Als Regisseur Roland Emmerich vor gut 20 Jahren sein Alien-Invasions-Spektakel “Independence Day“ auf die Kinos losließ, landete der Schwabe mit seinem dritten Hollywood-Film einen Riesenerfolg. Die Mischung aus Action, Humor und einer (vor allem in den USA) äußerst positiv aufgenommenen Prise Patriotismus traf beim Publikum genau den richtigen Ton, und solch eine Materialschlacht – bei der gleich mehrere architektonische Wahrzeichen zu Bruch gingen – hatte man damals halt auch noch nicht gesehen.
Emmerich entwickelte sich in den Folgejahren zu einer Art Spezialist in Sachen Weltuntergang, wobei das Publikum sich mit den Jahren stets etwas weniger beeindruckt zeigte. Auch die Versuche des Filmemachers in Richtung Arthouse-Kino konnten weder kommerziell („Anonymus“) noch künstlerisch („Stonewall“) überzeugen und all das ist sicher auch ein Grund, warum er uns nun, nach immerhin zwei Dekaden, doch noch eine Fortsetzung seines größten Hits serviert. Offiziell sollen jedoch die „großartigen neuen Möglichkeiten“ der Digitaltechnik der Anlass gewesen sein, obwohl Emmerich sich da ja mit „2012“ auch schon leidlich ausgetobt hatte. Und nach Betrachten dieser nicht wirklich nachgefragten Fortsetzung muss man auch klar konstatieren, dass „Independence Day: Wiederkehr“ nichts aufregend Neues zu bieten hat.
Der Angriff der außerirdischen Invasoren vor 20 Jahren hat die Situation auf der Erde massiv verändert. Mit Hilfe der Alien-Technologie machte die Menschheit einen gewaltigen gesellschaftlichen Evolutionssprung, die Nationen sind untereinander befriedet und man unterhält auf dem Mond eine hochtechnisierte Basis. Doch ausgerechnet am 20. Jahrestag des Sieges rollt eine neue, noch viel größere Attacke auf die Erde zu. Ein Raumschiff von gewaltigen Ausmaßen bedeckt ganze Landstriche und in dessen Inneren dirigiert die Alien-Queen den finalen Angriff. Wer damit immer gerechnet hatte ist Ex-Präsident Whitmore (Bill Pullman), der dann auch gemeinsam mit seiner Tochter (Maika Monroe) und den bewährten Wissenschaftlern um David Levinson (Jeff Goldblum) nach Wegen sucht, erneut einen schier aussichtslos scheinenden Kampf zu gewinnen.
Es laufen noch eine Menge mehr Personen hin und her, insgesamt gilt es mehr als ein Dutzend Charakteren zu folgen, da man nicht nur eine Handvoll jüngerer Neuzugänge präsentiert, sondern auch bemüht war so ziemlich jede Nebenfigur des Vorgängerfilms unterzubringen. Es fehlt tatsächlich nur einer und das ist halt Will Smith, dessen Figur hier deshalb für verstorben erklärt wird und daher lediglich als Portrait von der Wand grüßt. Sein „Nachfolger“ als wagemutiger, gerne mit den Vorschriften kollidierender Pilot ist Liam Hemsworth, dem man zudem noch eine Affäre mit der Tochter des Ex-Präsidenten sowie einen persönlichen Konflikt mit seinem ehemals besten Kumpel ins Drehbuch geschrieben hat – eine Konstellation aus dem Setzbaukasten für eher funktionale Figuren mit nur oberflächlich ausgeleuchteter Persönlichkeit. Dem trotz seiner Rolle in der "Panem"-Trilogie unbekannteren Hemsworth wird es daher auch mit dieser Quasi-Hauptrolle nicht gelingen aus dem Schatten seines Bruders Chris (der "Thor" aus dem Marvel-Filmuniversum) zu treten.
Die Reanimation der Comic Relief-Charaktere des Vorgängers hat manchmal Charme, wie im Fall von Judd Hirsch, der als Levinson Senior ein paar wirklich nette oder witzige Szenen abgreift, wenn er etwa sein Buch „Wie ich die Welt rettete“ vor einem gelangweilten Seniorenpublikum präsentiert. Es geht aber an anderer Stelle auch völlig daneben, wie beim lange nicht mehr auf der Leinwand zu sehen gewesenen Brent Spiner (unvergessen als „Data“ in Star Trek: The Next Generation“), dessen Dr. Brakish Okun bei wirklich jedem einzelnen Satz irgendetwas schräg-lustiges abzusondern versucht, bis es irgendwann nur noch ganz gewaltig nervt.
Am besten zieht sich - nicht ganz unerwartet - noch Jeff Goldblum aus der Affäre, der wie ein souveräner Fels in der Brandung steht, während um ihn herum die Klischee-Figuren durch (vermutlich sogar gewolltes) Over-Acting verstören - als weitere Beispiele seien hier noch der bebrillte Büro-Nerd genannt, der richtig mit der Waffe umzugehen lernt, und der in dessen Dunstkreis agierende afrikanische „Warlord“, der natürlich als humorlose, muskelbepackte Kampfmaschine herhalten muss. Was die herbe Schönheit Charlotte Gainsbourg dagegen in diesem Film verloren hat, kann vermutlich nur ihr Agent erklären.
„Overacting“ ist im Grunde auch ein passender Begriff für das Invasions-Spektakel an sich, denn auch da muss nun selbstverständlich alles noch viel größer daherkommen und gewaltigere Dimensionen annehmen als beim letzten Mal. So haben wir es diesmal also mit einem Raumschiff von 500 Kilometern (!) Durchmesser zu tun, das sich gleich über komplette Städte legt, und im Prinzip ist selbst die technologisch aufgerüstete Menschheit dieser Parallel-Erde absolut chancenlos gegen solch einen Feind – würde dieser nicht erneut so dämlich sein, dem Gegenspieler genau eine Schwachstelle anzubieten, mit deren Ausschaltung das schöne Invasionsprogramm vollständig in sich zusammenfallen könnte.
Aber gut, das bewegt sich in Sachen Logik dann halt ungefähr auf demselben Level wie anno 1996 der IBM-kompatible Hauptcomputer der Aliens, und das hat damals ja auch nicht wirklich gestört. Zweifellos hat der zweite Unabhängigkeitstag nach Emmerich-Art gewaltige Schauwerte zu bieten, wirklich beeindruckend ist das alles allerdings nicht, denn es gibt hier nichts zu sehen was nicht auch schon zuvor an Weltuntergangsszenarien im Kino ausführlich abgehandelt wurde, von „World Invasion: Battle Los Angeles“ über „San Andreas“ bis zu Emmerichs eigenem „2012“. Und so nervt und ermüdet die CGI-Materialschlacht im Grunde eigentlich nur noch und erbringt mit jeder fortschreitenden Minute letztlich nur die Bestätigung für das, was man sich vorher schon denken konnte: Dieses Sequel ist zu diesem Zeitpunkt und in dieser Form einfach absolut überflüssig.
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