The Inside Man

Originaltitel
The Inside Man
Land
Jahr
2006
Laufzeit
129 min
Genre
Regie
Release Date
Bewertung
8
8/10
von Patrick Wellinski / 11. Juni 2010

 

1975 inszenierte Sidney Lumet den Thriller "Hundstage". Sonny, gespielt von Al Pacino, begeht darin mit einem Komplizen einen eher improvisierten Banküberfall, der scheitert - der vielleicht größte Klassiker im Subgenre des Geisel-Thrillers. In "The Inside Man" wird auch eine Bank ausgeraubt. Doch hier sind die Absichten ganz andere als die von den Protagonisten aus "Hundstage". Der Film ist wirklich eine sehr positive Überraschung von Kultregisseur Spike Lee ("Malcolm X", "25 Stunden"), der sich im Thriller-Genre bisher kaum bewiesen hat. Dabei ist die Grundkonstellation eine eher banale:

Ein Tag in New York. Manhattan, um genau zu sein. Hier, an der Wall Street, pulsiert das Leben. Und während wir die wirklich exzellent montierte Anfangssequenz einer Bankhalle sehen, kommt das Böse einfach so durch die Eingangstür. Eine Verbrechergruppe unter der Führung des mysteriösen Dalton Russel (Clive Owen, "Hautnah", "Sin City"), raubt am helllichten Tag die Bank aus und nimmt alle sich in ihr befindlichen Menschen als Geisel. Es dauert nicht lange, und die Polizei hat die ganze Bank umstellt. Geleitet werden die Ermittlungen vom Polizei-Verhandlungsexperten Detektive Keith Frazier (Denzel Washington). Es entwickelt sich das übliche Katz und Maus-Spiel zwischen Cop und Gangster. Doch da taucht plötzlich die zwielichtige Madeline White (Jodie Foster) auf und mischt sich in die Ermittlung von Frazier ein. Aus dem anfänglichen Duell wird eine "Menage á trois" der ganz besonderen Sorte.

Das Beeindruckende an dem neusten Werk von Spike Lee ist, dass der Film die Spannung konsequent während der ganzen Laufzeit aufrecht erhält. Das ist deshalb bemerkenswert, weil Lee nicht ständig Bilder vom blutigen Gemetzel zwischen Polizei und Gangsterbande zeigt. Er hat das nicht nötig. Überhaupt wird eher wenig geschossen und getötet. Es gelingt Lee, eine bedrückende Atmosphäre zu erzeugen ohne sich dabei ständig in den üblichen Bankraubklischees zu verlieren. Hier reichen oft die Bilder und die Kameraeinstellungen, die die Gesichter der Hauptdarsteller einfangen, um ein direktes Gefühl der Spannung zu erzeugen.
Die brutale Gewalt entwickelt sich zunächst ganz subtil aus dem Aufeinandertreffen der drei Akteure. Und genau in diesen Momenten ist "The Inside Man" unheimlich stark. Dabei ist Washington Dreh- und Angelpunkt der ganzen Geschichte. Er lässt sich konsequent auf seinen Charakter ein, der als zu Beginn belächelter Cop mit seinen Aufgaben über sich hinaus wächst. Sein nuanciertes Spiel, wenn er zum Beispiel auf Captain John Darius (Willem Dafoe) trifft, ist eiskalt und ironisch zu gleich, ohne dabei in jegliche Lächerlichkeit abzugleiten. Und wenn Washington Clive Owen begegnet, explodiert förmlich das Bild. Es knistert zwischen den beiden, und jedes Wort und jede Geste hat eine außerordentliche Energie, die man ohne weiteres spüren kann. In dieser Intensität erinnern die beiden zeitweise an Al Pacino und Robert de Niro in Michael Manns "Heat". Und dann ist da noch die unberechenbare Jodie Foster, die es endlich nach dem Mainstream-Doppelschlag "Panic Room" und "Flight Plan" schafft, aus dem Treusorgende-Mutter-Image herauszuspringen und einfach wieder nur die unerreichbare Lady mimt, die Rolle also, die sie schon immer perfekt beherrschte.

Schwächen? Leider ja. So ist der rein dramaturgisch schon fast brillant eingeschlingelte Subplot über einen Nazikollaborateur, der wichtige Dokumente aus der Bank schaffen will, so interessant und facettenreich inszeniert, dass man einfach nur beleidigt ist, dass diese Geschichte in einem fast schon unverschämten Tempo abgearbeitet wird. Dabei ist der Stoff so stark, dass er auch als Hauptelement durchgegangen wäre.
Lee hat in seinem neusten Film wohl wieder versucht, eine Art politisches Statement zu bearbeiten. So sind Geschichten, die nach dem 11.Spetember in New York spielen, irgendwie immer eine Reflektion über die Anschläge, doch ein paar arabische Geiseln und einige sehr groteske Beschuldigungen beim Kreuzverhör sind dann doch zu wenig, um als ernsthafter Kommentar zum Thema Terrorismus durchzugehen.

Aber trotz dieser mehr oder weniger herausragenden Schwächen bleibt "The Inside Man" ein wirklich gelungener Thriller. Lee hätte Gefahr laufen können, sich zu sehr an Lumets "Hundstage" zu orientieren. Doch bis auf ein augenzwinkerndes Zitat auf den Film in einer Ansprache von Frazier zeigt sich Lees neuester Streifen eigenständig und unabhängig vom großen Vorbild. Es gelingt dem Regisseur das Kunststück, ein Werk der Implosion und nicht der Explosion geschaffen zu haben, und das gab es schon lange nicht mehr.

Bilder: Copyright

7
7/10

"Es knistert zwischen den beiden, und jedes Wort und jede Geste hat eine außerordentliche Energie, die man ohne weiteres spüren kann. In dieser Intensität erinnern die beiden zeitweise an Al Pacino und Robert de Niro in Michael Manns "Heat". "

Das soll ja wohl ein Witz sein.
Clive Owen und Denzel Washington sind ohne Zweifel gute Schauspieler, aber sie mit Göttern wie De Niro und Pacino zu vergleichen und "Inside Man" mit einem Meisterwerk wie "Heat", das ist schon frech.
Jodie Foster treibt ihr Overacting bis zum geht nicht mehr...
Ansonsten ist der Film gut.
Er ist spannend und trickreich, aber Vorsicht mit solchen Vergleichen.

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Nichts für ungut, aber einen Schauspieler als "Gott" zu titulieren finde ich doch auch mehr als nur vermessen ...
Grandios, unerreicht oder was auch immer hätte auch gereicht.

Zur Frage von wo der brave Bankräuber die Infos hat lässt für mich nur den Schluss zu, dass seine Komplizen jüdischer Abstammung des Rätsels Lösung sind. Ist aber nur ne Vermutung.

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Hi zusammen,

Achtung mal wieder was zum Inhalt vom film, bzw. zum Ende:

Was will der Bulle am Schluss von Mrs. White, als er ihr den Ring gibt und irgendwas vom Amt für Kriegsverbrechen erzählt? Soll sie entscheiden, ob der Nazi verraten werden soll? Oder erkauft er sich so seine Beförderung?
Ich steig da echt nicht durch!

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9
9/10

@XERXES
M.E. übergibt Frazier den Ring nicht an Mrs. White, sondern nimmt ihn wieder mit. Eigentlich zeigt er damit nur, dass er hinter das Geheimnis des Schliesfaches gekommen ist.
Seine Beförderung hatte er schon vorher in der Tasche. (Urkunde im Glasrahmen)

Für mich war es ein sehr unterhaltsamer Film. Habe ihn gleich zweimal angeschaut.

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10
10/10

Es ist einfach ein super Film, da gibt es nichts weiter zu sagen!

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