Freunde des religiösen Wahnsinns kommen in diesen Wochen voll auf ihre Kosten. Erst gibt Anthony Hopkins in "The Rite" als Exorzisten, der bösen Dämonen den Garaus macht, und nun schlagen sich Nicolas Cage und Ron Perlman als letzte Tempelritter mit einem Mädchen herum, das der Hexerei verdächtigt wird. Unterschiedlicher könnten die beiden Genre-Filme jedoch kaum sein: Während "The Rite" als altmodisches, verhältnismäßig ruhiges, professionell gemachtes Exorzismus-Drama daherkommt, das eher an aufkommender Langeweile krankt, ist Dominic Senas "Der letzte Tempelritter" billiges, pubertäres Popcorn-Kino ohne Sinn und Verstand, das - so absurd das auch sein mag - dennoch halbwegs ordentlich unterhält.
Anno 1225, ein Ort namens Villach: Drei vermeintliche Hexen baumeln leblos von einer Brücke. Ein Mönch warnt vor deren Rückkehr, doch man nimmt ihn nicht ernst. Ein folgenschwerer Fehler: Kurze Zeit später ist es der Mönch, der von der Brücke baumelt. Rund 100 Jahre später: Nicolas Cage und dieser Hellboy-Typ führen eine Armee von Kreuzrittern an und wirken dabei so glaubwürdig wie die aktuelle Atomenergie-Politik der Bundesregierung. Über Jahre metzeln sich die beiden durch schlecht choreographierte Kämpfe in Tripolis und anderen Orten; mal scheint die Sonne, mal geht sie gerade unter, mal bei Nacht und mal im Schnee. Immer dabei: ein flotter Spruch auf den Lippen ("Ich nehme die 300 links, du die 300 rechts."). Als Nicolas Cage versehentlich einer Frau sein Schwert in den Leib rammt, entdeckt er sein Gewissen und stellt die Autorität der "Gottesvertretung" auf Erden in Frage.
Gemeinsam mit Hellboy zieht er von dannen, durchstreift die Steiermark und landet auf irgendeiner Burg, die scheinbar aus nicht viel mehr als einem Tor und einem Turm mit Kerker besteht. In letzterem landen die beiden Kreuzritter, nachdem sie enttarnt wurden. Ihr Preis für die Freiheit: ein junges Mädchen, dem die Schuld für die Pest gegeben wird, in eine 150 Meilen entfernte Stadt bringen, wo ihr der Prozess gemacht werden soll. Neben der Hexe und den beiden Tempelrittern mit an Bord: ein Mönch, ein Ritter, ein Betrüger, der den Weg kennt, und ein heldenhafter Jüngling. Muss leider sterbend zu Hause bleiben: ein durch die Pest bis zur Unkenntlichkeit entstellter Kardinal, hinter dessen Maske sich laut Abspann Christopher Lee verbirgt. Die abenteuerliche Reise der Gefährten beginnt.
Zu Anfang des neuen Jahrtausends hatte sich Dominic Sena einen Namen als halbwegs passabler Regisseur von starbesetzten Action-Reißern ("Nur noch 60 Sekunden", "Passwort: Swordfish") gemacht. Dann folgte fast ein ganzes Jahrzehnt gar nichts mehr. Vor zwei Jahren kehrte Sena dann mit dem Antarktis-Thriller "Whiteout" mit Kate Beckinsale in der Hauptrolle zurück. Der Film wurde von den Kritikern verrissen und floppte mit einem US-Einspiel von zehn Millionen Dollar auch an den Kinokassen. Und auch "Der letzte Tempelritter", Senas zweite Zusammenarbeit mit Nicolas Cage, fruchtete wenig: mäßige Ergebnisse am Box Office und vernichtende Urteile, die den Film in qualitative Niederungen eines "Die Legende von Aang" drängen. Ganz so schlimm ist es allerdings nicht.
Vor allem in der zweiten Filmhälfte lässt sich ein gewisser Unterhaltungswert nicht leugnen. Sei es nun die Hängebrücke, die unter der Last der Reisenden zusammenzubrechen droht, oder der Angriff eines dämonisierten Wolfsrudels. Originell ist das nicht, spannend eigentlich auch nicht, aber dennoch recht knackig inszeniert, wie man das von einem Action-Spezialisten auch erwarten darf. Im Finale, das tatsächlich mit so etwas wie einer überraschenden Wendung aufwartet, ist dann so richtig der Teufel los. In einem wüsten Effekte-Gewitter geht's auch den Protagonisten ordentlich an den Kragen. Wenn die Schlacht dann geschlagen ist, realisiert man so langsam, dass einen der Film für eine Weile tatsächlich in seinen Bann gezogen hat und all die negativen Aspekte ein wenig in den Hintergrund gerückt sind. Denn diese dominieren eher die blöd-lächerliche erste Filmhälfte.
Da reiten zwei Männer durch die Einöde, von denen jeder für sich ein paar tausend Menschenleben auf dem Konto haben dürfte, die sich aber unterhalten, als hätten sie die geistige Reife eines 15-Jährigen und würden im 21. Jahrhundert leben. Das Drehbuch verschont Nicolas Cage dabei immerhin vor einer weiteren Peinlichkeit der Marke "Wicker Man" ("Not the beeeees!"). Bedauerlich ist es trotzdem, dass sich der Oscar-Gewinner ein Jahr nach seinem grandiosen Auftritt in Werner Herzogs "Bad Lieutenant" oder der überzeugenden Nebenrolle in "Kick-Ass" schon wieder in solch einem Mumpitz wiederfindet. Ron Perlman ist kaum mehr als ein Stichwortgeber, der die besonders schlimmen Dialog-Zeilen abbekommen hat, darf sich am Ende aber immerhin über eine denkwürdige Szene "freuen". Positiv hervorzuheben ist lediglich Claire Foy, die eine angemessen durchtriebene und böse grinsende Hexe zum Besten gibt und damit ein gelungenes Kino-Debüt hinlegt.
Was bleibt ansonsten in Erinnerung? Billige, menschenleere Sets aus Pappe, bei denen nicht mal das Größenverhältnis zu den Charakteren zu stimmen scheint. Wenn man Häuser und Mauern originalgetreu nachbaut, sollte man vielleicht nicht unbedingt den 1,85 Meter großen Ron Perlman durchstapfen lassen. Selbst die glorreiche Idee, den Film fast komplett in Dunkelheit spielen zu lassen, vermag da nur wenig zu vertuschen. Der Großteil des - für Genre-Verhältnisse eher geringen - 40-Millionen-Dollar-Budgets scheint für die Gage von Nicolas Cage und die Spezialeffekte am Ende des Films draufgegangen zu sein. Die sind im Jahre 2011 zwar auch nicht sonderlich überzeugend, besitzen aber einen bizarren Charme, der sich aus ihrem massiv überzogenen Einsatz ergibt.
Man könnte meinen, hier waren absolute Nichtskönner am Werk, die mit mehr Glück als Verstand einen halbwegs spaßigen Film zustande gebracht haben. Mag man sich in der ersten Stunde noch ob der dümmlichen Dialoge, des schlechten Timings und des billigen Looks des gesamten Films gruseln, steht im zweiten Abschnitt handfeste Action im Vordergrund. Das alles ergibt in der Masse ein so amateur-stümperhaftes Bild, dass die alte Weisheit wieder greift: So schlecht, dass es fast schon wieder gut ist. Eigentlich schade, dass man diesen Film tatsächlich ernst nehmen soll. Mit etwas mehr handwerklichem Geschick und Mut zur Selbstironie hätten das vergnügliche 90 Minuten werden können.
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