"Nach einer überraschenden Wende in ihrem Partnertausch-Experiment treffen vier Freunde in einer entlegenen Strandhütte ein. Dort kommt schließlich alles auf den Tisch." Mit diesem Mini-Teasertext umschreibt Netflix seine neueste deutsche Spielfilm-Eigenproduktion, und weckt damit ein wenig falsche Erwartungen. Dass die Strandhütte viel mehr ein recht luxuriös eingerichtetes Haus ist - geschenkt. Doch was hier wie ein ein recht aufrüttelndes Beziehungsdrama klingt, gibt sich in Wahrheit aller größte Mühe, genau das nicht zu sein.
Die "überraschende Wendung" besteht übrigens nicht darin, dass sich nicht alle Beteiligten an die Regel gehalten haben, dass die Partner-auf-Zeit keinen Sex miteinander haben sollten (wer sich jetzt wundert, ob Mal-Sex-mit-jemand-anders-haben nicht irgendwie Sinn und Zweck von Partnertausch-Experimenten ist - ich habe mich auch gewundert). Allerdings hat Netflix darum gebeten, dass die überraschende Wendung und auch sonstige Plotpunkte nicht gespoilert werden sollen. Also belassen wir es dabei zu sagen, dass in der Tat einiges auf den Tisch kommt. Inklusive einem ordentlichen Schwall Kotze.
Jawohl, denn jedes Mal, bevor es in "Du Sie Er & Wir" allzu dramatisch und tiefgreifend werden kann, wird lieber schnell irgendwas Absurdes eingeschoben, damit es wieder ein bisschen komisch wird. Es ist mit das Interessanteste an diesem Film, dass er mit seinen Protagonisten eigentlich um sehr ernste Beziehungsthemen und -fragen kreist, dabei aber ständig versucht, lustig zu sein. Was stellenweise sogar ganz gut funktioniert - allerdings nicht dank des Drehbuchs.
Tatsächlich fühlt sich nichts an "Du Sie Er & Wir" irgendwie organisch und richtig glaubwürdig an. Das Szenario wirkt enorm konstruiert (Stichwort: Partnertausch ohne Sex), die Figuren sind flach, und die Dialoge streckenweise so unfassbar unnatürlich, dass es fast ein bisschen wehtut. Gerettet wird dieser Beinahe-Totalflop einzig von seinen Darstellern, die allesamt recht überzeugend aufspielen und aus dem sehr dünnen Material, das ihnen das Drehbuch anbietet, das Maximum rausholen. Das gilt vor allem für Jonas Nay, dessen Rolle als unsensibles Immobilienmakler-Arschloch leicht in schmierige Unerträglichkeit hätte abrutschen können. Doch mit seiner grandios trockenen Performance sorgt Nay dafür, dass stattdessen fast jede seiner fiesen Bemerkungen ein Lacher wird.
Dank dieser kleinen Momente echter Vergnüglichkeit bleibt man bei "Du Sie Er & Wir" halbwegs bei der Stange, die Charaktere und ihre Dynamiken können allerdings so gar nicht fesseln. Wenig verwunderlich, denn auch Regie und Drehbuch scheinen sich nicht wirklich für sie zu interessieren. Letztlich ist "Du Sie Er & Wir" ein Beziehungsfilm, der sich mehr für seine Wendungen interessiert als für die Beziehungen, die er zeigt. Und eben viel lieber eine alberne Komödie sein will, obwohl er im Gewand eines ernsten Dramas daherkommt. Oberflächlicher Entertainment-Drang über Substanz. Kann man so machen. Aber dann wird's halt kacke.
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