Schmetterlings-Effekt: Das Schlagen der Flügel eines Schmetterlings in Asien kann zu einem Wirbelsturm auf der anderen Seite des Globus führen.
Evan Treborn (Ashton Kutcher), Psychologiestudent an der Universität, sucht immer noch nach Möglichkeiten der Trauma-Verarbeitung: An vieles seiner durch Gewalt geprägten Kindheit kann er sich jedoch kaum erinnern, da er regelmäßig unerklärliche Blackouts hatte und sich nicht erinnern kann, was währenddessen passierte. Dies eint ihn mit seinem Vater, der schließlich in der Psychiatrie endete. Als Evan Tagebücher von früher entdeckt, kommen Erinnerungen, die er fast vergessen glaubte: an Jugendfreundin Kayleigh (Amy Smart) und ihren gewalttätigen Bruder (William Lee Scott), ihren Kumpel und die traumatischen Erlebnisse von damals. Evan entdeckt, dass er sich bei Konzentration auf das Geschriebene zurück in die entscheidenden Momente seiner Kindheit versetzen kann, in denen er unter seinen Blackouts litt. Nun versucht Evan, "die Dinge in Ordnung zu bringen". Jedoch, mit jeder Entscheidung in der Vergangenheit verändert sich auch die Zukunft in unvorhergesehener Weise. Immer verzweifelter kämpft Evan gegen das entstehende Dilemma aus Ursache und Wirkung....

"Das kann doch gar nicht funktionieren: Die Story ist totaler Blödsinn und Ashton Kutcher spielt mit". So der Kommentar einer Bekannten zu "Butterfly Effect", das Debüt von Blödelbarde Ashton Kutcher ("Ey Mann, wo ist mein Auto") in einem Drama und als alleiniger Hauptdarsteller. So weit, so richtig: Ja, die Story ist Blödsinn. Ja, Kutcher spielt nicht gut. Schön, dass "Butterfly Effect" angesichts dieser Hindernisse zumindest kein Totalabsturz geworden ist, sondern ein unterhaltsamer und durchaus spannender Film.
Aber fangen wir erst mal mit dem Negativen an. Dessen Name: Ashton Kutcher. Er ist der Mann, den man liebend gerne hasst. Zumindest war das der Eindruck, den die amerikanischen Kritiker machten, als im letzten Jahr, "Butterfly Effect", in die Kinos kam, unisono verrissen wurde und besonders die Gehässigkeit ihm gegenüber kaum Grenzen kannte. Und das ist leider durchaus begründet. Daher ist es nicht einmal unbedingt das Grundproblem, dass Komiker (oder die, die meinen, sie seien welche) eint, sobald sie versuchen in Ernsthaftigkeit zu machen - nämlich, dass sie durch ihre vorherigen Rollen (hier: der Depp aus "Die wilden Siebziger" und der Versteckte-Kamera-Lausbub von "Punk'd") zu sehr festgelegt sind. Die Wahrheit: Kutcher ist ein äußerst mäßiger Schauspieler und hier schlicht überfordert. Als Darsteller ist er etwa so facettenreich und ausdrucksstark wie Ben Affleck und Keanu Reeves. Da er im Verlaufe dieses Films ständig Entsetzen, Schock, Trauer und weitere tiefe Emotionen darstellen soll, sorgt diese Limitiertheit für eine ganze Reihe grandioser Grimassen, die lustig sind, obwohl Kutcher sie bitter ernst meint. Er glaubt nämlich, diese Emotionen stelle man am besten dar, in dem man die Augen ganz weit aufreißt und den Mund offen stehen lässt. Kutcher zieht konstant einen Gesichtsausdruck, als hätte er seine Eltern grad beim Sex erwischt. Gute Darstellungskunst sieht anders aus. Bemerkenswert ist immerhin Eric Stoltz in einer Nebenrolle als schmieriger Pädophiler in einer deutlichen Parallele zu Patrick Swayzes Figur in "Donnie Darko".
Trotz falschem Hauptdarsteller funktioniert "Butterfly Effect" - zumindest über drei Viertel seiner Laufzeit. Dies ist der zweite Schwachpunkt, denn das Drehbuch- und Regieduo kommt zumindest zum Schluss ins Schleudern. Das Problem ist gar nicht mal, dass die Story riesige Logiklöcher hat und das gesamte Konzept sehr bequem angelegt ist (Kutchers Figur guckt auf sein Tagebuch und ist in dem Moment in der Vergangenheit - Zeitreise einfach gemacht). Das ist nämlich erstens bei Zeitreisefilmen grundsätzlich ein Problem und zweitens tut es dem Vergnügen kaum Abbruch. Das Problem, wie des öfteren momentan: Dieser Film ist zu lang, und zwar mit fast zwei Stunden etwa eine gute halbe Stunde. So lange Bress und Gruber die Dinge am Laufen halten und der Zuschauer keine lange Zeit zum Nachdenken hat, fesselt "Butterfly Effect". Jedoch übertreiben es die beiden Herren, indem sie in immer vorhegsagbarer werdenden Eskalationsszenarien noch eine schlimmere Zukunft an noch eine schlimmere Zukunft hängen. Da verliert der Film dann irgendwann die emotionale Bindung zum Zuschauer und dem kommt das Ganze mehr und mehr wie ein Trick vor. Wenig hilfreich ist auch, dass der Zuschauer bereits anderthalb Zeitsprünge und 20 Minuten vor Kutchers Protagonist die Lösung des Problems gefunden hat.
Womit dieser Film dagegen punkten kann: Ein nicht tot zu kriegendes und immer wieder wirksames Zeitreise-Konzept sowie Atmosphäre in Eimern. Gerade die erste halbe Stunde, in der Treborns desaströse Kindheit abgehandelt wird, ist extrem spannend und dicht inszeniert. Dabei allerdings auch sehr düster und brutal. Zarte und zarteste Gemüter brauchen da schon starke Nerven, wenn Kinder missbraucht, Haustiere massakriert und Menschen zusammengeschlagen werden. Faszinierend, wie in einem auf ein Mainstream-Teenagerpublikum abgerichteten Film derart konsequent Abgründiges gezeigt wird. Zwar war das Team Gruber und Bress auch bei ihrem letzten Film, dem ebenfalls recht einfältigen, aber unterhaltsamen "Final Destination 2" nicht zimperlich, aber hier geht es ganz schön zur Sache.
Vielleicht wäre "Butterfly Effect" allerdings besser geworden, wenn man die ganze Geschichte nicht gar so ernst und düster aufgezogen hätte, denn dann wären einem die Unzulänglichkeiten bei der Behandlung der vorkommenden Themen (etwa die doch recht klischierte Psychologie der Figuren und das schon erwähnt simple Zeitreisekonzept, das im Grunde eigentlich gar kein Konzept ist) nicht so aufgefallen. Oder man hätte die Ideen dieses Films wirklich ernst nehmen müssen und dementsprechend wirkliche Mühe in bessere Recherche und einen glaubwürdigeren Rahmen investieren müssen (nochmals: siehe "Donnie Darko", der aufzeigt, wie man so etwas intelligent und stilvoll löst). Wie dem auch sei, immerhin kann man Bress und Gruber nicht absprechen, dass sie - auch wenn es dann an der Ausführung mehr als einmal mangelt - mehr wollen, als die üblichen Verwicklungen, für die so ein Zeitreisefilm prädestiniert ist. Und daher ist "Butterfly Effect" innerhalb seines begrenzten Horizonts effektiv, spannend und unterhaltsam.
Das Fazit "Donnie Darko für Arme" mag ja etwas gemein erscheinen, aber auch der kleine, etwas einfältige Bruder eines Genies kann ja durchaus charmant und interessant sein. Wenn auch nur bei der ersten Verabredung.
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