Spätestens seit seinem High School-Klamauk "Rushmore" gilt Wes Anderson neben David O'Russell ("Three Kings") und Alexander Payne ("Sideways") als Garant für unkonventionelles Kino mit einem Hang zum Absurden. Zum Beispiel hat der Regisseur anscheinend eine besondere Vorliebe für außergewöhnliche Tiere. Nach den Dalmatiner-Mäusen aus den "Royal Tenenbaums" geht's in Wes Andersons neuestem Abenteuer unter anderem um die Jagd nach einem Jaguar-Hai. Aber eine weniger skurrile Geschichte hätte seine Fans ja auch enttäuscht, schließlich erwartet man mittlerweile viel von dem ideenreichen Regisseur. Also versammelte er ein großartiges Ensemble aus Anderson-Veteranen und neuen Gesichtern um sich, die als Team Zissou in seiner Jacques Cousteau-Parodie mit dem Forschungsschiff Belafonte in See stechen. Bei der Premiere seines neuen Films verkündet Ozeanograph und Dokumentarfilmer Steve Zissou (Bill Murray, "Lost in Translation", "Rushmore") das Ziel seiner nächsten Expedition: den "Jaguar-Hai" zu töten, der seinen langjährigen Freund und Mitarbeiter Esteban gefressen hat. Gefragt nach der wissenschaftlichen Grundlage dieses Unternehmens, antwortet er lediglich: "Rache." Weißer Hai meets Moby Dick? Nicht wirklich, denn da ist auch noch ein gewisser Ned Plimpton (wie immer mit dabei: Owen Wilson, "Starsky & Hutch", "The Royal Tenenbaums"), der glaubt, Steves Sohn zu sein und kurzerhand Mitglied im Team Zissou wird. Dieses Team ist eine Art multikulturelle Ersatzfamilie und Zufluchtsort für schräge Vögel wie den deutschen Klaus Daimler (unheimlich wie immer, komisch wie nie, so dass man ihm glatt den grausamen Akzent verzeiht: Willem Dafoe, "Spiderman"). Aber da ist auch Steves Frau Eleanor (Anjelica Huston), Vizepräsidentin von Team Zissou, die als einzige so wirkt, als ob sie die Sache im Griff hätte. Mit von der Partie ist ebenfalls die Journalistin Jane (Cate Blanchett, "The Aviator", "Herr der Ringe"), die ein Exposé über das Team schreiben will und die sowohl von Ned als auch Steve umworben wird. Neben der turbulenten Suche nach dem Hai gibt es also noch reichlich Raum für zwischenmenschliches Drama. "Die
Tiefseetaucher" ist vor allem ein Augen- und Ohrenschmaus.
Wes Anderson entführt sein Publikum in seine merkwürdige
Welt, von Anjelica Huston liebevoll "Wessyworld" genannt.
Ähnlich wie Baz Luhrmann spielt Anderson gern mit
altmodischen
Animationseffekten und mischt das Ganze mit seinem Sinn
fürs
Theatralische. Das Ergebnis ist eine Mischung aus reellen
und fantastischen
Elementen mit einer Prise 60er Jahre Retro-Look. Man soll
sehen,
dass die meisten Kulissen aus Pappmaché sind, und das
macht
Spaß. Das 7 1/2te Stockwerk in "Being John Malkovich"
war vielleicht toll, aber die Kamerafahrten durch die
halbierte
"Belafonte" sind toller, weil sie dem Film eine besondere
Dynamik und gleichzeitig Ironie geben. Obwohl Bill Murrays von Midlife-Crisis und väterlichen Schuldgefühlen geplagter Steve Zissou oft an frühere Rollen in "Rushmore" und "Lost in Translation" und sogar Gene Hackmans Patriarchen in "The Royal Tenenbaums" erinnert, ist Murray großartig. Auch diese Figur, die Wes Anderson extra für Murray schrieb, wird ihm keinen Oscar einbringen, aber dem Publikum soll's egal sein, die Academy ist eben eigenwillig oder vielleicht auch nur blind. Stets mit traurig-gelangweiltem Augenaufschlag und einer gewissen Überheblichkeit spielt Murray den Tiefseetaucher, der nicht wahrhaben will, dass seine besten Jahre schon vorbei sind, ihn keiner mehr ernst nimmt und sein Rivale Alistair Hennessey (Jeff Goldblum) erfolgreicher ist. Dabei nimmt Murray sich auch gehörig selbst auf die Schippe, schließlich ist er selbst nicht mehr der jüngste und schönste. Aber auch die anderen Rollen sind klasse besetzt, vor allem Owen Wilson, Anjelica Huston und Cate Blanchett. Weitere kleine Schmuckstücke für Filmliebhaber sind Michael Gambon als Oseary Drakoulias (der Name musste noch mal ausgeschrieben werden) und Bud Cort (kaum wieder zuerkennen: der kleine dünne Harold aus dem Kultklassiker "Harold und Maude"). Problematisch ist nur, dass bei all der Ironie und Parodie die Figuren etwas zweidimensional bleiben, was die emotionale Seite des Vater-Sohn-Plots etwas auf der Strecke bleiben lässt. Zudem eskaliert die Handlung zum Schluss doch ein bisschen, aber das gehört bei Anderson halt dazu. Trotzdem ist es ein herrlicher Film voll von liebevollen Details, der sich selbst nie ganz ernst nimmt. Auch seine Vorbilder nicht: Nebenbei erklärt Zissou, dass Cousteau ein Lautsprechersystem für den Taucherhelm zur Unterwasserkommunikation entwickelt habe, sein Team jedoch benutzt es, um unter Wasser Musik zu hören. In diesem Sinne: nicht zu ernst nehmen, sondern einfach genießen. |
Bilder: Courtesy of Buena Vista International, Copyright 2004 |
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