Obwohl sich die Harry Potter-Filmreihe bisher kontinuierlich steigern konnte, durfte man Bedenken haben was die Adaption des vierten Romans um den jungen Zauberschüler anging. Denn mit "Harry Potter und der Feuerkelch" beginnt die etwas ausufernde Phase in Joanne K. Rowlings Romanzyklus, die ihren Höhepunkt dann mit Band fünf findet. Im Gegensatz zum doch recht geschwätzigen fünften Werk ist der "Feuerkelch" aber so mit Action und wichtigen Entwicklungen voll gepackt, dass viele sich die Komprimierung auf einen einzigen Spielfilm gar nicht so recht vorstellen konnten. Zudem übernimmt mit dem Briten Mike Newell nicht nur schon wieder ein neuer Regisseur das Ruder, es ist zudem auch noch jemand, der sich bisher eher im Bereich der romantischen Komödie ("Vier Hochzeiten und ein Todesfall") und des Thrillers ("Donnie Brasco") bewegt hat. Von den rund 750 Seiten der Vorlage ist bei ihm nun die folgende Kerngeschichte übrig geblieben:
Der von Alpträumen geplagte Harry Potter steht vor seinem vierten Lehrjahr in der Zauberschule Hogwarts. Dass dies erneut kein einfaches Jahr werden wird, kündigt sich bereits an, als Harry mit seinen Freunden zuvor noch einen Ausflug zur großen Quidditch-Weltmeisterschaft unternimmt. Dort stören einige Anhänger des ehemaligen Tyrannen Voldemort die Veranstaltung, indem sie provokativ ein "dunkles Mal" in den Himmel projizieren. In Hogwarts angekommen erwarten die Nachwuchszauberer dann noch weitere Neuigkeiten: Es gibt auch dieses Jahr wieder einen neuen Lehrer im Fach "Verteidigung gegen die dunklen Künste" in Gestalt des zunächst recht furchterregend wirkenden "Mad-Eye Moody" (Brendan Gleeson), der aber bald seine schützende Hand über Harry hält. Und vor allem steht mit dem "Trimagischen Turnier" ein gewaltiges Ereignis bevor, bei dem sich die besten Schüler dreier Zauberschulen an gefährlichen Aufgaben versuchen sollen. Aus den drei Champions werden jedoch plötzlich vier, als der magische Feuerkelch auch Harrys Namen als Teilnehmer ausspuckt. Damit beginnen für Potter die Schwierigkeiten, denn er ist nicht nur eigentlich viel zu jung für das Turnier, sondern sieht sich aufgrund der merkwürdigen Umstände seiner Auswahl auch den Anfeindungen der Mitschüler und Freunde ausgesetzt. Außerdem stellt sich die unangenehme Frage, wer seine Teilnahme bewirkt hat und was diese Person damit bezweckt….
Die Idee des großen Turniers mit seinen drei Aufgaben bietet den Filmemachern natürlich reichlich Gelegenheit, diese entsprechend spektakulär in Szene zu setzen. Vor allem beim Kampf mit den Drachen wird hier geklotzt, das packende Duell zwischen Harry und dem aggressiven Hornschwanz geht weit über das hinaus, was das Buch vorgab. Auch die anderen neuen Sets werden durchgehend überzeugend umgesetzt, und bei den schon Bekannten gelingt es sogar dem Zuschauer ein Gefühl der Vertrautheit zu vermitteln, durch das er sich dort schon fast ein wenig Zuhause fühlt. Es ist wirklich erstaunlich, wie selbstverständlich und natürlich diese doch eigentlich komplett künstlich erschaffene Fantasiewelt mittlerweile daherkommt.
Die Zeit der vornehmlich zum Schauen und Staunen inszenierten Effekte des Chris Columbus (Regisseur der eher schwachen Teile Eins und Zwei) ist nun endgültig vorbei, und die Geschichte steht jetzt eindeutig im Vordergrund. Und diese Geschichte wird so klar strukturiert durchgezogen, dass auch bei Nichtkennern der Vorlage keine Verständnisschwierigkeiten aufkommen dürften.
Streichungen waren dabei natürlich unvermeidbar, sie wurden aber durchweg sinnvoll vorgenommen. Denn anstatt des reinen Wiedererkennungswertes wegen alles kurz anzureißen, mussten diesmal einige Handlungsstränge komplett dran glauben. Das betrifft den sowieso immer slapstickhafter gewordenen Auftakt im Hause der Dursleys genauso wie den Aufenthalt bei Ron Weasleys Familie. Auch auf die Nebenhandlung mit dem Befreiungskampf für die eh immer etwas anstrengenden Hauselfen wurde vollständig verzichtet. Bis auf den doch etwas gehetzt wirkenden Einstieg handelt es sich aber durchweg um Auslassungen, die dem unbefleckten Betrachter des Films nicht auffallen dürften, insofern wurde diese schwierige Aufgabe also fast optimal gelöst. Lediglich die Abhandlung des Themas "Quidditch-Weltmeisterschaft" erweist sich als etwas unbefriedigend, denn wozu entwirft man überhaupt eine beeindruckende Arena, wenn man dann auf Sparkurs umschwenkt und keine einzige Spielszene darin zeigt?
Aber alles, was jetzt noch im Film ist, musste trotz der neuen Rekordlaufzeit von mehr als zweieinhalb Stunden auch drin bleiben. Dazu zählen auch und sogar vor fast allem anderen die in die Turnierpausen eingestreuten, zwischenmenschlichen Kapriolen der pubertierenden Teenager. "Romantik" ist das Stichwort, und da ist Mike Newell tatsächlich zuhause und ganz in seinem Element. Vielleicht nicht für jeden, aber zumindest für viele der erwachsenen Zuschauer dürften die Szenen rund um den Weihnachtsball zu den Höhepunkten des Films gehören. Auf den in dieser Umgebung unpassenden Gag mit der aus realen Mitgliedern von "Pulp" und "Radiohead" bestehenden Rockband hätte man zwar besser verzichtet, aber ansonsten: Peinlichkeiten bei der Partnerwahl, geistreiche Dialoge und auch der eine oder andere traurige Moment erfreuen das Herz und bringen uns die Hauptcharaktere diesmal noch ein ganzes Stückchen näher. Diese wachsen weiter mit ihren Rollen und lassen durch ihr überzeugendes Spiel auch fast vergessen, dass hier ganz offensichtlich keine erst Vierzehnjährigen agieren. Wobei Daniel Radcliffe doch recht deutlich im Schatten seiner beiden Kollegen steht, nicht zuletzt auch deshalb weil seine Figur diesmal recht passiv agiert und in die meisten Situationen einfach nur hinein geschoben wird.
Für den Rest des vertrauten und bewährten Ensembles bleibt bei dieser Mammutepisode erwartungsgemäß nur wenig Platz, insbesondere Draco Malfoy und Alan Rickmans herrlicher Professor Snape haben kaum etwas zu tun. Der Preis für den skurrilsten Gastauftritt steht aber eindeutig Gary Oldman zu, dessen im vorherigen Film noch so bedeutender Sirius Black uns diesmal lediglich als stark verfremdetes Holzkohlegesicht begegnet.
Ein paar Worte gilt es natürlich auch noch über die Neuzugänge zu verlieren, von denen es genau zwei Bedeutsame zu vermelden gilt. Dass der alte Charakterkopf Brendan Gleeson seine Sache als Unikum "Mad-Eye Moody" dabei ganz ausgezeichnet macht, war zu erwarten, bei der Besetzung von Erzgegner Lord Voldemort durfte man dagegen sehr gespannt sein. Ralph Fiennes gibt ihm aber ab sofort ein überzeugendes und durchaus Furcht einflößendes Gesicht. So langsam muss man sich aber wohl etwas Sorgen machen, ob die Produzenten nicht bald alle bekannten britischen Filmstars in der Serie untergebracht haben und wer denn für die weiteren Folgen überhaupt noch übrig bleibt.
Zu der gern vorgetragenen These, dass Rowlings Bücher mit jedem Jahr düsterer und somit immer weniger kinderfreundlich werden, lässt sich sagen, dass dies beim "Feuerkelch " eigentlich nur für die letzte halbe Stunde gilt. Dann wird's zwar heftig, aber wer die Dementoren aus "Askaban" verkraften konnte, wird auch hier keine Schwierigkeiten haben. Denn die neueste Episode der "Harry Potter"-Saga ist eine ganz ausgezeichnete Mischung aus Fantasy und Abenteuer, Spannung und Humor - und somit die ziemlich optimale Adaption eines sehr guten Buches. Die Messlatte für die noch ausstehenden Fortsetzungen liegt also weiterhin hoch.
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