Mannomann, was hat dieser Film von Kritikern und Publikum in den USA - man muss das so hart sagen - auf die Fresse gekriegt. Die Kritiker hassten ihn und verrissen ihn in der Sorte Rezension, die sonst nur für Filme mit Paris Hilton reserviert ist. Und das Publikum schloss sich an und blieb geschlossen fern. Wenn man sich jetzt mal die Ausgangsposition anschaut, muss man sich fragen, was diese extreme Ablehnung rechtfertigt. Denn "Das Spiel der Macht" ist ein elegant gefilmtes Prestigeobjekt mit einem halben Dutzend äußerst respektierter Darsteller, basierend auf einem mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichneten Roman ("All The King's Men"), dessen Erstverfilmung 1949 den Oscar als bester Film bekam - was also ging so dermaßen schief in dieser Neuauflage?
Nicht ganz so viel, wie man angesichts soviel geballter Ablehnung denken könnte. Ein guter Film ist "Das Spiel der Macht" nun bei weitem nicht geworden, aber auch nicht das unansehnliche Desaster, das man der Reaktion im Mutterland nach erwarten konnte. Es ist sicherlich ein überlanger, konfuser und konturenloser Film geworden, komplett wertlos ist er dennoch nicht.
Die Story des Romans von Dichter Robert Penn Warren, inspiriert von Huey Long, dem populistischen Gouverneur Louisianas in den 1930ern, ist dabei weitestgehend intakt geblieben, mitsamt einer schon im Buch angelegten Schwäche: Denn bei der Verfilmung der Geschichte des ambitionierten und skrupellosen Südstaatenpolitikers Willie Stark (Sean Penn) im Louisiana der 1940er und 1950er Jahre wird der Erzähler, der Reporter und spätere Assistent Starks, Jack Burden (Jude Law) in den Vordergrund gestellt. Man soll durch dessen Augen und zynische Sichtweise den politischen Aufstieg und moralischen Fall von Stark sehen und gleichzeitig noch Anteil nehmen an Burdens (der Name ist symptomatisch) zusehends von seinem Chef beeinflussten Privatschicksal. So soll er seinen Ziehvater, den ehrwürdigen Richter Irvin (Anthony Hopkins) überzeugen, sich im Verfahren zur Amtsenthebung des mittlerweile zum Gouverneur gewählten Stark auf dessen Seite zu stellen. Verkompliziert wird das Ganze außerdem durch das Auftauchen seiner Jugendfreundin Anne Stanton (Kate Winslet), deren Bruder Adam (Mark Ruffalo) ebenfalls von Stark für seine Pläne missbraucht werden soll. Ein moral play also, in dessen Verlauf Burden nach und nach Ideale und Moral hinten anstellt und quasi als Spiegelbild seines Bosses Stark korrumpiert wird.
Zu dumm deshalb, dass ausgerechnet Jack Burden als Charakter dem Zuschauer nie zugänglich gemacht wird, was sicherlich auch in Jude Laws Leistung begründet ist. Niemand gibt den gelangweilten Zyniker so gut wie Law (siehe z.B. "Der talentierte Mr. Ripley"), aber für diese Figur ist seine zynische Distanz zum Geschehen Gift. Nie fühlt man mit ihm und die Konflikte des Films, die alle als Art moralisches Schachspiel in seinem Bewusstsein ausgetragen werden sollen, bleiben fern und nebulös.
Das größte Problem neben der ineffektiven Hauptfigur sind Erzählstruktur und Erzähltempo des Films. Unnötig verkompliziert durch hin- und herspringende Vor- und Rückblicke braucht der Film lange und desöfteren langweilige zweieinviertel Stunden und wirkt trotzdem so, als wären jede Menge wichtige Momente im Abfalleimer des Schneideraums geblieben. Ergebnis ist ein Film, der perplexerweise gleichzeitig zu lang als auch zu hastig ist. Das, was gezeigt wird, ist oft nur mäßig interessant und vor allem umständlich dargeboten, das, was nicht gezeigt wird, vermisst man.
So wird Starks Wandlung vom idealistischen Lokalpolitiker zum korrupten Gouverneur viel zu schnell abgehandelt, findet eigentlich gar nicht statt. Demnach bleibt Starks Wandel Behauptung und die Figur Karikatur - was durch Penns grölendes Overacting auch nicht grad besser gemacht wird. Auch die Liebesgeschichte zwischen Burden und Anne, gedacht als das emotionale Herzstück von zumindest der zweiten Filmhälfte, wird durch unerklärbare Ellipsen innerhalb einiger schwammiger Rückblenden kaputt gemacht. Zwar ist es das Problem jeder Adaption einer komplexen Romanvorlage, zeitliche und thematische Abstriche zu machen, aber Regisseur und Drehbuchautor Steven Zaillian hat sich hier doch verhoben. So bleiben Kernmomente und Motivationen oft unklar. Vielleicht kann man der Materialfülle auch nur im Miniserienformat gerecht werden und Zaillians Versuch musste scheitern. So oder so, in vorliegender Version funktioniert "Das Spiel der Macht" schlichtweg nicht.
Auch die Moral des Films, so wohlmeinend der Regisseur sie auch geplant hat, verfehlt das Ziel. Denn dass grenzenlose Macht grenzenlos korrumpiert ist nun wirklich ein alter Hut. Und so richtig viel Neues ist Zaillian dazu auch nicht eingefallen. Dabei bietet der Film durchaus einige interessante Variationen des Themas, etwa dass der anfangs idealistische Stark seine späteren moralischen Verfehlungen nicht als solche sieht, weil er die Welt selbst als von Grund auf unmoralisch ansieht. Aber diese werden leider nicht so gut herausgearbeitet, wie es nötig gewesen wäre.
Was bleibt da noch auf der Habenseite? Die exzellente Kameraführung von Pawel Edelman etwa, dessen Name ebenfalls programmatisch ist, denn "Das Spiel der Macht" sieht konstant edel und prachtvoll aus. Was vielleicht Zaillian auch dazu verführt, es manchmal zu übertreiben, etwa indem er Starks populistische Reden abfilmt wie Naziversammlungen. Als Ausgleich beenden Zaillian und Edelman den Film mit einem spektakulär arrangierten Schlussbild. Außerdem gibt es noch ein paar starke Einzelmomente, wie die Szenen mit Anthony Hopkins, der als Einziger des Ensembles trotz kurzer Leinwandzeit nicht verschenkt wird. Denn dass man Klasseleute wie Kate Winslet, Patricia Clarkson oder Mark Ruffalo mit schwach konstruierten Nicht-Rollen künstlerisch verhungern lässt, ist doch reichlich schade.
Und so muss man sich letztlich dann doch mit einreihen in die vielen Kritiker von "Das Spiel der Macht", der zwar von machen zu hart kritisiert wurde, aber eben dennoch nicht verhehlen kann, dass er ein Film der vergebenen Möglichkeiten ist. Die Voraussetzungen waren gut, aber herausgekommen ist eben doch nicht viel. Womit der Film von Steven Zaillian auf ironische Art zum Spiegelbild seiner Materie wird. Durch zu viele Kompromisse kompromittiert Zaillian sein Werk wie Stark seine Karriere - am Ende scheitern beide. Nur schade, dass der "König" auf dem Regiestuhl dabei so viele eigentlich tolle Männer und Frauen mit ins Unglück zieht.
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