Da da da. Aha. Ich geb Gas, ich will Spaß: ich mach Bubu, was machst du? Mach mir bloß keinen Knutschfleck! Denn völlig losgelöst von jeglichem Sinn im Text und Abwechslung im Rhythmus und mit minimalster Instrumentierung haben wir sie kennen und lieben gelernt: Die Neue Deutsche Welle. Im Zuge der medienübergreifenden Nostalgiewelle war es nur eine Frage der Zeit, bis auch sie wieder vom Staub befreit würde, unter dem sie sanft die letzten 20 Jahre verbracht hat. Doch in den Schubladen der Archive war sie nun wirklich zu Unrecht versteckt, war sie doch eine zwar kurze, aber sehr innovative und prägende Phase in der deutschen Musikgeschichte. Doch nun erst mal zurück in die Vergangenheit.
Wir schreiben das Jahr 1981. Der neunzehnjährige Harry Pritzel (Tom Schilling, "Crazy", "Herz im Kopf") macht ganz bürgerlich eine Lehre in der Sparkasse. Doch nebenbei, wenn es draußen dunkel wird, wird er zu Harry Foyer, dem smarten Bandmanager. Er kümmert sich um die Band Apollo Schwabing, die er in der derzeit musikalischen Provinz München ganz groß raus bringen will. Die Stadt ist bis dato von der Neuen Deutschen Welle völlig unberührt, Apollo Schwabing tingelt von einem erfolglosen Auftritt zum nächsten und wird vom Musikkritiker Wieland Schwartz (MTV-Moderator Christian Ulmen) regelmäßig niedergemacht. Das gibt Streit unter den Bandmitgliedern Vince (Robert Stadlober, "Crazy", "Engel und Joe") und Melitta (Ex-VIVA-Moderatorin Jessica Schwarz, "Nichts bereuen"), die auch als Liebespaar Probleme haben. Harry packt der Ehrgeiz, er will etwas ganz Großes, um die Band nach vorn zu bringen: Er mietet den Zirkus Krone, druckt Plakate, organisiert Bands und verblüfft alle mit dem sagenhaften Headliner DAF (Deutsch Amerikanische Freundschaft, die vielleicht wichtigste Band der NDW-Frühphase). Doch während sich die Apollo Schwabing fieberhaft vorbereitet, entwickelt Harrys Organisation eine unschöne Eigendynamik. Auf ihn kommen immense Kosten und auch zwischenmenschliche Probleme zu und vor allem: DAF wissen noch nichts von ihrem kommenden Auftritt.
Und wie es so oft den Müsliriegel zum Song und das Getränk zur Zeitung gibt, ist dieser Film ein Film zum Buch zur Musikvorlage zum Buch. "Verschwende deine Jugend" ist allerdings nicht die klassische Romanvorlage, sondern eine Dokumentation zur Entwicklung der deutschen Punkmusik, in die letztlich auch die Neue Deutsche Welle fällt. Der Autor Jürgen Teipel hat hierzu über 100 Zeitzeugen wie Blixa Bargeld, Nina Hagen, Campino und natürlich DAF interviewt und somit eine Chronik der Jahre 1976-1983 erstellt, die über das Musikalische hinausgeht.
"Verschwende deine Jugend" (ursprünglich der Titel eines DAF-Songs, womit sich der Kreis wieder schließt) ist auch eher inspiriert vom Buch als es zu verfilmen und so wurden natürlich neben die Haupthandlung der Konzertorganisation noch die obligatorischen amourösen Verwicklungen eingebaut. Doch selbst das ist zu verzeihen. Der Film ist mit soviel Liebe zum Detail, Witz und Einfallsreichtum inszeniert, wie man es von Regisseur Benjamin Quabeck ("Nichts bereuen") auch nicht anders erwarten konnte. Dazu noch die "erste Garde deutscher Jungschauspieler" wie man so schön sagt, eine nette kleine Geschichte und ein Thema, das prima in die 80er-Jahre Nostalgieschiene im Kino passt: da kann eigentlich gar nichts schief gehen.
Und schon gar nicht, wenn man sich auf Christian Ulmen freuen kann, der in seinem schlecht sitzenden Anzug und seiner fiesen Brille einen derartig schmierigen Kritiker abgibt, dass man sich doch stark an das wahre Leben erinnert fühlt. Neben Ulmens Outfit fällt die Ausstattung eh stark ins Auge, sehr authentisch und liebevoll, aber trotzdem nicht überfüllt. In den verfilmten Kindheitserinnerungen der letzten Zeit ist "Verschwende deine Jugend" auf jeden Fall ein Lichtblick.
Und deshalb: Klatsch in die Hände, geh in die Knie und tanz den Mussolini!
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