Ein klein wenig hat man bei "Gladiator 2" ja doch zittern müssen. Seit einiger Zeit ist das mit der Qualität der Filme von Regisseur Ridley Scott nämlich gefühlt ein Glücksspiel. Sowohl seine eigene "Alien"-Reihe als auch seine Paradedisziplin, das historische Epos, haben inzwischen doch ein paar Kratzer abbekommen ("Alien: Covenant", "Exodus: Götter und Könige"). Keine Frage, Scott ist immer noch in der Lage, spektakuläre Bilder zu liefern. Doch sein Fingerspitzengefühl bei der Drehbuchwahl hat merklich nachgelassen. So gesehen ist "Gladiator 2" schon fast das logische Ergebnis, denn auch hier geben sich eine überzeugende Atmosphäre und ein eher unkreatives Drehbuch die Hand. Doch auch wenn man hier ziemlich dreist die wichtigsten Storybeats des Vorgängers kopiert und mit Paul Mescal den deutlich schwächeren Hauptdarsteller besitzt, am Ende gelingt Scott dank einem starken Denzel Washington und ordentlicher Action trotzdem ein ganz unterhaltsames Historien-Epos.
Mehr als 15 Jahre nach dem ehrenhaften Tod von Maximus Decimus Meridius (Russell Crowe) im Kolosseum von Rom ist es um das römische Reich nicht gut bestellt. Das junge Kaiserpaar Caracalla (Fred Hechinger) und Geta (Joseph Quinn) sieht das Imperium vor allem als Selbstbedienungsladen. Ganz besonders liebt es, den römischen Tribun Acacius (Pedro Pascal, "The Equalizer 2", "Kingsman: The Golden Circle") gegen dessen Willen auf blutige Eroberungsfeldzüge zu schicken. Von einem solchen kehrt dieser mit dem Gefangenen Hanno (Paul Mescal, "Frau im Dunkeln") zurück, der unter den Fittichen des intriganten Waffen- und Menschenhändlers Macrinus (Denzel Washington, "Fences", "Training Day") schon bald eine blutige Karriere als Gladiator in Rom hinlegt. Dabei ist es vor allem der Hass auf Acacius, den Hanno für den Tod seiner Frau verantwortlich macht, der Hanno antreibt. Die Umsetzung dieses Racheplans wird jedoch dadurch erschwert, dass Lucilla (Connie Nielsen, "One Hour Photo", "Wonder Woman"), die ehemalige Geliebte von Maximus und jetzige Ehefrau von Acacius, eine ganz besondere Beziehung zu dem aufstrebenden Gladiator pflegt.
Bereits 2001 hatte man sich erste Gedanken zu einer Fortsetzung von "Gladiator" gemacht – versprach damals aber, diese "natürlich nur" bei einer wirklich würdigen Geschichte umsetzen zu wollen. Da hat man jetzt ja nun wirklich genug Zeit für gehabt, und so dürfen wir uns im Jahr 2024 alle auf eine sehr kreative Fortführung der Geschichte freuen. Was in "Gladiator 2" dann folgendermaßen aussieht: Unser Held erleidet erst einen tragischen persönlichen Verlust, schlägt dann als Gefangener Roms voller Rachedurst eine Laufbahn als Gladiator ein, um am Ende in der Arena gegen korrupte Machthaber aufzubegehren. Ach, Hollywood, du faules Stück.
Das man hier offensichtlich einfach das Skript des Vorgängers aus der Schublade gezogen und kurz abgestaubt hat, darf man getrost als kreativen Offenbarungseid betrachten. Andererseits muss man auch anmerken, dass die Geschichte rund um Maximus einst nicht unbedingt die große Stärke von "Gladiator" gewesen ist. Der Film lebte damals vor allem von seinem unglaublich charismatischen Hauptdarsteller und dem großen visuellen und blutigen Spektakel, das Scott auf der Leinwand entfachte. Auf Letzteres setzt er auch hier wieder, und, wie es sich für eine Fortsetzung gehört, muss nun natürlich alles ein wenig größer und krasser sein.
Statt Tiger gibt es nun berittene Nashörner und neben klassischen Schwertduellen gar komplette Seeschlachten in einem gefluteten Kolosseum – inklusive Haien. Das ist zum größten Teil historisch jetzt gar nicht mal so weit weg von der Wahrheit, denn Seeschlachten und Nashörner hat es damals tatsächlich in der Arena gegeben, aber natürlich wird das alles hier ziemlich übertrieben dargestellt. Das ist aber auch irgendwie passend, schließlich kann man die Gladiatorenkämpfe im alten Rom schon ein wenig mit Hollywood vergleichen – auch damals sollte jedes Spektakel zum Wohl der Zuschauer ja möglichste das vorherige übertreffen. Dabei zeigt sich, dass Scott in Sachen Inszenierung nichts verlernt hat und man von ihm auch hier stets ordentliche Action und jede Menge Blut serviert bekommt. Ärgerlich ist lediglich der hin und wieder missglückte CGI-Einsatz. Das fällt besonders bei einer Horde Killer-Affen auf, die derart realitätsfern umgesetzt ist, dass man sich kurzzeitig in einem schlechten Zombie-Streifen wähnt. Trotzdem bleibt generell festzuhalten – wann immer hier ein Mensch mit Sandalen eine Arena betritt, wird es ziemlich unterhaltsam.
Während diese Stärke des Vorgängers also durchaus erfolgreich wiederbelebt wird, ist es um eine andere leider deutlich schlechter bestellt. Das Charisma von Paul Mescals Hanno, der hier mehr an den Typ "einfacher Kneipenschläger" als komplexer Held erinnert, kann dem von Russell Crowe nicht mal in Ansätzen das Wasser reichen. Am offensichtlichsten wird dies bei Hannos uninspirierten Motivationsreden – da waren wir von Maximus doch ein ganz andere Kaliber gewohnt. Dass Maximus dann auch noch hin und wieder in Rückblenden auftaucht lässt uns diesen nur noch mehr vermissen.
Eine starke Hauptfigur hätte dem Film auch angesichts einiger wirklich gelungener Nebenfiguren gut getan und das Konfliktpotential hier noch einmal auf ein ganz anderes Level gehoben. Das fängt mit dem charismatischen Pedro Pascal an, dessen Strang tatsächlich einen durchaus interessanten und frisch wirkenden Konflikt mitbringt. Das etwas nachdenklichere Spiel und deutlich ausgeprägtere Charisma von Pascal lässt einen wünschen, dass der Film sich doch mal lieber mehr auf ihn konzentriert hätte. So bleibt es "nur" bei einer interessanten Nebenrolle, aus der man am Ende noch mehr hätte rausholen können.
Ebenfalls eine durchaus frische Note ist der Auftritt der dekadenten jungen Doppelkaiser Caracalla und Geta. Gerade Joseph Quinn gelingt es hier als Geta, geschickt alleine über die Mimik deutlich schlangenhafter und unberechenbarer zu wirken, als seine Handlungen und Dialoge es eigentlich auf dem Papier aussagen. Wie sich deren Strang am Ende entwickelt, mag man vielleicht etwas abgedreht finden, es passt aber eben auch gut in das Konzept der eher "reißerischen Unterhaltung", die "Gladiator 2" bieten möchte. Richtig viel Spaß, den großen Intriganten zu geben, hat aber vor allem Denzel Washington. Der ist schlichtweg in jeder Szene auf großartige Art und Weise das manipulative Arschloch und spielt seine Rolle mit der gewohnten Klasse, so dass selbst die albernsten Entwicklungen irgendwie noch stylish und niveauvoll wirken.
Trotz aller Schwächen: Am Ende liefert "Gladiator 2" einfach ordentliche Unterhaltung – nicht mehr, aber eben auch nicht weniger. Wie glücklich man damit ist, hängt stark von den eigenen Erwartungen und der Beziehung zum Erstling ab. Wer "Gladiator" verehrt und den Nachfolger durch die strenge Nostalgiebrille betrachtet, wird vermutlich gerade wegen des fehlenden Russell Crowe enttäuscht sein. Wer dagegen den Vorgänger nicht kennt oder, wie der Autor dieser Zeilen, ihn "lediglich" als ganz unterhaltsames, aber nicht perfektes Hollywood-Kino in Erinnerung hat, dürfte angesichts weniger emotional aufgeladener Erwartungen durchaus seinen Spaß haben. Vom Oscar für den besten Film ist diese Fortsetzung natürlich ein gutes Stück entfernt, aber an einer zwar oberflächlichen aber unterhaltsamen Reise ins alte Rom ist ja nun auch nichts auszusetzen.
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