Auf den ersten Blick klingt "Wolfs" wie eine ziemlich unterhaltsame Angelegenheit. Zum einen natürlich, weil George Clooney und Brad Pitt die beiden Hauptrollen spielen, und wie großartig das Zusammenspiel dieser beiden funktionieren kann, weiß jeder, der die "Oceans"-Reihe gesehen hat. Zum anderen hört sich auch die Prämisse des Films erstmal echt vielversprechend an: Eine Staatsanwältin mit politischen Ambitionen (Amy Ryan) findet sich unerwartet in einer sehr prekären Situation wieder und weiß nicht, wie sie da rauskommen soll. Also ruft sie eine Nummer an, die ihr mal für genau solche Zwecke gegeben wurde, und zitiert damit einen professionellen "Cleaner" herbei, einen Mann, der dafür da ist, Probleme verschwinden zu lassen. Dieser Mann sagt von sich selbst "Es gibt keinen anderen wie mich, niemand kann tun, was ich tun kann". Nur das kurz darauf ein weiterer Mann auftaucht, herbeigerufen von einer anderen involvierten Partei, der genau dasselbe macht und von sich genau dasselbe behauptet.
Es beginnt ein Duell der Problemlöser, und dieser erste Akt von "Wolfs" ist wirklich ziemlich amüsant. Clooney und Pitt dabei zuzusehen, wie sie sich gegenseitig anzicken, ständig dem anderen vermitteln wollen, dass sie das vorhandene Problem-Szenario tiefer durchdacht und die besseren Lösungen parat haben, und dabei abwechselnd überheblich und leicht angepisst sind, ist schon ein großer Spaß (überhaupt spielt ja kein Mensch auf der Welt "leicht angepisst" so herrlich wie George Clooney).
Die Probleme von "Wolfs" beginnen sich zu offenbaren, wenn der erste Akt rum ist und der ursprüngliche "Tatort" verlassen wurde. Denn dann stellt sich doch recht rasch heraus, dass Regisseur und Autor Jon Watts (der für die Inszenierung der gelungenen Spiderman-Homecoming-Trilogie verantwortlich war) jenseits seiner Prämisse nicht mehr so richtig viel Originelles eingefallen ist - und dass diese Prämisse bei näherer Betrachtung auch nicht sonderlich tragfähig ist. Die titelgebenden "Wolfs" sind halt die beiden einsamen Wölfe, die sich hier notgedrungen zusammenraufen müssen, obwohl sie grundsätzlich komplett allein arbeiten und jetzt auch eigentlich nicht zusammenarbeiten wollen. An sich ist das ein bewährtes Grundkonzept für eine Buddy-Komödie - nur das Buddy-Komödien vor allem von der Gegensätzlichkeit der beiden Buddys leben. Das Problem von "Wolfs" jedoch ist, dass die Figuren von Clooney und Pitt im Prinzip komplett identisch sind, bis hin zu deckungsgleichen Outfits. Natürlich liegt auch eine gewisse Komik darin, dass die beiden grummelig feststellen müssen, das ihre "Ich bin total einmalig"-Behauptung überhaupt nicht stimmt, wenn sie dieselben Handschuhe anziehen und der Dame in Not die exakt selben Fragen stellen. Dieser Belustigungs-Faktor nutzt sich aber recht rasch ab, und wird von nichts Gleichwertigem mehr abgelöst.
Eigentlich hätte man wohl auch erwarten können, dass der Film mit einer Reihe beeindruckender Tricks dieser beiden Profi-Problemlöser beeindrucken würde, von wegen "Niemand kann tun, was ich tun kann". Doch jenseits von ein paar cleveren kleinen Detaillösungen im erwähnten starken ersten Akt kommt da leider nicht mehr viel, und für den Rest des Films hat man eher das Gefühl, dass Clooney und Pitt durch das verworrene Szenario, in das sich das ursprünglich zu lösende Problem entwickelt, eher improvisierend durchstolpern als cool und clever Herren der Lage zu bleiben. Erschwerend hinzu kommt der sich zunehmend aufdrängende Eindruck, dass Clooney und Pitt eher auf Autopilot funktionieren, die ganze Nummer ohne nennenswerten Eigenanspruch runterspielen und ohne allzu großen Einsatz den sehr dicken Gehaltsscheck einstreichen, den sie dem Vernehmen nach jeweils für diesen Film kassiert haben. Die wissen halt: AppleTV+ will sich hier mit unseren Namen schmücken, das ist die Zugkraft dieses ganzen Films. Und viel mehr als das liefern die beiden dann auch nicht ab. So kommt es tatsächlich soweit, dass Austin Abrams als der herrlich unbedarfte und abenteuergeile junge Bursche, mit dem die zwei Hauptakteure sich hier die meiste Zeit rumschlagen müssen, den beiden großen Namen tatsächlich am laufenden Meter die Show stiehlt. Hätte man so auch nicht erwartet.
Je länger "Wolfs" dauert, desto mehr fühlt er sich an wie eine halbgare Idee, wie ein Drehbuch, das sehr viel Zeit in einer Schublade lag, weil ihm zu schnell die originelle Puste ausgeht, und sich für die zweite Hälfte kein so richtig überzeugender Plot mehr fand. Es häufen sich zunehmend Wendungen und einzelne Szenen, die sich sehr erzwungen anfühlen und/oder in der Theorie komisch gemeint sind, in der praktischen Umsetzung dann aber nur noch auf eine nicht gute Weise lächerlich wirken (Stichwort: kroatischer Volkstanz). Was sich mit zunehmender Laufzeit außerdem droht einzustellen, ist eine gewisse Verwirrung, ausgelöst durch das Gefühl, dem "Plot hinter dem Plot" nicht mehr folgen zu können. Pitt und Clooney (deren Figuren den ganzen Film über namenlos bleiben, passend zu ihrer Profession) beginnen recht bald, Mutmaßungen über die Hintergründe und Hintermänner des Szenarios anzustellen, in das sie hineingeraten sind, und diese Spekulationen werden mit jeder Wendung ein Stück verworrener. Sie werden aber wiederum im Dialog so nebenher und im Stakkato-Tempo abgehandelt, dass man ständig mit einem "Moment mal, jetzt mal langsam"-Impuls da sitzt und große Mühe hat, mental hinterherzukommen.
Und wenn dann ganz am Schluss in einem sehr schnellen Dialog-Pingpong die ganze Handlung des Films im Nachhinein nochmal aufgeschlüsselt wird mit einem "Und das ist hier nämlich eigentlich die ganze Zeit vor sich gegangen"-Effekt, dann hatte zumindest dieser Rezensent an dem Punkt bereits aufgegeben und nicht mal mehr versucht, da gedanklich Schritt zu halten. So schnell, wie das Ganze vorgetragen wird, hat man auch ein wenig das Gefühl, dass dies genau die Intention war: Wenn wir es ganz schnell runterquasseln, merkt vielleicht keiner, dass es eigentlich nicht wirklich Sinn ergibt. Wie gesagt: Ich hatte an dem Punkt schon aufgegeben, mitzudenken und zu hinterfragen, und wage daher keine Aussage, ob die Auflösung nun wirklich passt oder nicht. Dem letztlichen Ende von "Wolfs" kann man immerhin zugute halten, dass es definitiv unerwartet kommt. Wertfrei ausgesprochen: Ich hätte niemals damit gerechnet, dass dieser Film so endet. Wertender ausgesprochen: Ein überraschendes Ende muss nicht zwingend ein befriedigendes Ende sein.
Und so muss man auch "Wolfs" - trotz strahlender Namen, trotz vielversprechender Prämisse - am Ende einsortieren in die lange, lange Reihe vermeintlicher Streamingdienst-Hits, die dann doch einfach zu viele Schwächen aufweisen, um eine wirkliche Empfehlung zu verdienen. Schade, denn hier bleibt man klar mit dem Gefühl zurück, dass irgendwie deutlich mehr drin gewesen wäre.
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