Es war der Gipfel der Coolness, damals, Mitte der 90er: John
Travolta,
frisch nach "Pulp Fiction" auf einmal wieder ganz heiß
im Geschäft und kurzfristig "King of Cool", spielte
den supercoolen Schurken Chili Palmer unter der Regie von
gerade-cool-werdend
Regisseur Barry Sonnenfeld (der danach "Men in Black"
drehte) in der ersten Mit-Neunziger Verfilmung eines
Romans von
Cool-Autor Elmore Leonard (es folgten die nicht weniger
coolen "Jackie
Brown" und "Out of Sight"): "Schnappt Shorty"
atmete die Trendiness durch jede Pore des Zelluloids, auf
dem er
gedreht wurde, und war in der Tat einer der coolsten,
kurzweiligsten
Filmspäße, die das letzte Jahrzehnt zu bieten hatte.
Damals.
Zehn
Jahre später kommt nun die programmatisch betitelte
Fortsetzung
"Be Cool" daher, wieder nach einer Romanvorlage Leonards,
wieder mit John Travolta als Chili Palmer, allerdings ohne
Sonnenfeld,
sondern mit F. Gary Gray ("The
Italian Job", "Extreme Rage")
auf dem Regiestuhl, und belastet mit dem essentiellen
Dilemma aller
Coolness: Wer unbedingt cool sein will, der ist es
garantiert nicht.
Anders gesagt: Coolness funktioniert nur dann, wenn sie
ungezwungen,
mühelos, natürlich wirkt - wenn sie einfach "ist",
nicht sein soll. Gewollte Coolness ist so überzeugend wie
George
W. Bush als Werbeträger für Amnesty International. Und
genau das ist hier das Problem.
Chili Palmer ist immer noch so cool wie einstmals,
als der Kredithai
auf der Suche nach einem verschwundenen Schuldner von der
kalten
Ost- an die heiße Westküste reiste und sich nach einigen
Verstrickungen schlussendlich als erfolgreicher
Filmproduzent wieder
fand. Doch Chili hat das Filmbusiness satt (anscheinend
ähnlich
satt wie seine Freundin Karen aus Teil Eins, denn die wird
hier
nicht mal mehr erwähnt), und als ein befreundeter
Musikproduzent
(James Woods) vor seinen Augen von russischen Gläubigern
erschossen
wird, fackelt er nicht lange, und nimmt sich gleich dessen
Angelegenheiten
an - wozu neben der Umsorgung der jungen Witwe Edie (Uma
Thurman)
auch die Betreuung der supertalentierten Nachwuchssängerin
Linda Moon (Popstar Christina Milian) gehört. Die steckt
allerdings
noch in einem Ausbeutungsvertrag mit ihrem halbseidenen
Manager
Raji (Vince Vaughn) und dem Platten-Boss Nicki Carr
(Harvey Keitel).
Und um den kommenden
Superstar da rauszuholen, muss sich Chili auch noch mit
Superproduzent
Sinclair Russell (Cedric the Entertainer) und seiner
schießwütigen
Rap-Gang (angeführt von Outkasts André 3000) anlegen
- die russische Schulden-Mafia nicht zu vergessen.
Kriminell sind
hier alle, Gewalttaten abgeneigt ist niemand, und
allgemein will
jeder Chili ans Leder. Cool bleiben ist angesagt.
Als cool galt es wohl auch, bei diesem Film dabei zu
sein, denn
die nicht enden wollende Liste an namhaften Gaststars
umfasst auch
noch Co-Produzent Danny DeVito (der kurz seine Rolle aus
Teil Eins
wiederaufleben lässt), Steven Tyler und den Rest von
Aerosmith
sowie die Black Eyed Peas (als sie selbst), und
Action-Star/Ex-Wrestler
Dwayne "The Rock" Johnson als - Achtung! - schwuler
Bodyguard
mit Afrolook und Schauspielambitionen. Dessen köstliche
Selbstparodierung
ist dabei das heimliche Highlight von "Be Cool", der
ansonsten
leider an seiner eigenen Selbstverliebtheit zu ersticken
droht.
Einen
Großteil seines vermeintlichen Humors bezieht "Be Cool"
aus einer locker gemeinten, aber bemüht wirkenden
Selbstreferentialität
- was Mitte der Neunziger tatsächlich mal cool war, heute
aber
nur noch wie ein Gag von gestern wirkt. Wenn da Steven
Tyler sagt,
er sei kein Rockstar, der für billige Promo-Zwecke in
einem
Film mitspielen würde, oder Chili nach dem anfänglichen
Attentat auf seinen Kumpel (der ihm gerade einen Film über
sich selbst schmackhaft machen wollte) lapidar bemerkt,
dass man
keinen Film machen kann wo die Hauptfigur in der ersten
Szene stirbt,
dann will Drehbuchautor Peter Steinfeld (der schon bei der
Fortsetzung
"Reine
Nervensache 2" nicht
überzeugen konnte) lässig Richtung Publikum zwinkern,
erntet aber kaum mehr als müde Gähner für solch
abgestandene
Witzigkeit. Das alles erscheint ähnlich aufgesetzt wie der
Ghetto-Slang von Manager Raji, der gerne der derbste Pimp
wäre,
dafür aber einfach zu weiß ist.
Der gesamte Film wirkt oberflächlich - was eben passiert,
wenn
man unbedingt cool erscheinen will und dabei jegliche
Substanz vermissen
lässt. Sinnbildlich dafür ist Uma Thurmans Charakter Edie.
Die hält man bei ihrem ersten Auftritt erst für eine
Schnapsdrossel,
dann für eine strohdoofe Blondine, obwohl sie weder das
eine
noch das andere ist. Sonst ist sie aber auch nix, denn für
den Rest des Films bleibt sie konturlos, nicht mehr als
hübsch
anzusehende Staffage an Chilis Arm (und
ist somit kein überzeugender Ersatz für Rene Russos
souveräne
Powerfrau Karen aus "Schnappt Shorty"). Eine gemeinsame
Tanzszene von Travolta und Thurman kann dementsprechend
auch nicht
mehr bringen als sehnsüchtig daran zu erinnern, wie endlos
cool ihr letztes gemeinsames Leinwandtänzchen war
(Stichwort:
Jack Rabbit Slim's Twist Contest).
Hübsch anzusehen ist auch der gesamte Film in der
Hinsicht,
dass jede Szene für sich eigentlich durchaus Spaß macht
und auch gelungen ist, die Macher aber oftmals - ganz
verliebt ins
eigene Material, die Figuren und den Heidenspaß, den man
sicherlich
beim Drehen hatte - die Sache einfach laufen und damit
auch schleifen
lassen. Konsequenz: Es fehlt an Tempo, die Story kommt nie
so richtig
in Gang und plätschert dahin, bis sich das zunehmend
dichter
werdende Netz aus Tricks, Fallen und Täuschungsmanövern
seinem vermeintlichen Höhepunkt nähert - nach dem es dann
wiederum noch zu lange weiter geht, um die Sache knackig
und pointiert
zu Ende zu bringen (was wiederum im Vorgänger viel besser
gelöst
worden war).
Kurz: "Be Cool" ist eine Fortsetzung, die erstens zu spät kommt, um noch vom Erfolg des Originals zehren zu können, zweitens Charme und Knackigkeit des Vorgängers vermissen lässt, und drittens trotz zahlreicher guter Charaktere und erlesener Darsteller nie verhehlen kann, dass sie in allen Belangen nur ein lauwarmer Aufguss des ersten Teils ist. Noch kürzer: Ein Film, der zuviel daran setzt cool zu sein, um wirklich cool zu sein.
Also, das ist mit Abstand der beste Film aus diesem Genre (Krimi-Komödie mit Coolness-Faktor). Wer da sagt, der Film wäre weder witzig noch cool, hat 'nen nassen Helm auf. Alle Rollen sind selbstverständlich als Parodie auf gängige Klischees angelegt und wirken deshalb surreal.
Mit dem Vorgänger absolut nicht zu vergleichen, der zwar gut ist, aber definitiv nicht die Klasse der Schauspieler und Texte hat.
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