Alle Jahre wieder: Schoko-Weihnachtsmänner stehen seit Ende September in den Regalen, Vorstädter und Großstädter marschieren auf zum Wettkampf der Vorgarten-Illumination und Hollywood schickt in der letzten Woche vor dem Fest einen Film ins Kino, in dem man sich am Ende auf die christlichen Ideale von Liebe und Versöhnung besinnt. Dieses Jahr heißt der ‚perfekte Weihnachtsspaß' "Wild X-Mas". Gedreht hat ihn Roger Kumble, der uns auch "Super süß und super sexy" beschert hat. Fröhliche Weihnachten?
Chris
Brander (Ryan Reynolds, "Blade:
Trinity") hat es während seiner High School-Zeit wirklich
nicht leicht. Er hat Übergewicht, ist schüchtern und unsicher
und seine Traumfrau Jamie (Amy Smart, "Starsky
& Hutch") sieht ihn lediglich als guten Freund. Auch
seine unglücklich vorgetragenen Liebesgeständnisse glaubt
sie nicht.
Zehn Jahre später sieht alles völlig anders aus: Chris
ist schlank, sportlich und erfolgreicher Musikproduzent in Los Angeles.
Durch seine Wandlung vom hässlichen Entlein zum schönen
Schwan hat er auch seine Schüchternheit verloren: Nun datet
er eine schöne Frau nach der anderen. Zu seinem Job gehört
auch die Betreuung junger Sing-Starlets, unter ihnen die extrovertierte
Society-Tusse Samantha (Anna Faris, "Scary
Movie 1-4"). Mit ihr muss er kurz vor Weihnachten nach
Paris fliegen, doch ein technischer Fehler zwingt sie zu einem Zwischenstopp
in Chris' ehemaliger Heimatstadt in New Jersey. So kehrt der verlorene
Sohn nach zehn Jahren zurück in die Heimat, wo die Zeit stehen
geblieben zu sein scheint. Neben seinen alten Freunden trifft er
auch Jamie wieder - und die Gefühle kehren schlagartig zurück.
Doch trotz seines Erfolgs und des besseren Aussehens ist es nicht
so leicht, Jamie von seiner Liebe zu überzeugen - zu gefangen
ist er in alten Rollenklischees und zu sehr beeinflusst von seinem
neuen Leben. Samantha und sein Bruder gehen Chris zusätzlich
auf die Nerven, und als auch noch sein alter Konkurrent Dusty (Chris
Klein, "American Pie")
wieder auftaucht und sich um Jamie bemüht, geraten die Dinge
außer Kontrolle….
In
der Story stecken einige ernsthafte Dilemma: Zum einen wird der
ehemalige Verlierer gezeigt, der sein einstiges Image als verfressener
Trottel nicht los wird und in dem zwei Identitäten aufeinanderprallen.
Dann ist da der Kontrast zwischen den Erfolgreichen, die ihr Heimatkaff
und seine Eintönigkeit verlassen und in der Großstadt
Karriere machen, und den Daheimgebliebenen, bei denen sich ja "gar
nichts geändert hat". Und natürlich das Hauptthema:
Trotz aller Bemühungen ist Chris für die Angebetete "nur"
ein guter Freund.
Diese tiefer gehenden Themen werden von Drehbuchautor Adam "Tex"
Davis allerdings mit Grimassen, Slapstick und Sprüchen überdeckt
und verschwinden alsbald in der Bedeutungslosigkeit. Man möchte
dem Film ja gerne eine Chance geben und seine guten Absichten erkennen,
doch irgendwann muss man sich einfach dem unrealistischen Story-Verlauf
beugen. Vielleicht hätten die Produzenten die witzigen von
den ernsten Szenen trennen sollen, stattdessen sieht der Zuschauer
einen unpassenden Mischmasch aus dem Versuch, Charaktere zu präsentieren
und sie gleichzeitig total lächerlich zu machen. So bleiben
die Figuren in ihren konstruierten Rollen stecken, sie entwickeln
sich nicht und haben keine Tiefe. Sie agieren wie Marionetten, unrealistisch
und unvollkommen. Schlechte schauspielerische Leistung oder schlechtes
Drehbuch? Es wird wohl an beidem liegen.
Trotz
aller mühevoll eingebauter Späße gibt es leider
auch nichts zu lachen. Die übertriebenen Darstellungen der
Nebenrollen, allen voran Anna Faris als Samantha, können nicht
als Überspitzung oder Pointierung bezeichnet werden, sie sind
was sie sind: Aufgesetzt und nervig. Und die vielen Filmpannen verderben
auch den letzten Spaß: So wird Samantha durch einen Sturz
auf den Kopf bekloppt und scheint den Verstand verloren zu haben,
am nächsten Tag ist das einfach vergessen.
Außerdem stellt man sich die Frage, warum in einem Weihnachtsfilm,
in dem immer wieder ein Lied zur "Versöhnung" erklingt,
derart brutal geprügelt werden muss. Nachdem Chris zum vierten
Mal seinen tumben und chaotischen Bruder Michael (Christopher Marquette)
geschlagen und getreten hat, sollte eigentlich Ruhe sein. Falsch:
er prügelt noch vier weitere Male auf ihn ein. Auch die Damen
dürfen in diesem Film die Fäuste spielen lassen. Um den
bösen Chris zu bestrafen ist nichts hart genug. Dass die egoistische
Samantha ihren Produzenten vermöbelt, wundert einen ja schon
nicht mehr, aber muss es die einzige Sympathie-Trägerin Jamie
ihrer Widersacherin gleichtun?
Obwohl diese Begebenheiten unter winkenden Plastik-Weihnachtsmännern und bunt blinkenden Lichterketten ganz im amerikanischen Stil stattfinden, hat der Film mit Weihnachten nichts zu tun und ist absolut überflüssig. Bitte keine Zugabe.
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