Das Ende eines Kino-Trends ist spätestens dann gekommen, wenn der Vorrat an nutzbarem Material deutlich zu schwinden beginnt (was die Filmstudios allerdings nicht davon abhält, noch solange dieselben Muster durchzukauen, bis es wirklich keiner mehr sehen will). Bestes aktuelles Beispiel: Die Comic-Welle. Losgetreten durch die "X-Men" und mit den beiden "Spider-Man"-Filmen als unbestrittenen Höhepunkten, hat sich das Phänomen in kaum vier Jahren schon wieder überlebt. Die großen Franchises des Genres sind mit dem diesen Sommer folgenden "Die Fantastischen Vier"-Film allesamt abgegrast (abgesehen von der unendlichen Geschichte einer Neu-Adaption von "Superman"), schon jüngere Produktionen wie "Hellboy", "Daredevil" und "Constantine" mussten sich bereits Helden aus der zweiten Garde bedienen. Dass "Elektra" nicht mehr als ein notdürftiger Spin-off von "Daredevil" ist, zeigt überdeutlich den Notstand an brauchbaren neuen Helden. Dass dieser Film in den USA noch übler floppte als "Catwoman" ist indes nicht unbedingt ein Beweis, dass weibliche Superhelden einfach kein Publikum generieren können, sondern eher dafür, dass es eben nicht reicht, wenn man sich seitens der Produzenten einzig auf die Anwesenheit einer attraktiven Hauptdarstellerin verlässt, und Elemente wie eine überzeugende Story gänzlich vernachlässigt.
Wer sich übrigens wundert, wie Jennifer Garner als Elektra hier ihren eigenen Kinofilm bekommen kann, wo sie doch im Verlaufe von "Daredevil" das Zeitliche gesegnet hat, kann schnell beruhigt werden: Als Schützling des Kampfkunstmeisters Stick (Terence Stamp, als General Zod in den ersten beiden "Superman"-Filmen übrigens ein Veteran des Genres) wurde Elektra - dank der mythischen Heilkräfte, die gerne mit asiatischer Kampfkunst einhergehen - wieder zum Leben erweckt, fristet nach dem Rauswurf aus ihrer Ausbildung bei den von Stick geführten Mächten des Guten nun aber ein Dasein als Auftragskillerin. Bis sie auf die junge Abby Miller (Kristen Prout) und ihren Vater Mark ("ER"-Doktor Goran Visnjic) angesetzt wird, die sie nicht nur an ihre eigene Vergangenheit erinnern, sondern als Zielscheiben der legendären Verbrecher-Organisation "Die Hand" Elektra auch in den großen Kampf von Gut gegen Böse zurückholen.
Und was das für ein Kampf hätte werden können, denn das Ausgangsmaterial ist sogar recht vielversprechend: Mit Kopfsprung in die Fantasie-Welt der Comics eintauchend, konfrontiert "Elektra" seine Heldin mit einer Gruppe von Ninja-Kämpfern als Gegner, von denen jeder eine besondere (magische) Fähigkeit hat, und die dank überzeugender und effektiver Einführung auch durchaus Respekt verdient haben - soll heißen: Vor denen kann man schon Schiss haben.
Statt spektakulärer Duelle mit diesen nahezu unbesiegbar erscheinenden Gegnern präsentiert "Elektra" allerdings lieber pseudo-introspektives Drama und versucht sich an Einblicken in das Seelenleben seiner Heldin, ohne dabei so recht fündig zu werden. Die - verhältnismäßig wenigen - Actionsequenzen kommen und gehen ziemlich schnell, sind nämlich stets von wenig beeindruckender Dauer und enden zudem allesamt höchst unbefriedigend. Ohne jetzt zuviel verraten zu wollen, aber wie die scheinbar übermächtige Gegner-Truppe hier nach und nach dezimiert wird, ist in jedem Falle so erschreckend unspektakulär, dass man selbst die Action mit einem Gähner abstrafen und Abzüge wegen Einfallslosigkeit verteilen möchte.
Trotz recht geschmeidiger Laufzeit von kaum mehr als 90 Minuten schafft es "Elektra" so, selbst Freunde des Genres über weite Strecken zu langweilen, wird hier doch viel zu viel Zeit damit verschwendet, der Heldin ein gequältes Innenleben plus Kindheitstrauma anzudichten, das nicht einmal befriedigend aufgelöst wird. Hierzu muss Jennifer Garner (die zusammen mit ihrer Rolle in "Daredevil" vertraglich zu diesem Spin-off verpflichtet wurde und sichtlich keine Freude an dem Projekt hatte) dann die ganze Zeit gequält und leidvoll in die Kamera blicken und darf ergo nicht einen Funken der lebensfrohen Energie versprühen, die in "Daredevil" oder "30 über Nacht" erwiesenermaßen der Schlüssel für ihren Erfolg war.
So verschwendet "Elektra" das Talent und Potential seiner Hauptdarstellerin ebenso zielsicher wie die Ansätze für überzeugende Action. Unfreiwillig sinnbildlich hierfür ein aufwendig designter Bogen, mit dem Elektra zunächst auf Abby und Mark anlegt, bevor ihr Gewissen sie eines Besseren belehrt. Eine schon rein visuell beeindruckende Waffe, die viel Spektakel verspricht - im Rest des Films aber nie wieder auftaucht und so nicht ein einziges Mal abgefeuert wird.
Wenn Elektra dann gegen Ende einer Story ohne erwähnenswerten Spannungsbogen reumütig in die Lehre von Meister Stick zurückkehrt, entpuppt sich schließlich auch dieser Film noch als einfallsloser "Matrix"-Kopierer (Morpheus lässt grüßen). Das Geheimnis und die damit einhergehende Signifikanz der latent nervigen Teenie-Göre Abby (warum es nämlich "Die Hand" so auf sie abgesehen hat) ließ sich zu diesem Zeitpunkt bereits lange absehen und kann ebenfalls niemanden mehr hinterm Ofen hervor locken.
Dass "Elektra" im Vergleich der Superheldinnen-Starvehikel gegenüber "Catwoman" immer noch in allen Bereichen klarer Punktsieger ist, bleibt das einzig Positive, was man über diesen Film sagen kann. Angesichts der komplett indiskutablen Konkurrenz ist aber auch das nicht wirklich eine nennenswerte Leistung. Mit einer lahmen Story, einer chronisch unterforderten Hauptdarstellerin und wenig überzeugenden (sowie viel zu kurzen) Actionsequenzen erweist sich "Elektra" als größte Schnarchtablette unter den Comic-Verfilmungen, und dürfte somit auch hierzulande ein schnelles Ende an den Kinokassen finden.
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