Noch vor wenigen Jahren hätte man sich kaum vorstellen können, wie viele seit Jahrzehnten existierende Comicfiguren, die selbst in ihrem Ursprungsmedium zeitweise nur mittelmäßig erfolgreich sind, in den 2010er-Jahren zu Titelhelden eines eigenen Multimillionen-Dollar-Blockbusters mutieren würden. Das gilt gerade und vor allem für „Aquaman“, den Unterwasser-Kämpfer aus dem DC-Verlag, wurde der doch über mehrere Folgen der populären „Big Bang Theory“ hinweg als lächerlichster aller Superhelden gedisst, der außerhalb seiner nassen Heimat eher als kraftlose Witzfigur daherkommt. Aber ja, auch der Herr der Meere grüßt in diesen Tagen nun von vielen überdimensionalen Plakatwänden und verankert sich im Bewusstsein einer großen Öffentlichkeit. Sein Solofilm unterscheidet sich dabei im Ton stark von den vorherigen Filmen des DC-Universums und liefert somit einen weiteren Beleg für die mangelhafte Kohärenz dieser Franchise. Was aber nicht heißen soll, dass das Werk deshalb völlig misslungen wäre.
Als Kind eines menschlichen Leuchtturmwärters und der von diesem einst bei sich aufgenommenen Königin von Atlantis, ist Arthur Curry (Jason Momoa) der rechtmäßige Herrscher des Unterwasserreiches, tut sich mit diesem Status aber schwer. Obwohl er seine Kräfte oft und gern zur Rettung anderer einsetzt, würde er sich aus den politischen Ränkespielen gern heraushalten. Als sein machtbewusster Halbbruder (Patrick Wilson) zum Krieg gegen die Menschenwelt aufruft, sieht sich der friedliebende Arthur aber gezwungen aktiv zu werden. Gemeinsam mit der Prinzessin Mera (Amber Heard) und seinem Lehrmeister Vulko (Willem Dafoe) macht er sich auf um zwischen Ober- und Unterwelt zu vermitteln.
Die Handlung von „Aquaman“ entpuppt sich nach einiger Zeit als genauso verworren wie letztlich banal. Ständig werden pompöse Versammlungen abgehalten, in denen entweder viel geredet oder gekämpft wird, ohne dass die Geschichte dabei nennenswert voran kommt. Wie sehr Vieles hier dienen diese Massenszenen vor allem dazu die visuelle Opulenz und Pracht der geschaffenen Unterwasserwelt präsentieren zu können, und das ist ja auch das Alleinstellungsmerkmal des Wassermannes (wie er einst noch in den deutschen Comic-Heften hieß). Solch farbenprächtige Flora und Fauna, die immer wieder gern mit einer Art wellenartigem Effekt verziert wird, gab es bisher noch nicht zu sehen. Wenn dann aber eine Armee aus Seepferdchen aufmarschiert kann man doch wieder für einen Moment nachvollziehen, warum der Aquaman halt auch gern ein bisschen Spott auf sich zieht. Dazu gleich mehrere böse oder zumindest halb-fiese Gegenspieler, deren Agenda nicht immer erkennbar ist und von denen der eine oder andere („Black Manta“) offenbar auch schon mit Blick auf die Fortsetzung eingeführt wird.
Inmitten dieses kunterbunten, gelegentlich die Grenze zum Kitsch mehr als nur streifenden Bilderbogens irren die Figuren ein wenig ziellos umher, eben noch inmitten einer entspannten Insel-Romanze mit Urlaubsfeeling, die dann aber – wie eigentlich jeder ruhigere Moment – umgehend von der nächsten Actioneinlage abgelöst wird. Besonders heftig, aber auch sehr effektiv, vollzieht sich dieser Stimmungsumschwung schon in der Eröffnungssequenz, in der die von der wieder mal alterslos wirkenden Nicole Kidman verkörperte Königin Atlanna den Armen ihres Liebsten entrissen wird, um in Sekundenschnelle auf Kampfmodus umzuschalten und eindrucksvoll eine ganze Soldaten-Einheit zu zerlegen. Während sonst fast alle weiteren Charaktere blass bleiben, dominiert Jason Momoa eindeutig „seinen“ Film mit mächtiger Statur, Präsenz und einer passenden Prise Humor. Während es mit „Conan“ einst nicht funktionierte und bisher immer noch in erster Linie mit seiner Darstellung des nur in einer Staffel auftretenden Khal Drogo in „Game of Thrones“ identifiziert wird, dürfte „Aquaman“ nun sein endgültiger Durchbruch in die A-Liga sein. Was den Body angeht bewegt sich höchstens noch Dwayne Johnson in ähnlichen Gefilden, doch Momoa entspricht dabei optisch sicher eher dem klassischen Schönheitsideal und beweist hier nun ebenfalls die Fähigkeit zur Selbstironie.
Das deutete sich zwar auch schon beim ersten Auftritt dieser Figur in „Justice League“ an, aber eben auch nur das: Es deutete sich an. Insgesamt kommt „Aquaman“ aber doch ein ganzes Stückchen anders rüber als im DC-Team-Film, was ja genauso für „Wonder Woman“ galt. Wodurch noch einmal deutlich wird, wie viel weniger stimmig dieses Helden-Universum wirkt, gerade im direkten Vergleich zur sorgsam vorbereiteten Einführung der Figuren der Marvel-Filme. Jeder neue Beitrag ist bei DC weiterhin eine ziemliche Wundertüte und mit „Aquaman“ legt man nun ein farbenfrohes, vollkommen anspruchsloses, aber recht unterhaltsames Märchen vor, das weit von der düsteren Atmosphäre der Team-Filme entfernt ist. Beim Erzählen seiner Geschichte zeigt sich dieser Film allerdings genauso chaotisch und sprunghaft wie die ganze Franchise und so gesehen passt es dann ja wieder.
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