Es war schon eine ziemlich clevere Nummer, die Sylvester Stallone da vor zwei Jahren abzog: Eigentlich längst als quasi pensionierter Opa des Action-Kinos abgestempelt, machte er aus eben dieser Not und einer satten Portion Ironie eine Tugend und die Grundprämisse für eine neue Franchise: "The Expendables" waren geboren, eine Söldnertruppe zusammengesetzt aus leicht bis stark betagten Action-Ikonen, deren Namen ebenso wie der Stil ihres gemeinsamen Abenteuers an eine Zeit gemahnten, in der Männer in Action-Filmen noch echte Männer waren, die mit dicken Muskeln und deftigen Wummen kurzen Prozess machten und darum auch nicht viel Schauspielfähigkeiten brauchten.
Die Rechnung jedenfalls ging auf: Im Kino noch "nur" ein solider Erfolg (in Deutschland gab's knapp 900.000 Zuschauer), feierten die "Entbehrlichen" ihren richtigen Durchbruch auf dem ureigensten Territorium des Action-Söldnerfilms der 80er Jahre: In der Videothek. Als einer der meist ausgeliehenen Filme des Jahres 2011 hinterließ "The Expendables" deutliche Spuren in Deutschlands Wohn- und Jugendzimmern, so dass das unvermeidliche und nun anstehende Sequel einer der sichersten Hits der Kinosaison 2012 werden dürfte.
Tatsächlich hat Stallone als Franchise-Mastermind bei der Konzipierung dieser ersten Fortsetzung auch so ziemlich alles richtig gemacht. Die Recken aus Teil Eins sind wieder versammelt (minus Mickey Rourke, der im ersten Teil aber auch nicht zur Action gehörte und entsprechend hier überhaupt nicht vermisst wird) und als Neuzugänge gibt's zwei weitere Veteranen aus dem 80er-Action-Allstar-Team (nämlich die "Muscles from Brussels" Jean-Claude van Damme und der inzwischen durch ein eigenes Witz-Genre verewigte Chuck Norris), so dass der "All diese Typen in einem Film?! Das MUSS ich sehen!"-Effekt auch beim zweiten Durchlauf noch zieht. Ebenfalls richtig war es, sich für den zweiten Teil einen neuen Regisseur zu suchen, denn mit Simon West ("Con Air", "Tomb Raider", "The Mechanic") ist hier nun ein solider Genre-Handwerker bei der Arbeit, der den Job zuverlässig erledigt und die auffälligen Schwächen des von Stallone noch selbst inszenierten ersten Teils - eine teils schwergängige Action-Choreographie und ein unsauberer, hektischer Schnitt - ausmerzt. Willis und Schwarzenegger sind auch wieder am Start, und diesmal für mehr als eine Szene, so dass man sich ausgiebiger als zuvor über die augenzwinkernden Frotzeleien zwischen den drei ehemaligen "Planet Hollywood"-Besitzern amüsieren kann.
Diese Frotzeleien zeigen indes auch, wie leicht es für die "Expendables" im Prinzip ist, ihr Zielpublikum selig und zufrieden zu machen: Da reicht es schon, Schwarzenegger und Willis in einer Szene kurz darüber streiten zu lassen, wer als nächstes den Satz "I'll be back" sagen darf, und die wissenden Zuschauer johlen vor Freude. Ansonsten noch ordentlich viel Geballer und Geprügel und Bummbumm, und schon ist der Fan glücklich und Männer jenseits der 40 fühlen sich wohlig zurückgebombt in eine Jugend voller VHS-Cassetten.
Die furiose erste Viertelstunde von "The Expendables 2" ist denn auch quasi der feuchte Traum eines jeden 80er-Action-Fetischisten. Wie Stallone und Co. hier in ein nepalesisches Dorf einfallen und dabei mal eben einen Bodycount an umgemähten Schergen hinlegen, der gefühlt die ehemaligen Rekordwerte eines "Rambo 3" locker in den Schatten stellt, das ist zumindest im engen Bezug des eigenen Genres schlichtweg ganz großes Kino. In diesen ersten 15 Minuten bekommt das Publikum auch die eindrucksvollen Scharfschützen-Fähigkeiten von Bill 'The Kid' Timmons vorgeführt, dem von Liam Hemsworth ("Die Tribute von Panem") dargestellten, einzigen Neuzugang bei den "Expendables". Angesichts dessen, dass er nicht in die Chemie der Gruppe passt und alsbald eine tragisch-dramatische Backstory zum Besten gibt, ahnt man schon, was das Schicksal dieses Burschen sein wird. Immerhin fungiert er damit als emotionaler Motivator für den Rest der Truppe, sich durch die eigentliche Handlung des Films zu schlagen. Denn abgesehen davon ist die Story hier mal wieder so egal und vom Reißbrett für Söldner-Filme zusammengestöpselt, dass man sie eigentlich auch weglassen kann: Die "Expendables" werden mit Requirierung eines geheimen Gegenstands beauftragt, kriegen dafür eine "Spezialistin" an die Seite gestellt (Nan Yu, für die Frauenquote zuständig), kreuzen dabei den Weg eines fiesen Ober-Bösewichts (van Damme mit dem grandios-platten Rollennamen Jean Vilain), der selbst scharf auf besagten Gegenstand ist und damit bösen Schindluder treiben will, und müssen am Ende quasi mal wieder die Welt retten.
Dass Chuck Norris hier auch irgendwann auftaucht, könnte man als Spoiler betrachten, würde sein Name nicht derart prominent mit auf dem Filmplakat stehen. Das Herausposaunen dieser Cameo-Überraschung ist umso bedauerlicher, als dass Norris' erster Auftritt den einzig erwähnenswerten Höhepunkt im ansonsten doch ziemlich lahmen Mittelteil des Films darstellt. Tatsächlich fällt hier über geschlagene 40 Minuten nach der grandiosen Eröffnung nicht ein einziger Schuss, was man solch einem Testosteron-Kondensat wie diesem definitiv als Mangel ankreiden muss. Diese fast schon nervig lange Durststrecke bis hin zur nächsten großen Action-Sequenz hält "The Expendables 2" dann auch davon ab, einen positiveren Gesamteindruck als sein Vorgänger zu hinterlassen. Die bemühten Versuche, die mangelnde Action auf dieser Zwischenstrecke wenigstens durch etwas Humor auszugleichen, indem man auf die Interaktion der bunten Truppe setzt, wollen leider nicht zünden. Zum einen, weil aus dem einzig guten Ansatz hier - ein Running Gag um die tapsige Unbeholfenheit von Gunnar Jensen (Dolph Lundgren) beim Flirten - zu wenig gemacht wird; zum anderen, weil mit Jet Li der aus Teil Eins gut erprobte Sparringspartner für Sprüche-Schlachten in der Heldentruppe bereits nach 15 Minuten aus der Handlung verschwindet und auch nicht mehr zurückkehrt. Ob Jet Li nicht mehr Zeit oder nicht mehr Lust hatte, bleibt die Frage. Dem Film tut es jedenfalls nicht gut, dass Li verschwindet, während die beiden Stichwortgeber Terry Crews und Randy Couture bis zum Ende dabei bleiben dürfen.
Aber sei's drum. Der lahme Mittelteil mag sich fürs Zielpublikum auch als durchaus nützlich erweisen, denn wer sich mit ein paar Bier passend auf diesen Kinoabend eingestimmt hat, kann so ungefähr zwischen Minute 30 und Minute 50 ruhig mal aufs Klo gehen, die Blase erleichtern und Getränke-Nachschub besorgen, ohne ernsthaft was zu verpassen. Für die Einläutung des Showdowns ist man rechtzeitig wieder da, und der rockt dann auch ähnlich ordentlich wie der Anfang. So schaukeln Stallone und Co. denn auch den zweiten "Expendables"-Film solide und konsequent zu Ende, und einem dritten Teil steht definitiv nichts im Wege. Außer vielleicht, dass man langsam keine nennenswerten 80er-Action-Helden zum Recyceln mehr übrig hat. Steven Seagal kann dieser Tage ja höchstens noch als wandelnde Speckschwarte überzeugen. Dafür hat Michael Dudikoff echt lange keinen Film mehr gemacht.... Naja, irgendwas wird sich Stallone da sicherlich einfallen lassen. Wer es mit über 60 noch schafft, sich eine neue Action-Franchise auf den Leib zu schneidern, wird schließlich nicht so blöd sein, diese nach zwei Filmen ohne Not wieder einzustellen.
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