Tom Cruise ist in den letzten Jahren so aktiv und rührig, dass man glauben könnte der seit mehr als dreißig Jahren aktive Schauspieler befände sich gerade auf dem Zenit seiner Karriere. Dass dem aber nicht so ist zeigt sich vor allem an der Kinokasse, wo das Publikum nur noch in überschaubarer Zahl in seine Filme strömt, ganz egal ob Cruise nun Durchschnittskost wie „Jack Reacher“ oder von der Kritik recht positiv aufgenommene Werke wie die beiden Science-Fiction-Beiträge „Oblivion“ und vor allem „Edge of Tomorrow“ abliefert. Den einzig kommerziell sicheren Hafen bietet ihm daher seine „Mission Impossible“-Reihe und dieser Franchise gelang mit dem überzeugenden „Phantom Protokoll“ zuletzt sogar wieder ein kreativer Ausschlag nach oben. Cruise ist dabei klug genug, seinen Joker nicht zu überreizen und beglückt die Welt nur noch im Abstand von gut fünf Jahren mit einer neuen Episode. Für Abwechslung ist dabei auch deshalb gesorgt, weil bei jedem Film auch ein anderer Regisseur zum Zuge kommt und seine Ideen einbringen darf. Die sind zwar bei Teil fünf „Rogue Nation“ nicht mehr durchgehend taufrisch, trotzdem bietet aber auch der Film von Christopher McQuarrie wieder beste Unterhaltung.
Ethan Hunt (Tom Cruise) und seine Helfer von der Spezialeinheit Impossible Mission Force suchen seit einiger Zeit nach den Hintermännern einer gefährlichen neuen Bedrohung namens „Das Syndikat“, die ihre Leute offenbar aus offiziell bereits für tot erklärten Ex-Agenten rekrutiert. In den höheren Behördenkreisen hält man dieses „Syndikat“ jedoch lediglich für eine Phantasie, die womöglich nur dazu dienen soll die immer unkontrollierbarer werdenden Eskapaden der IMF zu rechtfertigen. Insbesondere CIA-Direktor Hunley (Alec Baldwin) kämpft entschlossen dafür, die Einheit endlich aufzulösen, und setzt sich vor dem Komitee schließlich auch gegen die Argumentation von Agent William Brandt (Jeremy Renner) durch, der seinem Partner Ethan mitteilen muss, dass er ihn nur noch inoffiziell unterstützen kann. Auch die alten Haudegen Benji (Simon Pegg) und Luther (Ving Rhames) arbeiten ab sofort nur noch Undercover für ihren Freund, der sich mittlerweile jedoch schon aus ganz persönlichen Gründen auf die Jagd nach dem mysteriösen Syndikats-Boss Solomon Lane (Sean Harris) macht. Ob dessen Helferin Ilsa Faust (Rebecca Ferguson) dabei vielleicht sogar insgeheim auf Ethans Seite steht bleibt unklar, zeigt die sich doch bei jeder neuen Begegnung von einer anderen Seite.
Was noch am Wenigsten imponiert bei „Rogue Nation“ ist die Bedrohung auf der Gegenseite, denn das „Syndikat“ bietet kein Alleinstellungsmerkmal und unterscheidet sich nur marginal von ähnlichen mysteriösen Verbrecherorganisationen aus der Historie des Agentenfilms. Auch was die für gewöhnlich aus der Abteilung „gemeingefährliche Psychopathen“ stammenden Oberschurken solcher Gruppierungen angeht ist es verständlicherweise mittlerweile recht schwer noch einen völlig originären, so noch nicht gesehenen Charakter zu entwerfen. Originell ist der von Sean Harris verkörperte Solomon Lane mit seinem merkwürdig-biederen Aussehen und Auftreten zwar durchaus zu nennen, allerdings wirkt er mit dem auffälligen Make-Up und vor allem der brüchig-kratzigen Stimme doch auch etwas zu gewollt auf „schräg“ gestylt. Auch einen Ethan Hunt, der notgedrungen auf eigene Faust ermitteln und vorgehen muss, hatten wir bereits, doch ist das eben einfach ein sehr gutes Handlungsmotiv aus dem sich dann bestimmte besonders bedrohliche Aktionen fast schon von selbst ergeben.
Einige Mühe hat man sich mit der weiblichen Hauptrolle gegeben, denn so stark und undurchschaubar gab sich noch keine von Hunts Gefährtinnen, und wenn dann sogar noch die lange unklare Motivation für deren Verhalten halbwegs schlüssig aufgeklärt wird, ist der immer auch gern ein wenig auf den Punkt „Glaubwürdigkeit“ achtende Betrachter auch schon ruhiggestellt. Irgendeine Form von Realismus darf man bei den diversen Actioneinlagen dagegen natürlich nicht erwarten, schließlich gilt es auch hier immer wieder aufs Neue die Stunts der vorherigen Filme ein weiteres Mal zu toppen. Ob man das hier angesichts der wirklich hohen Vorgabe (Stichwort: Dubai) des direkten Vorgängers tatsächlich geschafft hat ist sicher diskutabel, aber auch „Rogue Nation“ bietet ohne Zweifel wieder ein paar sehr hübsche Szenen, die selbst den erfahrenen „Alles schon mal gesehen“-Zuschauer in Verzückung bringen.
Da wäre zum Einen eine völlig irre Sequenz, in der Ethan Hunt unter großen Zeitdruck an einen Zugangscode gelangen muss, der doch tatsächlich unter Wasser in einem Schacht eines von gewaltigen Zentrifugalkräften durchschüttelten Kraftwerks aufbewahrt wird (!). Noch ein Stück länger kommt aber das eigentliche Meisterstück des Films daher, eine brillant komponierte Hatz hinter den Kulissen der Wiener Oper, bei der die Figuren, die Architektur und auch die Musik zu einem faszinierenden und dazu hochspannenden Gesamtkunstwerk verschmelzen.
Längen gibt es praktisch kaum zu beklagen und auch wenn das Grundgerüst des fünften „Mission Impossible“-Films im Grunde ein sehr konventionelles ist und gewisse Wiederholungen nicht zu übersehen sind, so bietet dieser doch genug schöne Einfälle und „Wow“-Momente, um erneut ein erstklassiges Kinoerlebnis zu garantieren. Wie es scheint können sowohl Tom Cruise als auch das Publikum sich weiterhin auf diese Marke verlassen.
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