Wie so viele amerikanische Komödien ist auch "Zum Ausziehen verführt" von einem französischen Film inspiriert. Schon 2001 machte "Tanguy - der Nesthocker" seinen Eltern das Leben zur Hölle, weil er einfach nicht einsah, warum er das Hotel Mama verlassen sollte. Tripp (Matthew McConaughey) geht es nicht anders. Warum das sauer verdiente Geld für Miete rausschmeißen, wenn es zu Hause doch so bequem ist: Mutter Sue (Kathy Bates) räumt und putzt hinter ihrem Sprößling her, und kaum betritt er die Küche steht auch schon das Essen auf dem Tisch. Seine besten Freunde Ace (Justin Bartha) und Demo (Bradley Cooper) finden das überhaupt nicht peinlich, denn auch sie sind Nesthocker und fühlen sich wohl dabei. Die Einzigen, die dieses Arrangement abtörnend finden, sind offenbar die Frauen. Zwar zeigen sie sich in der Regel zunächst vom geräumigen Anwesen beeindruckt, jedoch ergreifen die Frauen spätestens dann die Flucht, wenn Papa Al (Ex-Football-Star Terry Bradshaw) ohne anzuklopfen ins Zimmer platzt. Für Tripp übrigens auch eine unkomplizierte Art, Schluss zu machen....
Die Abneigung der Frauen gegen Muttersöhnchen wollen sich Tripps Eltern zunutze machen, um ihren mittlerweile 35-jährigen Sohn aus dem elterlichen Nest zu vertreiben. Sie engagieren die reizende Paula (Sarah Jessica Parker), die auf Fälle dieser Art spezialisiert ist und den gestressten Senioren schnelle Abhilfe verspricht. Die sorgfältig inszenierte Beziehung zu ihr soll Tripp zum Auszug bewegen. Zunächst scheint alles nach Plan zu laufen, doch da verliebt sich die sonst so professionelle Paula unerwartet selbst in ihren "Klienten".
Tom Deys Film ist zwar nicht gerade Oscar-verdächtig, aber er bietet Fans des Genres solide, unanspruchsvolle Unterhaltung. Sarah Jessica Parker und Matthew McConaughey geben ein extrem hübsches Paar ab, und auch ihre Dialoge sorgen für einige Lacher. Parker beweist hier einmal mehr, wie wandelbar sie ist und über welch komisches Talent sie verfügt. Absolutes Highlight ist hier die Paintball-Sequenz und die Szene im Waffengeschäft, bei der Parker zusammen mit Zooey Deschanel zur Höchstform aufläuft. Leider kommen weder Parker noch McConaughey an ihre Darstellungen in "Die Familie Stone" und "Wie werde ich ihn los … in 10 Tagen" ran.
"Zum Ausziehen verführt" lebt daher größtenteils von seinen Nebendarstellern, allen voran Kathy Bates, die schon Filme wie "About Schmidt" und Serien wie "Six Feet Under" mit ihren Gastauftritten zu wahren Juwelen machte. Auch hier ist das wieder der Fall. In der leider viel zu kleinen Rolle von Tripps Mutter Sue zeigt sie sowohl derben Humor, Gesangstalent als auch überzeugende Verletzbarkeit. Absolut grandios ist auch Zooey Deschanel, die schon als rebellische Tochter in "Almost Famous" überzeugte. Hier spielt sie Paulas durchgeknallte Mitbewohnerin Kit, die sich um die Kerle nicht viel schert, da sie unter einem ganz anderen Problem leidet: der Nachtigall vor ihrem Fenster. Was für die meisten liebliches Vogelgezwitscher ist, ist Kit ein absoluter Dorn im Auge. Artenschutz hin oder her, die Nachtigall soll sterben.
Hier macht Dey einen von zwei etwas hilflosen Versuchen, seinen Film in die Klassiker der amerikanischen Kultur einzureihen. Eigentlich gelungene Zitate aus "To kill a mockingbird" (deutsch: "Wer die Nachtigall stört") und "Die Nacht vor der Hochzeit" werden aus Angst, der Zuschauer könnte sie verpassen, leider so ausgiebig erklärt, dass einem ein bisschen der Spaß daran verdorben wird, wenn man sie auch so erkannt hat.
Deys Film gewinnt allerdings, weil er vor allem die unnatürliche Art, mit der Paula Tripps Herz gewinnt, in Frage stellt. Von Liebe auf den ersten Blick kann hier keine Rede sein, alles verläuft nach von Psychologen ausgeklügelten Strategien.
Schritt 1: Verändere seine Gewohnheiten.
Schritt 2: Brich seinen Widerstand.
Schritt 3: Lass ihn zappeln.
"Vielleicht erlaube ich ihm heute, mir etwas beizubringen", flötet Paula zum Beispiel. Besonders wichtiger Teil der erfolgreichen Eroberung eines männlichen Herzens ist natürlich das OK der Freunde. Erst wer diesen Test besteht, kann sich der Liebe eines Mannes sicher sein. Tripps nerdige Freunde Ace und Demo sind allerdings aufgrund von chronischem Frauenmangel nicht wirklich hart zu knacken. Bartha und Cooper als liebenswerte Trottel sind ebenfalls eine Bereicherung des Casts, obwohl sie mit den oben erwähnten Damen nicht ganz mithalten können.
Das liegt aber auch daran, dass Tripp bei den gemeinsamen Sportausflügen stets unangenehme Begegnungen mit der Tierwelt hat, die den Gesamttenor des Films etwas ins Absurde katapultieren. Auch die Auflösung der Nachtigall-Krise ist schon jenseits der Schmerzgrenze. Auf diese aus dem Konzept fallenden Slapstick-Einlagen hätte man eigentlich auch verzichten können, denn sie erinnern eher an eine Eddie Murphy-Komödie à la "Doktor Doolittle".
"Zum Ausziehen verführt" ist perfekt als kurzweilige Unterhaltung an grauen Tagen. Fans von anspruchsvolleren Vertretern des Genres wie "Harry und Sally" sollten aber lieber zu Hause bleiben.
Neuen Kommentar hinzufügen