
Der Tag von Staff Sergeant Nantz (Aaron Eckhart) ist versaut. Gerade hat er seine Kündigungspapiere bekommen, da er nach 20 Jahren und einer verheerenden Mission in Afghanistan, bei der seine gesamte Truppe ums Leben gekommen ist, ausgebrannt ist und die Schnauze voll hat. Aber so kurz vor der Tür ist eben noch nicht draußen, und als merkwürdige (und merkwürdig schnell auftauchende) Asteroiden gen Erde fallen, wird er zusammen mit dem Rest der Marines in Alarmbereitschaft versetzt. Was zuerst noch als reine Evakuierungsmaßnahme beginnt, entpuppt sich bald als Rückzugsgefecht gegen einen überlegenen Gegner, der scheinbar nur ein Ziel hat: Totale Auslöschung der Menschheit. Die Invasion unserer Welt hat begonnen, ebenso der Kampf um Los Angeles. Mittendrin: Sgt. Nantz und die furchtlosen Männer der Einheit 2-5.
Soso, die Welt wird wieder einmal überfallen und die Menschheit kriegt hier richtig was auf die Rübe. Richtig Dresche gab es allerdings auch für "World Invasion: Battle Los Angeles" selbst. Mann, was wurde seitens der Kritiker in den USA auf diesen Film eingeprügelt. Ganze Leitartikel wurden darüber geschrieben, warum dieser Film und seine Shaky-Cam-Ästhetik das Ende der Filmkultur ist, so gut wie keiner hatte ein gutes Wort für den Streifen übrig und ausgerechnet Roger Ebert - schon seit Jahren verlässlich dabei, auch dem mittelmäßigsten Film noch gute Wertungen zu verleihen - schlug den Film giftig in kleine Stücke (ohne Frage sehr amüsant zu lesen, aber am Thema vorbei), beschimpfte ihn als Müll und die, die ihn mögen könnten, als Idioten.
Gut, outet sich dieser Rezensent also als Idiot und schreit Roger Ebert ein lautes Booyah! entgegen. Denn bleiben wir doch mal realistisch: Der Titel ist hier Programm und niemand wird sich anhand des Titels, Plakats oder Trailers in diesen Film verirren, in der Annahme, er würde hier eine tiefgründige Analyse der menschlichen Seele in Zeiten großen Unglücks sehen. Stattdessen: Große außerirdische Kampfmaschinen! Große Explosionen! Große Gewehre! Großes Pathos in patriotisch-männlichen Kampfreden! Booyah!
Kommen wir gleich mal zur Shaky-Cam, einem der Hauptvorwürfe, der diesem Film gemacht wird. Und hier gilt, was wir als Refrain wiederholen müssen: Bangemachen gilt nicht, so schlimm wird's schon nicht werden. Denn auch der Rezensent ist ewigem Hin-und-Hergewackel ohne Sinn und Verstand nicht wohlgesonnen und begab sich im Kino wohlweislich ein paar Reihen weiter nach hinten als sonst üblich in Erwartung des angekündigten heftigen Seegangs. Das war aber letztlich gar nicht nötig, denn außer einigen hektischen Actionspitzen, in denen es wirklich ein bisschen sehr wacklig und schnell geschnitten zugeht - etwa der ersten Attacke auf die Einheit - ist die Action zumeist klar zu erkennen und die Kamera wackelt nicht zu sehr. Gut, sie steht auch nie wirklich still, wer also dieser Ästhetik gar nichts abgewinnen kann, der sollte wirklich fernbleiben. Aber das angekündigte Stakkatochaos mit Kotztüteneffekt blieb hier eindeutig aus.
Ebenso das von Roger Ebert beschworene Gefühl, man wisse nie wo man sei und was da grad passiere. Als klassischer "Männer auf einer Mission"-Actionfilm gibt der Film deutlich vor, was Sgt. Nantz' Soldatenbande zu tun hat und wo sie dafür hin müssen. Wenn hier mal Verwirrung über den Standort herrscht, dann weil die Charaktere selbst verwirrt sind. Ganz genau gesprochen ist "World Invasion: Battle Los Angeles" drei "Männer auf einer Mission"-Actionfilme in einem, in der nach der Einführung in jedem der verbleibenden drei Viertel des Films eine Mission ausgeführt wird, die dann zwangsläufig zur nächsten führt. Man weiß also immer woran man ist.
Dabei nimmt der Film durchaus bekannte Pfade, schafft es aber, diese über fast seine gesamte Laufzeit interessant und ansprechend zu gestalten. Klar, um was es sich bei der finalen Mission handeln wird, ist nach Halbzeit des Films (und Ankunft von Michelle Rodriguez, die das auch gerne noch mal erklärt) soweit klar, aber "World Invasion: Battle Los Angeles" hält einen trotzdem problemlos auf Trab, weil der Film selbst sich nur kleine Ruhepausen gönnt, bevor es weitergeht. Das Rennen gegen die Uhr, das sämtliche Missionen eint, ist dabei so simpel wie effektiv. Simpel und effektiv ist auch der Blickwinkel des Films. Wir bleiben konstant bei Nantz' Einheit, sehen und hören, was sie sehen. Daher sind alle Informationen entweder als kurze Schnipsel auf noch laufenden Fernsehern zu sehen, oder die Soldaten müssen sich selbst einen Reim auf die Ereignisse und vor allem die Stärken und Schwächen des Gegners machen. Daher nehmen sich die Marines in einer gelungenen Sequenz trotz nahender Gefahr die Zeit, mittels einer sehr schleimhaltigen Alien-Autopsie wunde Punkte des Gegners zu finden.
Überhaupt, die Gegner hier: Anders als die depperten Aliens des depperten Shyamalan haben diese Außerirdischen keine Angst vor Wasser, nein, es scheint ihr primäres Ziel zu sein, unsere Wasservorräte an sich zu reißen. Dies wird allerdings dankenswerterweise offen gelassen und taucht lediglich als Expertenmeinung im Fernsehen auf. Und überhaupt: Seid wann brauchen große, böse Außerirdische handfeste und unwiderlegbare Motivationen, bevor sie zum Rauben, Plündern und Völkermorden ausziehen. Gründe? Wo wir hingehen, da brauchen wir keine Gründe! Immerhin braucht man so auch keine Zwischentöne und störende moralische Grauzonen.
Chuck Norris hätte auswärtigen Eindringlingen in den 80ern ja höchstpersönlich die Fresse poliert und sie kleinlaut wieder nach Hause geschickt, aber das waren ja auch böse Kommies, keine Kalamari in Kampfrüstung. Also muss in "World Invasion: Battle Los Angeles" mehr High Tech her und statt Onkel Chuck bekommt man hier den immerhin mit eckigem Superheldenkinn ausgestatteten Aaron Eckhart. Der spielt seinen Staff Sergeant Nantz als bad ass, wie ihn die Amerikaner lieben und wir ihn (wieder) lieben lernen müssen. "That was some real John Wayne shit" sagt ein Marine bewundernd, nachdem Nantz persönlich eine ganze Truppe Superkalamari platt gemacht hat. Und damit ist eigentlich schon alles gesagt. Differenzierter als in Waynes "Die grünen Teufel" wird es hier nicht: Wir sind gut, die sind böse, nieten wir die Bösen um, bis keiner mehr steht. Some real John Wayne shit eben.
Das auch hier beschworene Armeemotto "Lass keinen Mann zurück" wird natürlich gleichzeitig umgemünzt in "Lass kein Klischee zurück". Die Figuren sind eine Ansammlung üblicher ethnischer Hintergründe und Hintergrundgeschichten. Bei dem Marine, der eine schwangere Frau daheim hat und dem, der bald heiraten will, darf man schon nach fünf Minuten eine Münze werfen, wer von den beiden es wohl nicht schaffen wird. Dazu dann die übliche Sammlung, gespielt von weitestgehend Unbekannten: der unerfahrene und unentschlossene Anführer; der Coole; der Anfänger; der mögliche Rebell und der Soldat, der mit Sgt. Nantz noch eine persönliche Rechnung offen hat. Später dann noch: die toughe weibliche Soldatin, natürlich wieder mal gespielt von Michelle Rodriguez.
Der Film nimmt sich zwar 20 Minuten am Anfang Zeit, um uns als reine Formsache alle Charaktere kurz vorzustellen, braucht er aber kaum. In ihren identischen Tarnanzügen und im folgenden Chaos ist es so oder so schwierig, die Marines auseinanderzuhalten - ein Problem, das der Film mit seinem offensichtlichen Vorbild "Black Hawk Down" teilt. Einige Charaktere bleiben immerhin im Gedächtnis: der coole Stavrou mit seinem schnieken Oberlippenbärtchen (Gino Anthony Pesi), der nigerianische Doktor (Adetokumboh M'Cormack), aufgrund seiner (im Original) markanten Stimme auch der junge Imlay (Will Rothhaar). Und unter den unterwegs aufgelesenen Zivilisten erkennt man freudig Bridget Moynahan und Michael Pena, auch wenn beide recht wenig zu tun haben.
Aber was sollen sie auch tun? Dies ist ein Kriegs- und Actionfilm und von beidem gibt's hier mehr als genug. Es knallt und zischt an allen Ecken und Enden. Das halbzerstörte L.A. wird dabei durchaus ansehnlich als Kriegsschauplatz zurechtgemacht, die CGI ist über große Teile weder wahnsinnig beeindruckend noch sichtbar falsch oder störend, sondern macht schlicht effektiv ihren Job. Viele der Explosionen wurden zudem in Handarbeit hergestellt, was man ihnen im positiven Sinne auch anmerkt. Seine digitalen Spezialeffekte brachten "World Invasion: Battle Los Angeles" letztes Jahr übrigens in die Schlagzeilen, da die Gebrüder Strause mit ihrer Firma an diesem Film mitarbeiteten und sich dann davon schlichen, um möglichst schnell einen eigenen Low Budget-Film über eine Alien-Invasion zu machen, nämlich den grottigen "Skyline".
Ob nur Effekte geklaut oder auch die Idee - gerade dieser Tage ließ Sony die Klage gegen die Krauses fallen. Wohl nicht, weil sie nun nach näherer Ansicht feststellten, dass die Effekte doch nicht geklaut sind (so die offizielle Begründung), sondern weil "World Invasion: Battle Los Angeles" doch einen recht anständigen US-Kinostart hingelegt hat und allen Unkenrufen zum Trotz die Zeichen auf Erfolg stehen. Da darf man dann auch mal großzügig sein. Bei der computeranimierten Zerstörung wird glücklicherweise auch auf arg zu käsige Momente verzichtet. Klar wäre es ein witziger Gag gewesen, wenn die Aliens bei ihrem Angriff das Hollywood-Zeichen abfackeln, aber dann wären wir endgültig bei "Mars Attacks!" angelangt. Folglich gibt es hier wenig Humor, man bleibt eisern und grimmig beim Ernst der Sache. Das mag besonders angesichts der klischierten flammenden Antriebsreden von Nantz und Co. dann beizeiten unfreiwillig komisch wirken. Aber auch nur ein Hauch zuviel an wissendem Humor oder Genreparodie würde "World Invasion: Battle Los Angeles", der im Grunde wie ein aufgemotztes B-Movie aus den 1950er Jahren daher kommt, in sich zusammen fallen lassen wie die zerstörten Gebäude hier.
Dass dies nicht geschieht, trotz der Kriegsfilmklischees und der tapferen amerikanischen Soldaten in der Hauptrolle, liegt auch an der Idee der Weltinvasion selbst, die allerdings nur international auch so benannt wird (in den USA heißt der Film schlicht "Battle: Los Angeles"). Während man in den meisten amerikanischen Produktionen nichts über den Rest der Welt erfährt, und als Zuschauer annehmen muss, das Schicksal der Welt werde einzig in den USA entschieden, wird durch die verschiedenen Schauplätze (von denen wir nur kurze Blicke auf einem Fernseher erhaschen) hier die US-zentrische "Wir Amis retten die Welt"-Sicht zumindest ein wenig abgemildert. Lustiges Detail: Die außerirdischen Invasoren kommen exklusiv übers Wasser, weswegen statt der sonst üblichen Weltmetropolen ansonsten von Invasionen verschonte Orte wie Irland oder Deutschland zur Ehre kommen, von den Aliens platt gemacht zu werden. Die Idee der Weltinvasion ist auch insofern schlau, als dass man ohne Mühe für Sequels andere Kriegsschauplätze zur Hand hat, in denen man das nächste Gefecht darstellen könnte. Wenn der Rezensent da einen Wunsch äußern darf: Als Sohn der schönsten Stadt der Welt hätte er gar nichts dagegen, wenn demnächst in "World Invasion: Hamburg" Bundeswehrsoldaten und Aliens den Fischmarkt in Schutt und Asche legen und einsame Waffenbrüder von der Turmspitze des Michels aus Verstärkung anfordern.
"World Invasion: Battle Los Angeles" ist keineswegs das Desaster, als das er ausgemacht wurde. Klar, es ist ein großer, dummer Kriegsfilm, aber - und das ist der Knackpunkt - es ist ein großer, dummer Kriegsfilm, der Spaß macht. Mehr will der Film nicht sein, mehr kann er nicht, mehr muss er auch nicht. Genrefans können hier problemlos zuschlagen, und bei einem Titel wie "World Invasion: Battle Los Angeles" wird schon jeder einordnen können, ob er sich hier zum Zielpublikum zählt oder nicht. Lassen wir also gemeinsam unserem inneren Chuck Norris freien Lauf und schmeißen uns todesmutig zu den Marines. Booyah!
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