Hai-Alarm am Müggelsee

Jahr
2013
Laufzeit
103 min
Genre
Release Date
Bewertung
2
2/10
von Volker Robrahn / 11. März 2013

mueggel 1Leander Haußmann und Sven Regener sind zwei renommierte und sympathische Künstler, die schon mehrfach zusammengearbeitet und uns dabei Kleinodien wie „Herr Lehmann“ oder „Robert Zimmermann wundert sich über die Liebe“ beschert haben, Filme die Haußmann inszeniert und zu denen Regener entweder die Vorlage oder auch  mal nur die Musik geliefert hat. Was die beiden Kumpels sich jetzt im stillen Kämmerlein ausgedacht haben und wofür sie gleich ein halbes Dutzend namhafter deutscher Schauspieler motiviert haben, praktisch ohne Gage mitzuwirken, klingt als Idee auch durchaus vielversprechend. Einen „Alarm“-Film, in dem es weniger um den Auslöser der Geschichte geht sondern um das hilflose und aktionistische Verhalten der betroffenen  Personen drum herum, die hilflos und mit leeren Floskeln versuchen die Situation zu beherrschen, gefangen zwischen sturer Bürokratie, der eigenen Unzulänglichkeit und tiefster Provinzialität. Das Ganze sollte natürlich eine Komödie werden und wer die beiden hauptverantwortlichen Herren kennt, der weiß, dass vor diese dann das Wort „lakonisch“ gesetzt gehört. Gut, lakonisch ist der „Hai-Alarm am Müggelsee“ sicher auch irgendwie, doch was er ebenfalls unbedingt sein sollte, nämlich zumindest ein klein wenig komisch, das ist dieser Film leider überhaupt nicht geworden.
 

Das beschauliche Friedrichshagen am Müggelsee bei Berlin hat ein Problem. Nachdem dem Bademeister (Michael Gwisdek) die Hand abgebissen wurde, deutet vieles auf einen Hai im Gewässer hin. Das bestätigen auch die historische Aufarbeitung eines Vorkommnisses zu seligen DDR-Zeiten sowie die Expertise des erfahrenen Hai-Jägers Snake Müller (Uwe Dag Berlin).  Der umtriebige Bürgermeister (Henry Hübchen) und seine Marketing-Expertin Vera Braun (Anna-Maria Hirsch) wittern jedoch in der Bedrohung gleichzeitig die Chance, ihrem Städtchen durch öffentliche Aufmerksamkeit zu neuer Attraktion zu verhelfen, und rufen kurzentschlossen den Hai-Alarm aus. Auf die Wissenschaft in Person des Fischexperten (Tom Schilling) sowie den örtlichen Polizisten (Detlev Buck) können sie sich dabei verlassen, lediglich Geschäftsleute wie „Der reiche Mann von Friedrichshagen“ (Benno Fürmann) finden die Sache mit dem gesperrten See nicht ganz so witzig. Doch schwimmt darin denn nun wirklich ein Hai?
 

mueggel 2Die Besetzung ist in der Tat edel und in der Beschreibung klingt das alles auch gar nicht mal so schlecht. Und Sätze wie des Bürgermeisters Ausruf „Die Zahnpasta der Angst lässt sich nicht mehr in die Tube der Beschwichtigung zurückstopfen“ oder die  Instruktionen des Bademeisters „mal nicht immer alles hinterfragen sondern mitmachen. Und wenn Hai-Alarm ist, heißt das: Angst haben, weglaufen, so einfach ist das“ lesen sich ja auch ganz witzig. Doch die Vorfreude auf einen großen Spaß und eine nette Parodie werden bereits nach wenigen Minuten ziemlich brutal erstickt. Da singt Sven Regener ein reichlich albernes Liedchen vom Hai und der ebenfalls reichlich merkwürdige „Snake Müller“ beklagt in Hawaii seine abgelaufene selbstgebastelte Greencard.

Schon nach 10-15 Minuten ist dann ziemlich klar: Das wird nichts mehr. Was auf dem Papier noch witzig rüberkommen mag und vielleicht als Roman auch irgendwie funktioniert hätte, entpuppt sich in der filmischen Umsetzung als ein komplettes Desaster. Da sagen gestandene Mimen steif einen miesen Kalauer nach dem anderen auf und schauen anschließend als ob sie auf die Reaktion des Publikums warten. Doch von dem kommt nichts, denn während der Vorführung macht sich langsam Fassungslosigkeit breit ob des hier gebotenen Laientheaters. Weiter geht es mit  faden Wortspielen der Marke „Wal“ oder „Wahl“, und immer mehr Klischeefiguren deren Darsteller versuchen diese auch möglichst bescheuert wirken zu lassen.

mueggel 3Es ist in der Tat kaum zu glauben, aber es stimmt praktisch nichts hier, weder die Qualität der Gags noch das Timing mit dem diese rübergebracht werden. Es darf davon ausgegangen werden, dass die Beteiligten selbst einigen Spaß bei ihren Aktivitäten hatten, denn schließlich tanzen die beiden Regisseure hier auch selbst immer wieder durchs Bild und lässt Haußmann seine Intendanten-Kollegen Jürgen Flimm und Frank Castorf ihr Leben in selbstverständlich völlig sinnfreien Szenen beim örtlichen Griechen verbringen. Doch davon überträgt sich leider so gut wie gar nichts aufs Publikum, und entweder hat hier tatsächlich niemand ein Gefühl dafür entwickelt wie das Ganze dann auf der Leinwand wirkt, oder es hat halt einfach keinen wirklich interessiert.

Die Combo Haußmann/Regener strotzt in sämtlichen Aussagen zu ihrem Werk vor Überzeugung und Selbstbewusstsein und kündigt gleich mal weitere „Alarm“-Filme an. Ob das nun ernst gemeint ist oder nicht spielt im Grunde keine Rolle, denn schon für den „Müggelsee“ dürfte sich kaum ein Publikum finden lassen. Sollte es anders sein und der große Erfolg doch eintreten, erklärt der Rezensent sich todesmutig bereit auch die Fortsetzungen zu goutieren, aber dazu dürfte es kaum kommen. Denn dass hiermit kein Mainstream-Publikum zu ködern ist dürfte sowieso klar sein, doch auch der einer ordentlichen Portion gut gemachtem Trash gegenüber aufgeschlossene Konsument wird sich ganz schön umgucken und eventuell versuchen, Regressansprüche geltend zu machen.

mueggel 4Doch halt, irgendwann, man hat etwas mehr als die Hälfte der Prüfung bereits überstanden, da gibt es plötzlich doch noch eine herrliche Sequenz in Form einer köstlichen Pressekonferenz, die dann wirklich so etwas wie Witz versprüht und unter anderem die berühmten Worte eines Günter Schabowski zur Maueröffnung persifliert („Meines Wissens gilt das ab sofort“). Eine Szene, die gerade deshalb wie ein Fremdkörper innerhalb dieses ansonsten so platten und schlicht doofen Machwerks wirkt, weil sie bemerkenswert subtil daherkommt.

Ach ja, einen „Hai“ gibt es natürlich nie zu sehen im „Hai-Alarm am Müggelsee“, doch auch das gehört ganz sicher zum Konzept und ist ja dann schließlich auch irgendwo der Witz an der Sache. Oder halt auch nicht.  

Bilder: Copyright

Da kann ich nur "Sandsharks" empfehlen, ein wunderbar ehrlicher Trasher, der im prinzip die gleiche Story hat - inklusive des abgedrehten Geschäftsmanns, dem das Geld wichtiger als Menschlenleben ist - aber mit einer so großen Portion Absurdität und schwarzem Humor dass es eine Wonne ist! :)

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5
5/10

... um diesen film ansatzweise zu verstehen, sollte man berliner, noch besser: köpenicker sein. da das natürlich einige - nicht sind, kann ich es nachvollziehen warum man den grossteil des humors nicht versteht.
ein meisterwerk, ist er trotzdem nicht.

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