis umgibt.

So einige deutsche Regisseure haben in den vergangenen Jahren einen Ausflug nach Hollywood unternommen. "Flightplan"-Regisseur Robert Schwentke erlangte durch den düsteren "Tattoo" Aufmerksamkeit, Mennan Yapo war zuerst "Lautlos" und hatte dann eine "Vorahnung", und Deutschlands wohl bekanntester Regie-Export der letzten Jahre, Oliver Hirschbiegel, ließ seinen heftig und kontrovers diskutierten Filmen "Das Experiment" und "Der Untergang" den kommerziellen US-Super-Flop "Invasion" folgen.
Nun hat es auch Christian Alvart ("Antikörper") in die Staaten verschlagen, wobei sich das Wörtchen "nun" als ziemlich dehnbar erweist. Seit 2007 ist "Fall 39" bereits abgedreht, hat im gleichen Jahr erste Testvorführungen über sich ergehen lassen und wird seitdem trotz durchaus positiven Feedbacks immer wieder munter nach hinten verschoben. Erst wurde der Autorenstreik als möglicher Grund genannt, später waren es thematisch ähnlich gelagerte Filme, mit denen das Studio wohl nicht unbedingt in direkte Konkurrenz treten wollte. Fakt ist: Nach mehr als zwei Jahren ist ein Film mit dieser Hintergrundgeschichte im Kino wohl kaum mehr zu vermarkten, und so hat es aktuell auch den Anschein, als ob Christian Alvarts erster Abstecher nach Hollywood, der nach einem verheerenden Brand am Set scheinbar nie unter guten Vorzeichen stand, in den USA nur auf dem Heimvideo-Markt enden wird. Hierzulande hat "Fall 39" ebenfalls einige Starttermin-Verschiebungen hinter sich, sollte zwischenzeitlich zur besten Grusel-Zeit, kurz vor Weihnachten, in die Kinos kommen, nun wird's wohl doch erst im März klappen.

Die Ursache für all diese Veröffentlichungs-Schwierigkeiten im Film selbst zu sehen, fällt schwer, denn "Fall 39" ist konventionelle Durchschnitts-Kost par excellence und hätte somit doch eigentlich die besten Voraussetzungen für eine breite Kino-Auswertung. Nur selten gelingt es Alvart, so richtig schön an der Spannungsschraube zu drehen; die Vorhersehbarkeit der Story im Ganzen steht ihm dabei einfach zu sehr im Weg. Das Drehbuch von Ray Wright ("Pulse") greift ein beliebtes Genre-Thema auf, dem nach mehreren Jahrzehnten nur noch äußerst selten frische Facetten abgewonnen werden können.
"Fall 39" bemüht sich erst gar nicht darum, sondern erzählt von vorne bis hinten nach bewährtem Schema. Die einzelnen Stationen der Story-Entwicklung sind absehbar. Enttäuschend gerät auch das ziemlich einfallslose Finale, nach dem man mit einem kleinen "Das war's?" den Kinosaal verlässt. Sympathisch ist dabei allerdings der Verzicht auf irgendwelche pseudo-überraschenden Wendungen, die die Laufzeit nur noch künstlich verlängert hätten.
Einzig dem deutschen Regisseur ist es zu verdanken, dass ein Stoff, der nie wirklich sonderlich viel hergibt, zumindest nicht in Langeweile ausartet. Zwar kann es sich Alvart nicht immer verkneifen, auf billige Schocks zurückzugreifen, doch gelingen ihm im Gegenzug auch einige sehr beeindruckende Sequenzen puren Terrors. Wenn das Böse, welches hier nicht näher umschrieben werden soll, Jagd auf die Protagonisten macht, bekommt man es das eine oder andere Mal schon mit der Angst zu tun. Manchmal zeigt sich jenes Böse dabei in bedrohlich physischer Form, nicht selten sorgt es aber auch für sehr perfiden psychischen Schrecken, bei dem sich ein diabolisches Schmunzeln nicht immer verkneifen lässt.

So gegensätzlich wie sich Buch und Regie meist gegenüber stehen, so unterschiedlich sind auch die Eindrücke, die man von den beiden Haupt-Darstellerinnen gewinnt. Bei Oscar-prämierten Schauspielerinnen scheint es ja zum guten Ton zu gehören, auch mal im Horror-Genre vorbeizuschauen (Halle Berry in "Gothika", Hilary Swank in "The Reaping"), und so ließ sich auch Frau Zellweger (Oscar 2004 für "Unterwegs nach Cold Mountain") nicht lang bitten. Doch während ihre beiden Kolleginnen an den recht verkorksten Horror-Streifen noch die wenigste Schuld traf, muss Renée Zellweger hier ganz klar als Schwachpunkt genannt werden. Kurz gesagt: Sie ist in diesem Genre einfach fehl am Platz. Es ist nicht so, dass sie nicht leidlich überzeugend ängstlich dreinschauen könnte, doch kauft man ihr die Rolle über den gesamte Film gesehen nicht ab. Wenn man auf Emily schaut, sieht man meist nur Bridget Jones im falschen Genre.
Und so kommt es auch, wie es beinahe kommen musste: die vierzehnjährige Jodelle Ferland stiehlt Zellweger die Schau. Schon seit zehn Jahren steht die Kanadierin vor der Kamera, hat bereits in mehreren Dutzend Serien sowie TV-, DVD- und Kinofilmen, die vornehmlich im übersinnlichen Sektor angesiedelt sind, mitgespielt und verfügt somit schon in jungen Jahren über ausreichend Genre-Erfahrung (und eine längere Filmographie als Renée Zellweger). Ihre Erfahrung spielt sie hier voll aus und meistert verschiedene Facetten ihrer Rolle mühelos. Eine Emmy-Nominierung hat Jodelle Ferland übrigens auch schon vorzuweisen - für eine Rolle, die sie im Alter von vier Jahren gespielt hat. Diese Nachwuchs-Darstellerin sollte man sich wohl sicherheitshalber mal vormerken. Ebenfalls in "Fall 39" involviert ist der jüngst durch "Hangover" einem breiten Publikum bekannt gewordene Schönling Bradley Cooper, der gegenüber den beiden Damen laufzeitmäßig aber klar zurückstehen muss und deshalb auch gar nicht erst die Gelegenheit erhält, einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen.

Dauerhaft in Erinnerung bleiben wird sicherlich auch der gesamte Film nicht. "Fall 39" gehört zu der Sorte, die niemand wirklich braucht. Ganz ansehnlich, nicht langweilig, aber insgesamt nicht gut genug, um nicht überflüssig zu sein. Alvart holt sicher noch das Bestmögliche dabei heraus und deutet zumindest an, dass er durchaus für Höheres bestimmt ist. Wie hoch genau, lässt sich vielleicht schon bald feststellen. Neben "Fall 39" hat Alvart noch den in Babelsberg gedrehten Weltraum-Horror "Pandorum" mit Dennis Quaid im Gepäck. Und der hat erfreulicherweise sowohl einen zeitnahen US- als auch einen deutschen Starttermin. Ab Ende September wird sich dann vielleicht auch erahnen lassen, ob der Weg für Alvart gezwungenermaßen wieder zurück in die Heimat führt. Verdient hätte er das nach jetzigem Kenntnisstand nicht - schließlich treiben deutlich inkompetentere Pfuscher in Hollywood ihr Unwesen.

Bilder: Copyright

5
5/10

Mystery Horror Thriller ohne nennenswertes Profil der nur so vor Klischees strotzt.
Ich hatte den Eindruck das alles so oder so ähnlich schon einmal gesehen zu haben.

Allerdings hätte ich nicht erwartet das der Film so gruselig ist.
Da hat der Trailer sicher nicht zuviel verraten.
Wer sich also ma wieder, ohne nachhaltige Wirkung, ein bisschen gruseln will dem sei der Film zu empfehlen.

Aber wer ihn nicht sieht, der hat auch nichts verpasst.

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6
6/10

Mittelmäßiger Thriller, teilweise sehr spannend erinnert aber sehr stark an "Orphan - das Waisenkind". Viele Psycho Szenen bei deinen einem schon mal das Herz höher schlagen kann.

Kann man sich ruhig mal angucken.

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6
6/10

Guter Film fehlt leider an spanung und zu wenig gruselig für die lange spielzeit !

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7
7/10

ganz ok und eine gute leistung eines kindes in der hauptrolle.

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8
8/10

Ich habe mich mit dem Film gut amüsiert. Eine durchschaubare Story macht mir bei solchen Filmen eigentlich nichts aus. Das ist ja bei fast allen Gruselfilmen so. Lieber eine durchschaubare Story und dafür eine gut gemachte gruselige Atmosphäre als eine künstlich verkomplizierte, unlogische Story.
Den Psychoterror hätte man vielleicht noch etwas mehr auf die Spitze treiben können. Dann wäre der Film noch besser geworden.

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6
6/10

Sicherlich völlig konventionelle und überraschungsarme Kost. Da ich es bis heute erfolgreich vermeiden konnte mich den romantischen Komödien einer Frau Zellweger auszusetzen hatte ich auch keine Probleme sie hier überzeugend und glaubwürdig wahrzunehmen. Aber vor allem die dargebotene Schauspielleistung der kleinen Jodelle Ferland erinnert in ihrer Qualität an die frühe Dakota Fanning und hebt den Grusler dann doch aus der breiten Masse äusserst positiv hervor.

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