Der so genannte feminicidio ist ein erschreckendes Beispiel für Korruption, Beweis-Manipulation, die Diskriminierung eines Geschlechts und vieles mehr. Hierbei handelt es sich um eine Reihe von Morden an Frauen in der mexikanischen Grenzstadt Ciudad Juárez, die jedoch auf staatlicher Seite niemanden so recht zu interessieren scheint. Seit 1993 sind dort offiziell mehr als 370 Frauen ermordet worden, 400 gelten als vermisst. Anderen Schätzungen zufolge liegen diese Zahlen weitaus höher. Oftmals trifft es Frauen, die in so genannten Maquilas, Fabriken internationaler Firmen mit menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen, arbeiten, weit außerhalb wohnen und irgendwo auf dem Heimweg verloren gehen, bevor sie nach tagelangem Missbrauch verstümmelt aufgefunden werden. Die Bemühungen der Polizei - sofern sie denn überhaupt aktiv wird - beschränken sich auf Einschüchterungen, das Unterschieben von angeblichen Beweisen und der Schuldzuweisung an die Frauen, die für ihr Schicksal selbst verantwortlich seien. Gregory Navas "Bordertown" basiert auf jenen realen Begebenheiten, doch anstatt sich dem Thema mit der nötigen Sensibilität zu nähern, erinnert die Low-Budget-Produktion eher an einen oberflächlichen Hollywood-Reißer.
Lauren Adrien (Jennifer Lopez) arbeitet als Redakteurin beim Chicago Sentinel und wird von ihrem Chef George Morgan (Martin Sheen) auf eine Mordserie an Frauen in Mexiko angesetzt. Dort angekommen trifft sie auf Diaz (Antonio Banderas), den Herausgeber einer kritisch berichtenden lokalen Tageszeitung, mit dem sie vor einigen Jahren schon einmal zusammengearbeitet hat. Die Beiden nehmen sich des Falls an und machen dabei Bekanntschaft mit der 16-jährigen Eva (Maya Zapata), der bislang einzigen Überlebenden dieser Überfälle, der jedoch niemand Glauben schenken möchte. Mit ihrer Hilfe gelingt es ihnen, die Täter ausfindig zu machen. Lauren beschließt, sich in eine Maquila einschleusen zu lassen, um die Mörder auf frischer Tat zu ertappen.
Man sieht selten Filme, bei denen Anspruch und Wirklichkeit so weit auseinander liegen wie hier. So gehen in "Bordertown" einige Dinge vor sich, die arg fragwürdig erscheinen. Mal unternimmt Gregory Nava einen kleinen Ausflug ins Horror-Genre (der Klassiker: Protagonist sieht Person im Spiegel, die gar nicht da ist), dann lässt er Jennifer Lopez einem Bus hinterher rennen und versucht sich dabei in der Inszenierung einer packenden Action-Sequenz (die nur leider nicht packt), und selbst für ein wenig romantischen Kitsch ist er sich nicht zu schade. Kurzum: All das, was man in solch einer Produktion nicht vermuten würde, weil es hier ganz einfach nichts zu suchen hat, findet seinen Platz.
Aber warum um den heißen Brei herum reden, es lässt sich doch auch anders auf den Punkt bringen: "Bordertown" ist schlicht langweilig. Das Drama, das sich über knapp zwei Stunden erstreckt, hätte auch gut und gerne nach der Hälfte der Zeit beendet sein dürfen, denn schon nach einer halben Stunde schleicht sich allmählich Ödnis ein. Dem Drehbuch mangelt es an interessanten Dialogen, die Charaktere bleiben blass. Ihr Handeln ist an manchen Stellen nicht nachvollziehbar und ihr persönliches Schicksal dem Zuschauer ziemlich egal.
"Bordertown" ist kein ärgerlicher Film, aber einer, der wirklich nichts zeigt, was man nicht schon dutzendfach gesehen hätte, und sich somit überraschungsarm bis zum Ende schleppt. Dieses ist dann wiederum ein mittelgroßes Ärgernis, denn bei der Art und Weise, mit der Nava einen der zentralen Handlungsstränge nach zwei Stunden zu Ende führt, darf man sich durchaus veräppelt vorkommen - simpler geht's nicht. Auch fehlt es diesem Film letztendlich an Botschaften, die er uns mit auf den Weg geben könnte. Okay - er macht auf diese ungeheuerlichen Vorfälle aufmerksam, aber damit hat es sich dann auch schon.
Zumindest der Cast kann sich auf den ersten Blick sehen lassen. Antonio Banderas und Martin Sheen auf der Besetzungsliste sind ja schon mal nicht die allerschlechtesten Voraussetzungen, unter denen ein Film zu Stande kommen kann, und erwartungsgemäß ordentlich erledigen sie ihre Aufgabe auch. Nein, das Problem ist eine andere Person, die "Bordertown" letztendlich zu Grunde richtet: Jennifer Lopez. Nach zuletzt sehr ansprechenden Leistungen ("Ein ungezähmtes Leben") markiert diese Vorstellung eindeutig einen Schritt in die falsche Richtung. Die Worte, die ihren Mund verlassen, handeln von Schmerz, Trauer und Kampfeswillen, doch in ihrem Gesicht lässt sich all dies nicht ablesen - es bleibt leer. Da kann sich J.Lo noch so abmühen, sie ist einfach nicht dazu in der Lage, diesen Film zu tragen. Da "Bordertown" eigentlich als Geschichte einer Frau angelegt ist, die nicht aufgibt und an ihre Ziele glaubt, fällt Lopez' Fehlleistung umso stärker ins Gewicht.
Natürlich verfolgen alle Beteiligten mit solch einem Film nur die nobelsten Absichten, doch nützt das alles nichts, wenn das Endergebnis eine Enttäuschung auf ganzer Linie darstellt. Öde, reißerisch und einfallslos präsentiert sich der Berlinale-Beitrag (der auch dort alles andere als euphorisch in Empfang genommen wurde), der unter anderem aufgrund einer fehlbesetzten Hauptdarstellerin (deren größte Leistung die Sonderwünsche am Set waren) als Film versagt. Und ob allein seine Existenz an der Situation in Mexiko etwas ändern wird, darf leider auch stark bezweifelt werden.
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