Gut anderthalb Jahrzehnte nachdem sich der bis dahin durchgehend erfolgsverwöhnte Roland Emmerich mit seiner Interpretation des traditionsreichen japanischen Monsters verhob und bei vielen Fans für regelrechte Empörung sorgte, wagt sich Hollywood erneut an einen „Godzilla“-Film. Unter der Regie des - seit seinem passenderweise „Monsters“ betitelten Film - mit dem Genre vertrauten Gareth Edwards wurde eine deutlich ernsthaftere und vor allem werkgetreue Adaption angekündigt. Das klang durchaus spannend und vielversprechend, hatte sich Edwards doch mit seinem Debut als starker Geschichtenerzähler eingeführt. Spannend aber auch deshalb, weil dieser „Low Budget“-Film noch keinerlei Rückschlüsse darauf zuließ, wie der Regisseur mit einem deutlich größeren Etat umgehen und eine echte Blockbuster-Produktion umsetzen würde. Das Ergebnis zeigt nun, dass er damit keinerlei Schwierigkeiten, sondern im Gegenteil sehr wohl ein Händchen für aufwändige Actionszenen hat. Allerdings leidet der neue „Godzilla“ wie andere Genrefilme der letzten Jahre auch schon fast an einem Übermaß der Gigantomanie und erstickt damit zum Ende hin seine eigentlich interessant aufgezogene Story.
Fünfzehn Jahre nachdem der Amerikaner Joe Brody (Bryan „Breaking Bad“ Cranston) seine Frau (Juliette Binoche) bei einer Explosion im japanischen Kraftwerk von Janjira verloren hat, jagen ihn noch immer die Dämonen der Vergangenheit. Brody und seine Frau hatten damals in der Atomanlage gearbeitet und noch immer ist der verbitterte Mann auf der Suche nach Antworten, was genau zu der Katastrophe geführt hat. Seine Nachforschungen auf eigene Faust bringen ihn immer wieder in Schwierigkeiten, so dass sich sein mittlerweile erwachsener Sohn Ford (Aaron Taylor-Johnson) nicht zum ersten Mal auf den Weg machen muss, um seinen störrischen Vater rauszuhauen. In Japan angekommen landen beide schließlich in einer abgesperrten Anlage, in welcher der Wissenschaftler Serizawa (Ken Watanabe) mit seiner Assistentin Dr Wates (Sally Hawkins) offensichtlich seit Jahren ein geheimnisvolles Wesen gefangen hält. Doch die Situation gerät außer Kontrolle und das Wesen namens „Muto“ kämpft sich frei, nicht ohne eine Schneise der Verwüstung zu hinterlassen. Während die Versuche des Militärs, die Kreatur auf ihrem Weg Richtung Amerika zu stoppen, zunächst fruchtlos bleiben, tauchen im Rest der Welt weitere ähnliche Wesen auf. Ford Brody wird auf dem Weg zu seiner in San Francisco wartenden Frau nicht nur immer wieder mit „Muto“ in Kontakt geraten, sondern auch dem noch gewaltigeren Monstrum begegnen, dass sich plötzlich aus dem Meer erhebt und anscheinend das gleiche Ziel hat. Eine Kreatur, die man in Japan unter dem Namen „Godzilla“ kennt.
Schon im Vorspann nimmt der Film mit grobkörnigen alten Wochenschaubildern direkten Bezug auf den „Ur“-Godzilla aus den fünfziger Jahren und zeigt, wie dieser nur vermeintlich vom japanischen Militär besiegt wurde und im Meer verschwand. Zweifellos ein cleverer Schachzug um die skeptischen Fans der Franchise auf seine Seite zu ziehen und deutlich zu betonen „Seht her, wir sind uns der Historie dieser Figur sehr wohl bewusst“. Die Entscheidung, einen Großteil der Handlung in Japan spielen zu lassen, sorgt zusätzlich dafür, eine Art „So ist es richtig“-Gefühl zu erzeugen und damit schon mal den Kardinalfehler der eher berüchtigten als berühmten Emmerich-Version zu vermeiden.
Auch wenn man trotzdem die Mehrzahl der Hauptrollen mit US-Schauspielern besetzt hat, so ist die Geschichte doch jederzeit fest in der japanischen Mythologie verankert, welche diese dort „Gojira“ genannte Figur ganz klar mit dem Trauma der Atombombenabwürfe auf Japan und den anschließenden Atomtests im Pazifik verknüpft. Ein weiteres Merkmal der sich in den sechziger und siebziger Jahren dann immer mehr zur eher harmlosen Familienunterhaltung entwickelnden „Godzilla“-Filme war dessen Wandlung zu einer nicht mehr prinzipiell rein „bösen“ Figur, die schließlich immer öfter der Menschheit gegen andere Feinde zu Hilfe kam. Auch daran knüpft man nun an, indem die deutlich größere Bedrohung andere Monster darstellen. Den Auftritt der Titelfigur zögert man dagegen nach alter Schule geschickt hinaus und zeigt sie erst spät in ihrer vollen Größe und ganzen Pracht.
Das Design darf dabei allemal als gelungen bezeichnet werden, auch wenn man schon einige Veränderungen zum ganz klassischen Aussehen vorgenommen hat. Bei der Umsetzung der Monster und auch bei deren Kämpfen untereinander oder gegen das geballte Waffenarsenal der Armee gibt sich der Film keine Blöße und bewegt sich visuell und tricktechnisch auf hohem Niveau. Im weiteren Verlauf geraten dabei allerdings die zu Beginn noch dominanten menschlichen Figuren immer weiter in den Hintergrund und die Kampf- und Schlachtszenen übernehmen irgendwann eindeutig das Kommando. So bleibt dann auch nicht mehr viel Raum für bewegende emotionale Szenen, wie sie dieser Regisseur noch in „Monsters“ gerade zum Ende hin zu setzen vermochte. Solche Momente gibt es hier nur zu Beginn, wobei vor allem Bryan Cranston in seiner Rolle als verzweifelter und getriebener Witwer zu beeindrucken weiß. Der eigentliche Hauptdarsteller Aaron Taylor-Johnson konnte in „Kick-Ass“ und vor allem Oliver Stones „Savages“ zwar schon sein Talent nachweisen, hier ereilt aber auch ihn das typische Schicksal einer im Action-Blockbuster lediglich von hier nach dort getriebenen, rein funktionalen Figur – was natürlich für seine hauptsächlich wartende und dann bedrohte Frau daheim genauso gilt und damit hätten wir auch bereits alles über die „weibliche Hauptrolle“ von Elizabeth Olsen gesagt.
So hübsch das alles umgesetzt und anzuschauen ist – bei der endlosen Materialschlacht im letzten Drittel des Filmes stellen sich einfach irgendwann Ermüdungserscheinungen ein, auch wenn man versucht den Monstern tatsächlich so etwas wie „Charakter“ zu verleihen. Letztlich unterschiedet sich das Getöse beim Showdown aber dann doch nicht allzu sehr von den Kollegen aus „Pacific Rim“ oder „Transformers“ und es stellt sich schon die Frage, wie oft man das denn noch in bombastischem 3D haben muss, selbst wenn es jedes Mal technisch noch einen Tick besser aussieht. Das ist aber letztlich auch eine Geschmacksfrage, denn dieser neue „Godzilla“ macht eben ohne Frage Vieles richtig und zeitweilig auch richtig Spaß. Dieser Figur hat man jedenfalls schon deutlich Schlimmeres angetan.
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