Männerherzen und die ganz ganz große Liebe

Jahr
2011
Laufzeit
112 min
Genre
Release Date
Bewertung
5
5/10
von Frank-Michael Helmke / 27. August 2011

Sechs Jahre lang werkelte der hauptamtliche Schauspieler Simon Verhoeven an einem Drehbuch herum, das mehr sein sollte als „bloß“ eine nette Komödie über Männer und ihre typischen Probleme und Macken. Eine Bestandsaufnahme über Selbst- und Rollenbilder des modernen Mannes sollte es werden, quasi das Portrait eines ganzen Geschlechts in der Sinnkrise. Und das klappte: Mit „Männerherzen“ gelang Verhoeven als Autor und Regisseur das seltene Kunststück eines Episodenfilms, der mehr war als „nur“ wirklich gut gemachte Unterhaltung, sondern mit wohl dosierter Tragik und dem Verzicht auf allzu gefällige Happyends ein beachtliches Maß an Realitätsnähe und Wahrhaftigkeit erzielte, das bei seinem Publikum nachhallte. Neben diversen Preisen wurde diese Leistung auch mit über zwei Millionen zahlenden Kinozuschauern belohnt – für einen deutschen Film, in dem Til Schweiger nur eine Nebenrolle spielt, ein beachtliches Ergebnis.
Und eine Kassenbilanz, bei der man als Produzent automatisch nachzudenken beginnt: Da würde sich doch ein Sequel lohnen…. Diese simplen Gesetze des Geschäfts funktionieren in Deutschland nicht anders als in Hollywood, und drum ist er nun also hier: der zweite Teil. Für den leider dasselbe gilt wie für die meisten Fortsetzungen, gerade im Komödienbereich: Bei allen Bemühungen, den Charme des Originals zu wiederholen, ist das Ganze dann doch eigentlich überflüssig und wenig bis gar nicht mehr originell.

Dass Verhoeven seine nur lose verbundenen Episoden im ersten Teil mit leidlich offenen Enden versah, macht es ihm hier zumindest einfach, einen Wiedereinstieg zu finden, denn „Männerherzen und die ganz ganz große Liebe“ fängt in der Tat genau da an, wo der erste Teil aufhörte. Der im Herzen einsame Musikproduzent und Womanizer Jerome (Til Schweiger) war am Ende von Teil Eins in seine provinzielle Heimat zurückgekehrt und hat bei seiner Jugendliebe geklingelt, muss nun aber leider erkennen, dass die vor kurzem bereits einen anderen geheiratet hat. So nistet sich Jerome erstmal wieder bei seinen Eltern ein und verliebt sich alsbald in die bezaubernde Hobby-Reiterin Helena (Mina Tander). Philip (Maxim Mehmet) führt erfolgreich sein frisch gegründetes Bio-Café und bereitet sich mit seiner Nina (Jana Pallaske) auf die Geburt ihres Babys – na hoppla, es sind sogar Zwillinge! – vor und kämpft damit, eine bald vierköpfige Familie versorgen zu müssen. Niklas (Florian David Fitz) hat im ersten Teil seine anstehende Hochzeit dank einer Affäre mit der Schauspielerin Marie (Inez Björg David) ruiniert, die sich am Ende andeutende Versöhnung mit seiner Freundin hat dann doch nicht geklappt. Ohne Job und ohne Verlobte sucht Niklas jetzt ein neues Glück, alsbald überzeugt, dass Marie die einzig Wahre für ihn ist. Leider ist die aber inzwischen als Serienstar durchgestartet und es ist gar nicht so leicht an sie ranzukommen. Der zutiefst unsichere Günther (Christian Ulmen) hat zwar erfolgreich das Herz von Susanne (Nadja Uhl) erobert, traut sich aber nicht, dieses neue Glück auch voll auszuleben, sprich: mit Susanne Sex zu haben. Was die Gute langsam den letzten Nerv kostet. Susannes ob seiner unkontrollierbaren Gewaltausbrüche in den Knast gewanderter Ex-Mann Roland (Wotan Wilke Möhring) versucht sich im Gefängnis derweil an einem Anti-Aggressions-Training und hofft auf eine Wiederannäherung mit seinem entfremdeten Sohnemann.

Als loses Bindeglied zwischen den diversen Handlungssträngen fungiert diesmal der überdrehte und grandios schlechte Schlagersänger Bruce Berger (Justus von Dohnányi), der schon in Teil Eins das beste und beliebteste Comedy-Element war und hier entsprechend mehr Raum zur Verfügung bekommt, während er in Jugendwahn verfällt und das Internet für sich entdeckt, mit verheerenden Folgen. Das ist zwar durchaus lustig anzusehen und dank Dohnányis großartig überzogenem Spiel auch wieder ein echter Spaß, in seinem Verlauf aber genauso abseh- und vorhersehbar wie die dabei eingeflochtenen Gags.
Ein Vorwurf, den sich leider der gesamte Film gefallen lassen muss. Während man dem über Jahre entwickelten Drehbuch von Teil Eins noch anmerkte, wie lange und genau daran gefeilt wurde, bis die Mischung zwischen Komik und Tragik perfekt austariert war, alle Zwischentöne saßen und nur die Gags übrig blieben, die auch wirklich funktionierten, kann der zweite Teil nicht kaschieren, dass er reichlich hastig hinuntergeschrieben wurde, um die Fortsetzung möglichst schnell hinterher schieben zu können. Das wird nicht nur deutlich in der doch etwas krude und kantig zusammen gestöpselten Handlung, sondern vor allem angesichts der kompletten Oberflächlichkeit des gesamten Films. Das übergeordnete Thema nach den Anforderungen und Problemen des Mann-Seins im Hier und Heute, welches dem Original-Film seine besondere Würze und Tiefe gegeben hat, ist hier im Prinzip komplett verschwunden; an die Stelle eines durchaus tiefsinnigen Episodenfilms, der keine Angst vor realistisch-tragischen Elementen hat, ist hier eine auf den schnellen Unterhaltungswert ausgerichtete Komödie getreten, die den Klamauk sucht, wo sie nur kann.
Das muss ja per se nichts Schlechtes sein, und man (und frau) kann bei diesem zweiten Teil durchaus häufig lachen. Die hier gemolkenen Humor-Szenarien sind aber leider so offensichtlich und stereotyp, dass sie sich fast schon auf Mario-Barth-Niveau bewegen und keinerlei Überraschung zu bieten haben. So muss z.B. Philip natürlich einen Schwangerschafts-Kurs mit Hechelübungen und Klischee-Eltern durchstehen. Rolands Anti-Aggressions-Training, Günthers Angst vor der eigenen sexuellen Unzulänglichkeit und das Internet als Tummelplatz von Psychopathen und Verrückten sind ähnlich dankbare, aber allzu naheliegende Gag-Lieferanten, die deutlich darauf hinweisen, wie schnell dieser Film geschrieben und in Produktion gejagt wurde. Viele der halbgaren Gags hier wären bei einer längeren und gewissenhafteren Stoff-Entwicklung mit Sicherheit wieder gestrichen worden.
Vieles bleibt hier Stückwerk, der ganze Film nicht nur in seiner Struktur episodenhaft. Das große thematische Ganze, was den ersten Teil auszeichnete, geht hier leider komplett flöten. Dennoch ist der erste Teil fast zwingende Vorkenntnis, da sich Verhoeven so eilig in seine Handlung stürzt, dass für Figurenexposition nicht viel bzw. gar keine Zeit bleibt. Wer aus dem ersten Teil nicht mit den Charakteren und ihrer Geschichte vertraut ist, könnte sich hier etwas verloren vorkommen.

„Männerherzen und die ganz ganz große Liebe“ passiert leider dasselbe wie den meisten Fortsetzungen von romantischen Komödien, wie es Negativbeispiele wie „Bridget Jones“ oder „Keinohrhasen“/“Zweiohrküken“ vorgemacht haben: Eilig nachgeschoben werden sie zu allzu flachen Komödien ohne echtes Herz, spinnen unklugerweise eine Geschichte weiter, die eigentlich zu einem äußerst befriedigenden Ende geführt wurde und verraten so zu einem gewissen Teil den Zauber ihrer Originale, weil sie sie als Trittbrett für eine beliebige und darum letztlich irrelevante Seriellisierung benutzen. So gesehen könnte man von „Männerherzen“ auch problemlos noch einen dritten Teil machen. Der wird dann vermutlich nur halt genauso egal und unnötig wie dieser zweite.

Bilder: Copyright

8
8/10

Die Kritik von Herrn Helmke übersieht komplett eine der grössten Stärken des Films.
Das Handwerk.
Auch im 2. Teil von "Männerherzen" sind die Dialoge geschliffen scharf, perfekt pointiert und wirken dennoch realistisch und authentisch, eine Kunst, die in Deutschland ausser Simon Verhoeven eigentlich kaum jemand beherrscht. Das Timing jeder Szene ist auf den Punkt gebracht, es gibt keine Längen wie in vielen anderen kommerziellen Komödien dieser Art, der Plot geht immer nach vorne.
Dass das Drehbuch schneller und innerhalb einer fieberhaften Phase geschrieben sein muss, ist kein ernstzunehmender Kritikpunkt an einem Sequel. Man nennt das Filmbusiness.
Eine Fortsetzung wird beschlossen, finanziert, auf die Beine gestellt, die Stars müssen geblockt werden... alles muss schnell gehen. Die Tatsache, dass die Produktion hier nicht die Zeit hatte, das Drehbuch über Jahre zu entwickeln, wirkt sich meines Erachtens eher vorteilhaft auf das komödiantische Geschehen des Werks aus.
Der Film hat ein tolles Tempo, erzeugt eine ständige Erhitzung der Gemüter und traut sich diesmal noch mehr Mut zur haarsträubenden Komödie zu. Dass darüber manche, sich selbst recht ernst nehmende,"anspruchsvolle "Kritiker ein wenig beleidigt die Nase rümpfen, dürfte niemanden überraschen. .
Versteht mich nicht falsch, klar kann man kritisch anmerken, dass " Männerherzen 2" weniger Substanz als sein Original hat. Das stimmt auch.
Aber der Film macht einen Höllenspaß!
Wer deutsche Ausnahme - Schauspieler in Höchstform erleben will, der ist bei "Männerherzen 2" ebenso gut aufgehoben wie im Original. Nur läuft jetzt das Spiel der Liebe eben bereits, die Figuren sind allesamt etabliert. Natürlich schaltet der Film nun einen Gang nach oben, legitim und notwendig für die Fortsetzung einer Komödie.
Das Problem bei diesem Mechanismus ist nur. Den meisten Fortsetzungen gelingt es nicht, mit diesem höheren Gang und Tempo noch auf dem Boden zu bleiben. Sie übertreiben so sehr, dass man die Figuren nicht mehr ernst nehmen kann.
Diesen Fehler macht Verhoeven nicht.
Natürlich wird in "Männerherzen 2" die Humor-Schraube angezogen, ein wenig überdreht....aber dennoch bleiben die Figuren stets ehrlich und geerdet. Ihre Handlungen, so abstrus sie auch sein mögen, bleiben nachvollziehbar.

Im Gegensatz zu anderen deutschen Machwerken, die ihre Figuren in "Dildo und Fäkal- Gag Szenarien" zwingen, bleibt "Männerherzen 2" humoristisch letztlich doch immer angenehm zurückhaltend und nimmt sich ausreichend Zeit, um die Charaktere immer wieder psychologisch und emotional dem Zuschauer näher zu bringen.
Trotz der überdrehten Szenen....hier wirkt nichts forciert.
Die grössten Komödiensequenzen in "Männerherzen 2" entstehen weiterhin organisch aus den Zielen, den Sehnsüchten und den Ängsten der Protagonisten.
Kein Zweifel, "Männerherzen und die ganz ganz große Liebe" ist eine leichtere Variante des Genres als der erste.
Es fehlt ihm an Drama und schmerzhafter Emotion, dafür aber springt er locker flockig voran, hin zum zweiten Akt seines Werks und liefert ein komödiantisches Lustspiel, wie man es in dieser Gekonntheit in Deutschland einfach nur ganz, ganz, ganz....selten zu sehen bekommt.
Allein für die turbulenten Szenen und Songs des Schlagerbarden Bruce Berger (in Hochform:Justus von Dohnanyi) ist dieser Film absolut sehenswert, wenn man sich für deutsche Film, ja, für deutsche Kultur, interessiert.
Aber auch Til Schweiger's herrlich peinliche Momente mit Christine Schorn als seiner besorgten Mama, die ihm "Wurstbrote" schmieren möchte.....oder Florian David Fitz's Nervenzusammenbruch wegen eines Stalker -Fanclubs... die Szenarien sind vielfältig und höchst originell und liefern ein buntes Feuerwerk an Highlights und Ideen, von dem sich viele US Komödien eine Scheibe abschneiden sollten.
Die Qualität des Humors von "Männerherzen" mit Mario Barth in Berührung zu bringen, zeugt meines Erachtens von Gespürlosigkeit. Der Humor der "Männerherzen" Filme ist auch in höherem Schlagtakt viel menschlicher, intelligenter, zärtlicher, aber auch haarsträubender und absurder als die platten Tricks eines Mario Barth.
Ist "Männerherzen 2" alberner als der erste? Ja, stellenweise wird es ziemlich bescheuert, das muss man zugeben.
Wenn Til Schweiger beispielweise einen Ponyreitkurs belegt, um eine Frau kennenzulernen, so klingt das nicht nur albern, sondern ist es auch.
Aber es funktioniert innerhalb seiner Geschichte völlig glaubhaft.
Und...nebenbei gesagt, Til Schweiger mit Helm auf einem Pony...das sieht einfach nur saukomisch aus.
Ich hab mich weggeschmissen.
Man könnte fast sagen, diese animalische Paarung ist ein Stück deutscher Filmgeschichte.

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7
7/10

Der Film hat mich zum Lachen gebracht, agiert mit guten und sympathischen Darstellern, allen voran Justus von Dohnanyi! Eine nette Komödie, die vom Alltag ablenkt aber auch einiges aus dem Alltag mit einbringt. Mehr von solchen Filmen, die einfach gute Laune machen!

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8
8/10

Also der zweite Teil ist genauso wie der Erste. Saukomisch und unterhaltsam, und kein bißchen schwächer. Wer sich wieder nett beömmeln und unterhalten wissen will, der hat für diesen Herbst einen Filmtipp. Beim Abspann bitte sitzen bleiben: Das aktuelle Video von Bruce Berger wird vorgestellt :-)

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