Wild Wild West

Originaltitel
Wild Wild West
Land
Jahr
1999
Laufzeit
107 min
Release Date
Bewertung
3
3/10
von Frank-Michael Helmke / 23. Dezember 2010

Rezension Rainer Leurs:

Es gibt Menschen, die kommen auf völlig abgefahrene Ideen: 
Laß uns einen Film drehen, der 1869 stattfindet, im Wilden Westen, mit James-Bond-Handlung, mit ordentlich Science-Fiction drin. Und das ganze als Komödie. Dieses bizarre Konstrukt geht immerhin schon auf die Sechziger zurück, als die Fernsehserie „Wild Wild West“ in Amerika lief (bei uns übrigens erst 1989 - 91 auf Sat 1). Nun kommt das Spielfilm-Remake dieser Produktion in die deutschen Kinos, die Story um zwei Spezialagenten, die im Auftrag von US-Präsident Grant einen Putsch vereiteln sollen.


Diese beiden Kerle, das sind James West (Will Smith) und Artemus Gordon (Kevin Kline) - zwei 007-Verschnitte des 19. Jahrhunderts, die sich überhaupt nicht grün sind. West, in bester Bond-Tradition ganz in schwarz und ständig tief im Frauenfleisch, benutzt vorzugsweise Fäuste und Revolver, um Probleme zu lösen - US-Marshall Gordon dagegen, gebildet und sensibel, arbeitet lieber mit gewaltlosen Tricks, seinen Erfindungen und (fast) perfekter Tarnung.  Von höchster Stelle gemeinsam beauftragt, müssen die beiden sich nun irgendwie arrangieren, denn ihr Gegenspieler ist der widerliche Dr. Loveless (Branagh). Daß diesem genialen Geist irgendwie der gesamte Unterleib abhanden gekommen ist, so daß er nun in einem dampfgetriebenen Rollstuhl durch den Westen tuckert, kann ihn nicht daran hindern, sämtliche prominenten Wissenschaftler entführen zu lassen.

Mit Hilfe dieser baut er futuristische Waffensysteme und will so die Herrschaft über das Land übernehmen. Wie grotesk diese Zusammenstellung wirkt, kann sich vermutlich jeder vorstellen - Jules Verne läßt grüßen.  Zum Glück hat sich als Regisseur Barry Sonnenfeld an dieses Projekt begeben. Sonnenfeld, eines der Multitalente Hollywoods, hatte schon bei vielen genialen Filmen die Finger im Spiel - Regie bei „Addams Family“, „Schnappt Shorty“, „Out of Sight“ und „Men in Black“; Kamera bei „Blood Simple“, „Harry & Sally“ und „Misery“ sind einige seiner Arbeiten. Auch wenn man von der vergleichsweise simplen Komödie „Wild Wild West“ nicht ganz so viel erwarten sollte wie von den Vorgängern, ist dieser Film bei weitem nicht so tumb, wie einige Kritiker dies im Vorfeld darstellten: Ein Western-Remake von „Men in Black“ ist keinesfalls herausgekommen.

Vielmehr durchzieht den Film Sonnenfelds eigener Stil, liebevoll gemachte props und ein süffisanter Humor, der mir sehr gefallen hat. Natürlich übernimmt „Wild Wild West“ 1:1 Szenen von verschiedenen Bond-Filmen, aber auch von abseitigen Streifen wie „E.T.“ - auf diese Weise wird immer wieder genial die Brücke zur Gegenwart geschlagen, selbst Markenzeichen der Neuzeit nimmt Sonnenfeld auf die Schippe. 


 

Daß die Darsteller ebenso ihre Klasse besitzen, brauche ich wohl nicht erwähnen - Kevin Kline in einer grandiosen Doppelrolle und Kenneth Branagh spielen gewohnt genial, Will Smith und Salma Hayek sorgen für die Optik.  Leider hat „Wild Wild West“ trotz allem einige Mängel im Detail:  Da wäre zum Beispiel die Rolle der Rita Escobar (Salma Hayek), die stark dazugekleistert wirkt. Sie ist, so leid es mir für meine persönliche Göttin Salma tut, völlig überflüssig, dabei aber zu stark hervorgehoben. Rita taucht immer wieder auf unergründliche Weise in der Nähe von West und Gordon auf - was sie nun will, woher sie kommt und vor allem wie, das wird bis zum Schluß nicht erklärt. Der Verdacht, daß ihre Rolle nicht wirklich ins Drehbuch gehört, erhärtet sich: Will Smith wollte angeblich unbedingt einen Film mit Hayek drehen und bekniete Regisseur Sonnenfeld so lange, bis er nachgab - wie er sie in „Wild Wild West“ unterbrachte, darüber mag jeder selbst urteilen. Darüber hinaus nervt ihr spanischer Akzent entsetzlich, aber das nur am Rande.
 
  Und, zum guten Schluß: Trotz der fantastischen Ideen und der gelungenen Umsetzung bleibt „Wild Wild West“ lediglich gutes Handwerk, ohne filmisch Revolutionäres zu bieten. „Nur“ ein Feuerwerk von Witz und Optik, ein Stück grandiose Sommerunterhaltung.  Wie grandios allerdings, das zeigte mir ein persönlicher Indikator: Der halbe Liter Eistee in meiner Hand war am Ende des Films immer noch randvoll.


Gegenposition Frank-Michael Helmke:

Meine Damen und Herren, Sie sehen in der Entstehung ein Novum bei „Filmszene“, denn erstmalig gibt es zu einem Film zwei Kritiken von zwei verschiedenen Autoren. Der Grund ist einfach: Bezüglich dieses Films ist meine Meinung so völlig anders als die von Rainer, daß ich hier als Stimmrohr der Enttäuschten fungieren möchte, auf daß diejenigen, die von „Wild Wild West“ ebenso wenig überzeugt waren wie ich, nicht etwa in Zukunft diese Site verschmähen, weil die Kritik nicht „der Wahrheit“ entsprach. Wobei Wahrheit natürlich im Auge des Betrachters liegt, und in meinen Augen hört sich die Wahrheit über „Wild Wild West“ eher so an: Es soll gute Beispiele geben für Genre-Mix-Filme. Leider fällt mir im Moment keines ein, denn im Regelfall geht der Versuch, Elemente aus bis zu sechs Genres in einen Film zu packen, gnadenlos in die Hose. Zur allgemeinen Nicht-Überraschung auch hier: Wir haben ein bißchen Spionagefilm, ein bißchen James-Bond-Parodie, ein bißchen Drama, ein bißchen Komödie, ganz viel Spezialeffekt-Film, und angeblich soll es auch noch Spuren eines Westerns geben. Angeblich, denn wenn in diesem Film eins untergeht, dann der Western-Charme, und bei einem Film, der sich auf eben diesem Charme begründet, ist das irgendwie kein gutes Zeichen. Man wird so schnell mit so viel technischem Nonsens zugedröhnt, daß man sich schon nach einer Viertelstunde keine Gedanken mehr darüber macht, daß es das alles in dieser Zeit nicht gegeben hat und auch nicht geben konnte, und daher jeglicher Witz an dieser völlig überzogenen Gimmick-Sintflut verloren geht. Da ist es dann natürlich besonders verheerend, wenn der Film gegen Ende immer mehr auf diese monströsen Gerätschaften setzt, und die ohnehin schon völlig blassen Schauspieler noch weiter in den Hintergrund gedrängt werden. 


Die Schauspieler, jaja, das ist auch so ein Kapitel für sich. Kevin Kline wird mit seinem unbestreitbaren Talent hier völlig verschenkt, da es nicht eine einzige Szene gibt, in der er aus seinem stereotypen Charakter ausbrechen könnte. Will Smith ist so bemüht cool, daß die ohnehin schon schwachen Sprüche vollends an Wirkung verlieren. Salma Hayek ist zwar süß, aber ebenso überflüssig wie auf merkwürdige Weise allwissend. Und Kenneth Branagh, da weiß man wirklich nicht, ob er selber völlig am Rad dreht, oder ob er gezwungen wurde, sich so dermaßen lächerlich zu machen. Wenn sich ein Krüppel, dem die Hälfte aller inneren Organe sowie Beine und Fortpflanzungsorgane fehlen, immer noch aufführt wie ein notgeiler Stelzbock, dann muß die Frage gestattet sein, wo da noch der Sinn liegen soll, und ob das nicht ein bißchen unter Niveau ist.  Andererseits wird sämtlicher Ansatz von Menschenwürde in diesem Film sowieso mit Füßen getreten: Da haben wir einen Charakter, der als Hörgerät ein Minigrammophon an der Stelle befestigt hat, wo früher mal sein Ohr war. Einen Charakter, der anscheinend zu neunzig Prozent aus Eisen besteht und ohne jemals ein Wort geäußert zu haben direkt das Zeitliche segnet. Eine Szene, in der auf absolut pietätlose Weise mit dem Kopf eines Toten herumhantiert wird. Und dann schließlich noch den crassesten Stilbruch überhaupt: Ein Gemetzel, bei dem in knapp einer Minute ca. einhundert Männer niedergeschossen werden.

Überzeichnung hin oder her, in einer angeblichen Komödie ist das absolut fehl am Platze und stößt extrem unangenehm auf. Allerdings, als Komödie scheitert „Wild Wild West“ ebenfalls. Abgesehen davon, daß man mit einem Haufen Technik keine Lacher provozieren kann, sind die angeblich humoristischen Elemente fast schon peinlich unkomisch. Den Vogel schießt Will Smith persönlich ab: In seiner ersten Szene badet er mit einer atemberaubenden Schönheit in einem Wasserbottich, als die bösen Jungs ankommen. Durch ein Loch im Holz beobachtet Will die Szenerie, und macht währenddessen in der Luft schmatzende Bewegungen, weil er nicht gemerkt hat, daß die Schönheit ihn schon längst nicht mehr küsst. Das wirkt nicht nur unrealistisch, sondern auch völlig albern. In einer späteren Szene soll Smith von einem Mob zorniger Großgrundbesitzer aufgehängt werden, und startet unter dem Strick eine Verteidigungsrede, die sich vor allem auf einem Argument begründet: Ihr wisst doch genau, wie sau-dämlich und primitiv wir Schwarzen sind, also wie könnt ihr mich überhaupt ernst nehmen. Daß dies kein bißchen witzig ist, braucht man kaum erwähnen.

Gleichzeitig ist es aber auch unglaublich beschämend, daß in der Zeit von Political Correctness und Black Pride solche Worte ausgerechnet aus dem Mund des populärsten schwarzen Schauspielers unserer Tage kommen.  Letztendlich reduziert sich „Wild Wild West“ von ganz alleine auf die Spezialeffekte. Hier hagelt es natürlich logische Fehler (Gesetze der Schwerkraft? Nie gehört.), aber die gibt es anderswo auch. Unangenehm auffallen tun zwei Szenen, in denen Smith und Kline durch die Prärie stapfen, und so überdeutlich zu erkennen ist, daß sie dies vor einem Bluescreen tun, daß man das nur noch unter „Größte technische Peinlichkeit des Jahres“ ablegen kann. Ansonsten sind die Spezialeffekte durchaus gut gemacht und nett anzusehen. Das Problem ist jedoch, daß „Wild Wild West“ versucht, so viel mehr zu sein, als ein Effektfilm, und am Ende nichts anderes ist. Jeder andere Ansatz verpufft entweder wirkungslos in der Luft oder endet in einer ärgerlichen Auflösung.

Die technischen Aspekte und einige sehr nette Gimmicks verdienen Anerkennung, alles andere an diesem Film ist ein einziger schlechter Witz, und deshalb gibt es von mir auch nur drei von zehn Augen.
Letzten Endes wurden alle Befürchtungen erfüllt, die aufkamen, als ich das erste Mal das Video des Smith-Songs „Wild Wild West“ sah. Hier wurde so offensichtlich die Erfolgskampagne von „Men in Black“ abgekupfert, daß jegliche Hoffnung auf Innovation begraben werden konnte. Nachdem ich den Film gesehen habe, konnte ich guten Gewissens die aufgeschüttete Erde mit kraftvollen Schlägen festklopfen, und das vorbereitete Grabkreuz aufstellen: „Hier ruht die erste herbe Enttäuschung des Jahres.“


10
10/10

cooler Film , coole Gags und die Riesenspinne ist einfach geil !!!

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7
7/10

SUPER UNTERHALTUNG!
NICHT WENIGER UND NICHT MEHR!!

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