Sechs Jahre lang werkelte der hauptamtliche Schauspieler Simon Verhoeven an einem Drehbuch herum, das mehr sein sollte als „bloß“ eine nette Komödie über Männer und ihre typischen Probleme und Macken. Eine Bestandsaufnahme über Selbst- und Rollenbilder des modernen Mannes sollte es werden, quasi das Portrait eines ganzen Geschlechts in der Sinnkrise. Und das klappte: Mit „Männerherzen“ gelang Verhoeven als Autor und Regisseur das seltene Kunststück eines Episodenfilms, der mehr war als „nur“ wirklich gut gemachte Unterhaltung, sondern mit wohl dosierter Tragik und dem Verzicht auf allzu gefällige Happyends ein beachtliches Maß an Realitätsnähe und Wahrhaftigkeit erzielte, das bei seinem Publikum nachhallte. Neben diversen Preisen wurde diese Leistung auch mit über zwei Millionen zahlenden Kinozuschauern belohnt – für einen deutschen Film, in dem Til Schweiger nur eine Nebenrolle spielt, ein beachtliches Ergebnis.
Und eine Kassenbilanz, bei der man als Produzent automatisch nachzudenken beginnt: Da würde sich doch ein Sequel lohnen…. Diese simplen Gesetze des Geschäfts funktionieren in Deutschland nicht anders als in Hollywood, und drum ist er nun also hier: der zweite Teil. Für den leider dasselbe gilt wie für die meisten Fortsetzungen, gerade im Komödienbereich: Bei allen Bemühungen, den Charme des Originals zu wiederholen, ist das Ganze dann doch eigentlich überflüssig und wenig bis gar nicht mehr originell.
Dass Verhoeven seine nur lose verbundenen Episoden im ersten Teil mit leidlich offenen Enden versah, macht es ihm hier zumindest einfach, einen Wiedereinstieg zu finden, denn „Männerherzen und die ganz ganz große Liebe“ fängt in der Tat genau da an, wo der erste Teil aufhörte. Der im Herzen einsame Musikproduzent und Womanizer Jerome (Til Schweiger) war am Ende von Teil Eins in seine provinzielle Heimat zurückgekehrt und hat bei seiner Jugendliebe geklingelt, muss nun aber leider erkennen, dass die vor kurzem bereits einen anderen geheiratet hat. So nistet sich Jerome erstmal wieder bei seinen Eltern ein und verliebt sich alsbald in die bezaubernde Hobby-Reiterin Helena (Mina Tander). Philip (Maxim Mehmet) führt erfolgreich sein frisch gegründetes Bio-Café und bereitet sich mit seiner Nina (Jana Pallaske) auf die Geburt ihres Babys – na hoppla, es sind sogar Zwillinge! – vor und kämpft damit, eine bald vierköpfige Familie versorgen zu müssen. Niklas (Florian David Fitz) hat im ersten Teil seine anstehende Hochzeit dank einer Affäre mit der Schauspielerin Marie (Inez Björg David) ruiniert, die sich am Ende andeutende Versöhnung mit seiner Freundin hat dann doch nicht geklappt. Ohne Job und ohne Verlobte sucht Niklas jetzt ein neues Glück, alsbald überzeugt, dass Marie die einzig Wahre für ihn ist. Leider ist die aber inzwischen als Serienstar durchgestartet und es ist gar nicht so leicht an sie ranzukommen. Der zutiefst unsichere Günther (Christian Ulmen) hat zwar erfolgreich das Herz von Susanne (Nadja Uhl) erobert, traut sich aber nicht, dieses neue Glück auch voll auszuleben, sprich: mit Susanne Sex zu haben. Was die Gute langsam den letzten Nerv kostet. Susannes ob seiner unkontrollierbaren Gewaltausbrüche in den Knast gewanderter Ex-Mann Roland (Wotan Wilke Möhring) versucht sich im Gefängnis derweil an einem Anti-Aggressions-Training und hofft auf eine Wiederannäherung mit seinem entfremdeten Sohnemann.
Als loses Bindeglied zwischen den diversen Handlungssträngen fungiert diesmal der überdrehte und grandios schlechte Schlagersänger Bruce Berger (Justus von Dohnányi), der schon in Teil Eins das beste und beliebteste Comedy-Element war und hier entsprechend mehr Raum zur Verfügung bekommt, während er in Jugendwahn verfällt und das Internet für sich entdeckt, mit verheerenden Folgen. Das ist zwar durchaus lustig anzusehen und dank Dohnányis großartig überzogenem Spiel auch wieder ein echter Spaß, in seinem Verlauf aber genauso abseh- und vorhersehbar wie die dabei eingeflochtenen Gags.
Ein Vorwurf, den sich leider der gesamte Film gefallen lassen muss. Während man dem über Jahre entwickelten Drehbuch von Teil Eins noch anmerkte, wie lange und genau daran gefeilt wurde, bis die Mischung zwischen Komik und Tragik perfekt austariert war, alle Zwischentöne saßen und nur die Gags übrig blieben, die auch wirklich funktionierten, kann der zweite Teil nicht kaschieren, dass er reichlich hastig hinuntergeschrieben wurde, um die Fortsetzung möglichst schnell hinterher schieben zu können. Das wird nicht nur deutlich in der doch etwas krude und kantig zusammen gestöpselten Handlung, sondern vor allem angesichts der kompletten Oberflächlichkeit des gesamten Films. Das übergeordnete Thema nach den Anforderungen und Problemen des Mann-Seins im Hier und Heute, welches dem Original-Film seine besondere Würze und Tiefe gegeben hat, ist hier im Prinzip komplett verschwunden; an die Stelle eines durchaus tiefsinnigen Episodenfilms, der keine Angst vor realistisch-tragischen Elementen hat, ist hier eine auf den schnellen Unterhaltungswert ausgerichtete Komödie getreten, die den Klamauk sucht, wo sie nur kann.
Das muss ja per se nichts Schlechtes sein, und man (und frau) kann bei diesem zweiten Teil durchaus häufig lachen. Die hier gemolkenen Humor-Szenarien sind aber leider so offensichtlich und stereotyp, dass sie sich fast schon auf Mario-Barth-Niveau bewegen und keinerlei Überraschung zu bieten haben. So muss z.B. Philip natürlich einen Schwangerschafts-Kurs mit Hechelübungen und Klischee-Eltern durchstehen. Rolands Anti-Aggressions-Training, Günthers Angst vor der eigenen sexuellen Unzulänglichkeit und das Internet als Tummelplatz von Psychopathen und Verrückten sind ähnlich dankbare, aber allzu naheliegende Gag-Lieferanten, die deutlich darauf hinweisen, wie schnell dieser Film geschrieben und in Produktion gejagt wurde. Viele der halbgaren Gags hier wären bei einer längeren und gewissenhafteren Stoff-Entwicklung mit Sicherheit wieder gestrichen worden.
Vieles bleibt hier Stückwerk, der ganze Film nicht nur in seiner Struktur episodenhaft. Das große thematische Ganze, was den ersten Teil auszeichnete, geht hier leider komplett flöten. Dennoch ist der erste Teil fast zwingende Vorkenntnis, da sich Verhoeven so eilig in seine Handlung stürzt, dass für Figurenexposition nicht viel bzw. gar keine Zeit bleibt. Wer aus dem ersten Teil nicht mit den Charakteren und ihrer Geschichte vertraut ist, könnte sich hier etwas verloren vorkommen.
„Männerherzen und die ganz ganz große Liebe“ passiert leider dasselbe wie den meisten Fortsetzungen von romantischen Komödien, wie es Negativbeispiele wie „Bridget Jones“ oder „Keinohrhasen“/“Zweiohrküken“ vorgemacht haben: Eilig nachgeschoben werden sie zu allzu flachen Komödien ohne echtes Herz, spinnen unklugerweise eine Geschichte weiter, die eigentlich zu einem äußerst befriedigenden Ende geführt wurde und verraten so zu einem gewissen Teil den Zauber ihrer Originale, weil sie sie als Trittbrett für eine beliebige und darum letztlich irrelevante Seriellisierung benutzen. So gesehen könnte man von „Männerherzen“ auch problemlos noch einen dritten Teil machen. Der wird dann vermutlich nur halt genauso egal und unnötig wie dieser zweite.
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