Marc Forster, machen wir uns da nichts vor, hat mit seinen Filmen wie "Monster's Ball" oder "Wenn Träume fliegen lernen" sehr gute und vor allem äußerst ansehnliche Werke gedreht. Jetzt macht er mit seinem neusten Film "Stay" leider einen traurigen Rückschritt. Mit diesem Mystery-Thriller versucht er sich in einem Genre, das von Altmeistern wie David Lynch und Claude Chabrol dominiert wird, und eines kann man schon vorweg nehmen: Forster wird zu ihnen nicht aufschließen können. Jedenfalls nicht mit "Stay".
Aber erstmal der Reihe nach: Der New Yorker Psychiater Sam Foster (Ewan McGregor) bekommt von seinem neuen Patienten Henry Lethem (Ryan Gosling) gesagt, dass er sich in drei Tagen, pünktlich zu seinem 21. Geburtstag, umbringen möchte. Henry leidet seit einem tragischen Autounfall an Amnesie und weiteren diversen Verhaltensauffälligkeiten. Unter anderem kann er hin und wieder in die Zukunft blicken. Als sich Foster auf den Weg macht, Henry von seinem Selbstmordgedanken abzuhalten, gerät er in einen wirren Strudel von Ereignissen, die scheinbar alle zu einem bestimmten Punkt in der Vergangenheit aller Protagonisten führen. Es entsteht eine kalte und schnelle Reise durch ein unheimlich düster und dunkel wirkendes New York.
Ein Psychiater, der einen schwierigen Patienten zu betreuen hat? Ein junger Mann mit Visionen? Wer sich da an "The Sixth Sense" oder "Donnie Darko" erinnert fühlt, liegt nicht mal so falsch. "Stay" erweist sich als ein wirklich trauriger Versuch, in die komplexen surrealen Sphären dieser mittlerweile zu modernen Klassikern avancierten Filme zu gelangen. Es ist wirklich ärgerlich: Im Film gibt es viele gute Einstellungen, wie die, in der Sam eine Tür öffnet, weil er einer Person folgen will, und plötzlich scheinbar unter dem Meer landet. Oder eine paranoide Wendeltreppen-Verfolgungsjagd, die Anleihen an Hitchcocks berühmte Höhenangstsequenz aus "Vertigo" nimmt. Wie gesagt, die Atmosphäre stimmt.
Aber das alles hilft nicht, wenn man nach 15 Minuten der Geschichte gar nicht mehr folgen will. Die Charaktere bleiben skizzenhaft und damit dem Zuschauer egal. Und wenn sie miteinander reden, dann will man am liebsten weghören: Die Dialoge geben sich bedeutungsvoll, sind beizeiten aber ungefähr so wichtig wie ein Tratsch an der Straßenecke.
Der einzige Grund, bei Filmen wie diesem im Kinosessel zu bleiben, ist zu sehen, wie sie nach einem Bombardement aus mysteriösen Ereignissen und unheimlichen Geheimnissen enden, also wie Regisseur und Drehbuchautor (David Benioff, "Troja", "25th Hour") aus ihrer Geschichte herauskommen wollen.
Selbst diese freudige Erwartung, entwickelt sich bei Marc Forster in einen unangenehmen Magenkrampf. Er kann nicht mal auf sein Schauspielduo McGregor und Watts bauen, die merklich unterfordert sind und so in dem erdig langweiligen Rhythmus des Films mitfahren. Der Film ist gewollt verwirrend und dunkel gehalten. Der unerschütterlich harte Eindruck bleibt, dass "Stay" eher David Lynch für Arme und Claude Chabrol für Dumme ist.
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