Mal ehrlich, so richtig hohe Erwartungen an einen vierten Teil der “Beverly Hills Cop“-Reihe dürfte wohl niemand gehabt haben. Der erste Film taugt zwar auch 40 Jahre später noch für einen vergnüglichen Nostalgie-Ausflug in die Anfangsjahre des Buddy-Cop-Kinos, doch über die beiden Fortsetzungen aus den Jahren 1987 und vor allem 1994 legt man besser den Mantel des Schweigens. So brauchte es schon viel Phantasie, um sich vorzustellen, dass nach Jahren in Hollywoods Vorproduktions-Hölle ausgerechnet ein Netflix-Revival dieser Reihe neues Leben einhauchen würde. Und tatsächlich lässt die erste Viertelstunde von “Beverly Hills Cop: Axel F.“ Schlimmes vermuten, bevor der Film aber dank einer wundervollen Nebenfigur die Kurve kriegt und Eddie Murphys Paraderolle zumindest einen ordentlichen Abschied ermöglicht.
Ähnlich wie bei den bisherigen Fortsetzungen steht man natürlich auch hier wieder vor dem Dilemma, wie man den guten Axel (Eddie Murphy, “Dr. Dolittle 2“, “Dreamgirls“) denn nun ein weiteres Mal von Detroit nach Los Angeles lockt. Als nötige Plot Device müssen diesmal Ermittlungen von Axels altem Buddy Billy Rosewood (Judge Reinhold) herhalten, der inzwischen als Privatdetektiv arbeitet. Für einen gefährlichen Fall rund um den etwas zwielichtig wirkenden Captain Grant (Kevin Bacon, “Mystic River“, “Leave the World Behind“) hat Billy ausgerechnet Axels Tochter Jane (Taylour Paige), die als Anwältin in der Stadt der Engel arbeitet, eingespannt. In Sorge um diese kehrt Foley nun also wiedermal in seine zweitliebste “Hood“ zurück, nur um dort direkt nach seiner Ankunft Bekanntschaft mit ein paar zwielichtigen Gestalten zu machen. Zeit für Axel also wieder die große Klappe und den Ermittler-Instinkt auszupacken, doch sowohl Jane als auch Axels Ex-Partner Taggert (John Ashton) verweigern ihm erst mal ihre Unterstützung. Stellt sich also die Frage, ob unser guter Beverly Hills Cop auch unter diesen Bedingungen 40 Jahre später noch jeden Fall lösen kann.
So ein klein wenig ertappt man sich hier nach einer knappen Viertelstunde dabei seufzend einen Haken unter die Sache machen zu wollen. “Beverly Hills Cop: Axel F.“ startet mit einer ersten Actionsequenz rund um einen Raubüberfall in einem Eishockeystadion denkbar holprig. Die Action wirkt generisch, der Look austauschbar und Axels Mundwerk deutlich eingerostet. So möchte der Film mit einer Diskussion zwischen ihm und einem Arbeitskollegen unter anderem irgendwie humorvoll die aktuelle Woke-Kultur kommentieren, sorgt aber dabei für nicht mehr als ein müdes Schulterzucken. Genauso wie die Action, bei der Murphys fortgeschrittenes Alter schon sehr deutlich spürbar ist. Angesichts von Murphys letztem bescheidenen Versuch eine alte Paraderolle wiederzubeleben (“Der Prinz aus Zamunda 2“) sinkt so schnell die (zugegeben spärliche) Zuversicht, diesmal nicht ebenfalls enttäuscht zu werden.
Die Tatsache, dass man sich zu Beginn auch noch schamlos der alten Erfolgsformel bedient und die klassischen Storybeats des Erstlings wieder aufgreift (Axel richtet Chaos an, Axel bekommt höhnischen Applaus der Kollegen, Axels Boss bekommt dafür einen Einlauf von höchster Stelle) bestärkt nur den Eindruck, dass die Motivation für den Film eher auf blinkenden Dollarzeichen als einer kreativen Vision bestand. Und so zückt man als Kritiker schon gedanklich den inneren Kugelschreiber, um zu einer weiteren Schimpftirade über derart seelenlose Franchise-Wiederbelebungen auszuholen. Bis sich auf einmal unvorhergesehen eine Tür öffnet und der Film eine junge Frau zu Rettung dieses scheinbar sinkenden Unterhaltungsschiffes sendet.
Natürlich, der Einfall eine zerrüttete Vater-Kind-Beziehung als emotionalen Anker für einen alternden Helden zu nutzen, der sich rührend die Anerkennung des eigenen Nachwuchses erkämpfen muss, ist jetzt nicht wirklich neu. Kann aber eben trotzdem zu einem kleinen Game Changer werden, wenn man eine derart charismatische Newcomerin wie Taylour Paige an der Hand hat. Die spielt die Rolle der vom Vater enttäuschten Jane angenehm zurückhaltend. Gerade der subtile Übergang von ihrer erst kalten Schulter hin zu einer neckischen Süffisanz bezüglich ihrem selbstverliebt auftretenden Daddy ist richtig erfrischend. Sie gibt dem Film, und damit war nun wirklich nicht zu rechnen, tatsächlich ein Stück echte emotionale Tiefe.
Das Zusammenspiel mit Paige weckt auch bei Eddy Murphy spürbar die Lebensgeister. Murphy hatte ja schon beim dritten Teil eingefordert, seinen Axel Foley deutlich erwachsener und zumindest ein wenig vielschichtiger portraitieren zu dürfen. Mit gut 30jähriger Verspätung gelingt ihm das nun auch, da er hier und da immer wieder innehält, um seiner Figur auch ein klein wenig Selbstreflexion zu gönnen. Wobei wir aber natürlich jetzt nie Gefahr laufen, hier irgendwie in die Richtung eines Oscar-prämierten Dramas zu laufen. Es bleibt natürlich immer noch Zeit für ein paar witzige Sprüche, die im Mittelteil dann auch endlich deutlich gelungener ausfallen. Am besten sind dabei die Momente, in denen Axel seine alten “Überzeugungskünste“ auspacken möchte, diese Gespräche dann aber auf einmal eine etwas andere Richtung als gedacht einschlagen.
Neben der großartigen Taylour Paige fällt der Eindruck vom Rest des Ensembles etwas durchwachsener aus. Die Auftritte von Judge Reinhold und John Ashton sind zwar nett anzuschauen, ihren alten Rollen können sie aber nicht wirklich viel Interessantes hinzufügen (ähnlich wie zwei weitere Auftritte von alten Bekannten). Kevin Bacon wiederum scheint eher am Gehaltscheck als dem Kreieren eines wirklich spannenden Bösewichts interessiert zu sein. Gut tut dem Film dagegen der spürbar gut gelaunte Joseph Gordon-Levitt ("Snowden", "Inception"), der allerdings weniger an der Seite Murphys sondern vor allem im Zusammenspiel mit Paige richtig gut funktioniert.
Die wirklich sehr ordentliche Vater-Tochter-Chemie im Mittelteil übertüncht aber natürlich ein wenig die Tatsache, dass die Handlung wiederum absoluter Mumpitz ist. Wie man sich hier an von einem Plot Point zum anderen hangelt ist schon teils sehr lieblos geschriebener Quatsch. Die Inszenierung von Regie-Newcomer Mark Molloy reiht sich wiederum ein in den austauschbaren Netflix-Blockbuster-Look der letzten Jahre – flach wirkende Hochglanzaufnahmen garniert mit dem einen oder anderen sehr offensichtlichen CGI-Effekt. An anderer Stelle hatten wir hier ja schon über die Ästhetik der “Beverly Hills Cop“-Reihe philosophiert und irgendwie ist auch der vierte Teil der Reihe ein typisches Zeugnis seiner Zeit – jetzt aber nicht gerade im positiven Sinne.
Ebenfalls uninspiriert kommen auch die meisten Actionszenen des Films daher. Die sorgen gerade im letzten Drittel dafür, dass der Film nach einem wirklich unterhaltsamen Mittelteil doch deutlich an Fahrt verliert. Trotzdem überwiegt am Ende aber ein positiver Eindruck, was vermutlich auch ein bisschen daran liegt, dass die Erwartungen an diesen Film weder im Vorfeld noch nach der ersten Viertelstunde sonderlich hoch waren. Dafür grinst man hier als Zuschauer dann doch öfters als gedacht, ist manchmal sogar ein klein wenig emotional gerührt, und das reicht, um “Beverly Hills Cop: Axel F.“ zumindest an die zweite Stelle in der Franchise-Rangliste zu hieven. Womit der alte Recke nach dem Desaster im Jahr 1994 nun doch zumindest einen ganz ordentlichen Abgang erhält. Ob es dabei auch bleibt muss natürlich bei Hollywood immer abgewartet werden, aber angesichts der sehr angenehmen Chemie zwischen Murphy und Paige klingt ein möglicher fünfter Teil jetzt gar nicht mal so schrecklich. Und das ist ja dann doch ein durchaus überraschendes Fazit.
Neuen Kommentar hinzufügen