Mitte des 18. Jahrhunderts wandert die Familie Collins nach Amerika aus, baut sich dort ein kleines Fischerei-Imperium auf und nennt sogar bald ein Schloss ihr Eigen. Der wohlgeratene Sprössling Barnabas Collins (Johnny Depp) führt ein angenehmes Leben, bis er sich eines Tages den Zorn der Magd Angelique (Eva Green) zuzieht, indem er deren Liebe verschmäht. Die Enttäuschte ist jedoch fatalerweise eine Hexe, sorgt für den Freitod von Barnabas' großer Liebe und verflucht ihn anschließend dazu, als Vampir weiterleben zu müssen. Von den Dorfbewohnern gejagt wird der arme Barnabas schließlich lebendig begraben und erst gut 200 Jahre später unbeabsichtigt aus seinem Grab befreit. Mit der Familie Collins ging es seitdem steil bergab, die aktuelle Patriarchin Elizabeth (Michelle Pfeiffer) verwaltet das runtergekommene Anwesen mit nur wenig Unterstützung ihrer missratenen Kinder Carolyn (Chloe Grace Moretz) und Roger (Johnny Lee Miller) sowie der dem Alkohol verfallenen Ärztin Dr. Hoffman (Helene Bonham Carter) und dem schäbigen Verwalter Loomis (Jackie Earle Haley). Barnabas Collins sieht sich gezwungen die Familienehre wieder herzustellen und findet sich auch ganz langsam in der modernen Welt zurecht. Bis schließlich eine alte Feindin wieder auftaucht…
Einer neuen Zusammenarbeit von Kinomagier Tim Burton und seinem Leib- und Magendarsteller Johnny Depp sehen nach wie vor die Meisten mit einiger Vorfreude entgegen, auch wenn es bereits das nicht nur gefühlte, sondern tatsächliche achte gemeinsame Werk der Beiden ist. Und vielen zudem bei dem kommerziell aber sehr erfolgreichen „Alice im Wunderland“ zuletzt ein wenig der typisch schräge und subversive Touch fehlte. Den hat Burton nun wiedergefunden, zumindest in der ersten Hälfte von „Dark Shadows“, einer Adaption der gleichnamigen, hierzulande nahezu unbekannten TV-Serie aus den 60er und 70er Jahren. Diese war mit weit über 1000 Episoden im Grunde eine typische amerikanische Familien-Seifenoper mit ein paar übernatürlichen Elementen und der Entstehungszeit entsprechenden, kargen Spezialeffekten.
Da der neue Film nicht allzu viel damit zu tun hat, muss man die alte Reihe aber auch nicht gesehen haben. Denn Burton kreiert hier natürlich wieder sein ganz eigenes Universum aus schrägen Typen und verspielten Dekors mit leichtem Gruselfaktor. Ganz leichtem allerdings nur, denn deutlich erkennbar ist sein „Dark Shadows“ als reine Komödie angelegt, bei der auch das Massakrieren von diversen Unschuldigen durch den durstigen Vampir nicht weiter dramatisch ist und beim Zuschauer nur wenig Sympathien kostet, bedauert der unfreiwillig Untote doch auch stets brav seine Untaten. Johnny Depp zeigt sich dabei in ausgezeichneter,€€ spielfreudiger Form und erinnert in seinem fahlen Make-Up ein wenig an die allererste Burton/Depp–Arbeit „Edward mit den Scherenhänden“.
Letztendlich dreht sich der ganze Film aber so eindeutig um ihn und seine Verkörperung des Barnabas Collins, dass trotz eines großen und namhaften Ensembles für alle anderen nur wenig Platz bleibt. Lediglich die blondierte Eva Green als mächtige Gegenspielerin Angelique gibt reichlich Kontra und wirft sich dabei in eine sexy Garderobe nach der anderen. Auch „Kick Ass“-Darling Chloe Moretz bekommt als verpeilter Problem-Teenager noch ein paar nette Sätze ab, während die Damen Bonham Carter und vor allem Pfeiffer doch recht wenig zu tun haben. Die am Anfang unter den wuchtigen Klängen von "Nights in White Satin" quasi als zweite Hauptfigur eingeführte neue Nanny Victoria Winters (Bella Heathcote) verschwindet später sogar fast völlig aus der Handlung. Über die sonstigen Herren neben diesem Kaleidoskop wahrer Powerfrauen wollen wir gar nicht erst groß sprechen, sie selbst tun es schließlich auch nicht. Ebenfalls recht zwecklos ist die Suche nach einer richtigen Geschichte, denn im Grunde handelt es sich um nicht viel mehr als eine eher ziellos vor sich hin witzelnde Nummernrevue.
Was lange Zeit deshalb nicht weiter schlimm ist, weil der „Fisch aus dem Wasser“-Barnabas bei den Versuchen, seine antiquierte und hüftsteife Art den Gepflogenheiten der wilden Siebziger und den Ausläufern der Flower Power-Bewegung anzupassen, viel Freude bereitet und diverse Dialoge zu amüsieren wissen. Aus der Kulisse dieser Dekade wird dann auch reichlich Honig gesaugt, da faseln drogenumnebelte Hippies von Liebe und Frieden, schmettern die biederen Carpenters ihr „Top of the World“ und sieht Alice Cooper doch tatsächlich aus wie Alice Cooper.
Doch schon hier sitzt nicht jede Idee, denn wenn das große "M" einer bekannten Burgerkette von Barnabas als Symbol für "Mephisto" interpretiert wird ist das nicht nur an sich recht plump, sondern wird auch genauso inszeniert. Und nach einer guten Stunde geht nicht nur der großen Discokugel das Licht aus, sondern dem Drehbuch leider auch ein wenig die Ideen. Was folgt sind ein paar zu viele „Liebe mich gefälligst, sonst tue ich was ganz Schlimmes“-Aktionen von Hexe Angelique und ein langgezogener, viel zu konventioneller Action-Showdown für den sich ein Tim Burton doch eigentlich zu fein sein sollte.
So sind die „Dark Shadows“ zwar alles in allem schon ein Vergnügen, allerdings eines welches mit zunehmender Laufzeit immer mehr nachlässt. Die mit dem Schlussbild in Aussicht gestellte Fortsetzung braucht es daher wohl nicht unbedingt und Burton dümpelt vorläufig noch etwas weiter im Mittelmaß dahin. Schade.
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