Ein vollkommen verwahrlostes, blutüberströmtes Mädchen taumelt aus einem Waldstück heraus, kämpft sich die Einfahrt eines viktorianischen Internatsgebäudes hoch, stolpert durch die leeren Flure der Schule, greift wie in Trance nach einem Münzfernsprecher im Foyer, wählt den Notruf, holt ein paar Mal tief Luft und stößt dann einen der schaurigsten Schreie der Filmgeschichte aus. Die Eröffnungssequenz des britischen Horrorthrillers "The Hole" ist dermaßen gekonnt und sinister inszeniert, dass sich die Nackenhaare der meisten Zuschauer wohl unverzüglich in eine aufrechte Position begeben werden und auch die Ausgangsidee des Films klingt recht vielversprechend: Weil sie einem Schulausflug ins verregnete Wales entgehen wollen, lassen sich vier Zöglinge eines britischen Eliteinternats von einem Mitschüler in einem längst vergessenen Luftschutzbunker einschließen, um dort ein ganzes Wochenende lang die Party ihres Lebens zu feiern. Als nach den vereinbarten drei Tagen die Bunkertür aber nicht geöffnet wird, beginnt für die vier Mädchen und Jungen ein Alptraum. Erst vierzehn Tage später taucht die traumatisierte und amnetische Liz (Thora Birch aus "American Beauty") als einzige Überlebende der Gruppe wieder auf. Mit Hilfe der einfühlsamen Polizeipsychologin Dr. Philippa Horwood (Embeth Davidth, "Schindlers Liste") beginnt das 16-jährige Mädchen die Ereignisse der vergangen zwei Wochen zu rekonstruieren. Doch schon bald kommen Dr. Horwood Zweifel an Lizs Geschichte ...
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Obwohl die überwiegend junge Besetzung es vielleicht vermuten lässt, handelt es sich bei "The Hole" nicht etwa um eine britische Antwort auf die amerikanischen Teenie-Slasher, sondern um einen extrem bedrückenden Psychoschocker. Dass der Film trotz seiner sehr dunklen und intensiven Atmosphäre nur bedingt funktioniert, liegt nicht etwa an den Darstellern, die keinen Grund zur Beanstandung geben, sondern an einem Drehbuch, das seine Wendungen viel zu früh preisgibt und das Potential der Geschichte nicht wirklich ausnutzt. Der Plot ist schlichtweg überkonstruiert, die Auflösung schon nach der Hälfte des Films absehbar und die Darstellung der Charaktere und ihrer Motivationen verliert sich besonders gegen Ende hin allzu oft in Plattitüden. Im Gegensatz zu klaustrophobischen Meisterwerken wie "Cube" und "Das Experiment" vernachlässigt "The Hole" auch die psychologischen Aspekte der Isolationssituation und beschränkt sich stattdessen darauf, den physischen Verfall der Protagonisten und ihres Gefängnisses in oftmals ekelhaften, aber nichtsdestotrotz sehr effektiven Bildern zu schildern.
Psychologin Dr. Horwood |
Sieht man erst einmal über diese offensichtlichen Schwachpunkte hinweg, dann vermag "The Hole" vor allem in atmosphärischer Hinsicht durchaus zu überzeugen. Das unheimlich ausgeleuchtete Setting sorgt für ein permanentes Gefühl der Bedrohung und auch der Verzicht auf jegliche selbstironischen oder humoristischen Ansätze trägt entschieden dazu bei, dass der Film fernab des üblichen Genremülls liegt und sein Publikum lieber auf einen unangenehmen Horrortrip schickt, als sich im billigem "comic relief" zu üben. Dabei verdankt der Film viel der bedrohlichen Musik des Ex-"Pop Will Eat Itself"-Mitglieds Clint Mansell, sowie Denis Crossans ("Ich weiß was du letzten Sommer getan hast") suggestiver Kameraarbeit.
"The Hole" ist ein kleiner, fieser Horrorfilm, der fast gänzlich ohne Schockeffekte auskommt und dafür mit einer bedrohlichen Spannung aufwartet, der allerdings auch unter erheblichen erzählerischen Mängeln leidet. Letztendlich wird es wohl von der jeweiligen Einstellung des einzelnen Zuschauers abhängen, ob er/sie sich von der dunklen Atmosphäre des Films in den Bann ziehen lässt oder die unplausible Story als bloßen Blödsinn abtun wird. Zur entspannenden Feierabendunterhaltung eignet sich der Streifen aufgrund seiner bedrückenden Stimmung aber auf keinen Fall.
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