Die Männer der Emden

Jahr
2012
Laufzeit
128 min
Release Date
Bewertung
4
4/10
von Frank-Michael Helmke / 11. November 2012

Die SMS Emden ist eine Legende in der deutschen Kriegsgeschichte, die allerdings aus bestens bekannten Gründen eine Geschichte ist, über deren Legenden seit 70 Jahren nicht mehr so gern geredet wird. Beim Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914 im damaligen Stützpunkt des deutschen Kaiserreichs im chinesischen Tsingtau stationiert, erarbeitete sich dieser Kreuzer selbst beim Kriegsgegner einen sehr respektvollen Ruf,Die Männer der Emdenda die Besatzung der Emden nicht nur binnen zwei Monaten auf Kaperfahrt im indischen Ozean mehr als zwei Dutzend Schiffe aufbrachte und/oder versenkte, sondern dabei auch noch ein mehr als vorbildliches, geradezu ritterliches Verhalten gegenüber ihren Gegnern und Gefangenen an den Tag legte.

Dies dient für „Die Männer der Emden“ aber quasi nur als Prolog, denn die Geschichte, die hier erzählt wird, ist die zweite Legende um die Besatzung dieses Schiffs. Denn nachdem die SMS Emden in einem Gefecht mit einem weit überlegenen australischen Kriegsschiff vor den Cocos-Inseln ihr Ende fand, war ein gut 50-köpfiger Landungstrupp des Schiffs unter Führung des Kapitänleutnants Hellmuth von Mücke auf einer Insel gestrandet – und kämpfte sich von dort aus in einer abenteuerlichen Odyssee über die nächsten sechs Monate bis zurück in die Heimat durch.
 

Das ist eine an sich durchaus spannende Geschichte, doch man merkt „Die Männer der Emden“ schon in seinen ersten Minuten an, dass er sich nicht so ganz behaglich damit fühlt, von Durchhaltewillen und Pflichtbewusstsein deutscher Soldaten zu erzählen, ohne dieses historisch belastete Thema mit den politisch korrekten ambivalenten Untertönen zu versetzen. Gleichzeitig nimmt der Film sich von Anfang an einen Gutteil seines Spannungspotentials, denn in der ersten Szene sieht man besagten Kommandanten Hellmuth von Mücke (Sebastian Blomberg) im Zug zurück nach Berlin – nach erfolgreicher Heimkehr – während er als Off-Kommentar über das zurückliegende Abenteuer sinniert und sich fragt, ob es nicht bloß „blinder Gehorsam“ war, der ihn dazu getrieben hat,Die Männer der Emden seine Männer unnachgiebig nach Hause zu führen. Sämtliche Zweifel, die beim Zuschauer im Laufe des Films am Erfolg der Odyssee aufkommen und somit für Spannung sorgen könnten, werden so schon durch die erste Szene in Luft aufgelöst. Aus erzählerischer Sicht eine denkbar ungeschickte Eröffnung, die noch dazu unter dem reichlich affektierten Vokabular des Off-Kommentars leidet.

Kein guter Start also, von dem sich „Die Männer der Emden“ im weiteren Verlauf leider nie ganz erholt. Das liegt nicht nur an der mangelnden Spannung und den auch im Rest des Films oft etwas hölzernen und ungelenken Dialogen. Das liegt vor allem an der Unentschlossenheit des Films, der sich nie so recht entscheiden mag, wie und mit welchem Fokus er seine Geschichte jetzt eigentlich erzählen will.

Da wird pflichtschuldig ein Liebes-Subplot eingebaut und dem Offizier Overbeck (Ken Duken) vor Kriegsausbruch noch schnell eine Verlobte (Felicitas Woll) verpasst, die er über den Rest des Films dann arg vermissen darf und unbedingt wiedersehen will (in dieser Kinofassung sieht man von Felicitas Woll übrigens bis kurz vor Ende nichts mehr; der Trailer des Films lässt deutlich erahnen, dass es in der 56 Minuten längeren TV-Fassung, die als Zweiteiler konzipiert ist, einen umfassenden eigenen Strang um Woll und ihre Filmfamilie gibt, der fürs Kino komplett herausgeschnitten wurde).Die Männer der Emden Damit wird der Fokus des Films vom eben noch ins Zentrum gerückten Kapitänleutnant direkt wieder weggezogen zu seinem ersten Untergebenen, zumal es vornehmlich auch diesem zukommt, sich mit dem widerspenstigen anderen Offizier von Schulau (Jan Henrik Stahlberg) herumzuschlagen, der Overbeck nicht nur die Verlobte neidet, sondern auch als einziges Besatzungsmitglied die Entscheidungen des Kapitänleutnants anzweifelt und permanent kurz vorm Desertieren steht.

Genau hier verpasst der Film seine größte Chance für packendes Drama, denn obschon von Mücke in der ersten Szene selbst zweifelt, ob sein Handeln richtig war, wird das im restlichen Verlauf des Films nie wieder ernstlich infrage gestellt. Die gesamte Besatzung folgt dem Kommandanten ergeben in seine ständig lebensbedrohenden Manöver, um es zurück nach Hause zu schaffen und wieder aktiv am Krieg teilnehmen zu können. Auch wenn sich durchaus die Gelegenheit bietet, das Kriegsgeschehen daheim einfach im passablen Südsee-Paradies von Sumatra auszusitzen. Der einzige, der diese Möglichkeit offen bevorzugen darf, ist aber besagter von Schulau, und der wird von vornherein als so ein charakterloser Opportunist gezeichnet, dass man ihn eh nicht für voll nehmen kann. Die Möglichkeit einer Meuterei – was durchaus spannend hätte sein können – taucht im Prinzip nie auf.

Die Männer der EmdenSo beschränken sich die Konflikte zwischen den Charakteren auf ein klischeebeladenes Minimum, die Spannung um den Erfolg der Reise ist nicht existent, und die theoretische Möglichkeit, sich an einem ambivalenten Porträt des beizeiten wie besessen agierenden Kommandanten von Mücke zu versuchen, wird ebenfalls nicht genutzt, da man sich lieber mehr auf den hübschen und mit stereotypem Liebeskonflikt versehenen Overbeck konzentriert und die Figur des Kommandanten damit relativ flach lässt.
 

So bleibt „Die Männer der Emden“ ein Film, der sich seine eigenen Möglichkeiten konsequent selbst verbaut und es am Ende auch nicht wagt, wenigstens die einfachste Variante durchzuziehen und – wenn schon Klischee, plattes Liebesdreieck und Soldaten-Pathos – eine schlichte Heldengeschichte zu erzählen, wie es die Amerikaner mit so einer Story getan hätten. Aber das geht halt nicht, weil der Kampf, in den diese Soldaten zurückzogen, eben ein falscher war. So muss politisch korrekt am Ende dann doch die Frage stehen „Wofür haben wir das alles eigentlich gemacht?“. Und der Zuschauer fragt sich trotz allem bemerkens- und definitiv lobenswerten „production value“ und der sehr guten Kameraarbeit dann eben: „Wofür hab ich mir das eigentlich angesehen?“.

Bilder: Copyright

Irgendwie erscheint mir, als wenn dem Autor die Geschichte der Emden nicht wirklich bekannt ist oder er den ersten und zweiten Weltkrieg verwechselt. Den Krieg in den die Männer zurückkehren, war "nur" in der Hinsicht falsch, wie jeder Krieg falsch ist. Eine besondere Belastung Deutschlands wird bei den vielfältigen Gründen des Kriegsausbruches wohl nicht zwangsläufig feststellbar sein. Und mit dem zweiten Weltkrieg hat die Geschichte nun gar nichts zu tun.
Wer sich ein wenig mit Historie befasst, wird feststellen, dass Pflichtgefühl und Loyalität Anfang 1900 einen erheblich höheren Stellenwert hatten, als uns das logisch vorstellbar scheint. Wenn man die Chroniken damaliger Kolonialkämpfe verfolgt wird man darauf stoßen, dass das Ausharren im "Südsee-Paradies" im Normalfall nicht für eine Option europäischer Soladten gehandelt wurde. Eine Rückkehr in die Heimat wurde meistens aus freiem Willen gewählt.
Damals gabs auch keine Strandliegen und Cocktailbars, kurz es sah nicht so aus wie bei uns in den Urlaubskatalogen.

Diese Kritik verdiente einfach ein paar Anmerkungen.

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Das Problem ist doch, dass deutsche Filmemacher einfach keine spannenden Abentuerfilme drehen wollen, ohne einen moralischen Zeigefinger in die Höhe zu heben. Krieg ist immer eine schlimme Sache. Aber, sein wir doch einmal ehrlich, ohne Gewalt und Kriege würde es heutzutage weder die Troja- oder Nibelungensage geben und auch keine Lederstrumpferzählung. Wäre die Emden im 1. Weltkrieg ein US-Schiff gewesen, hätte Hollywood den Stoff schon 3-4 mal verfilmt, spannend, patriotisch und mit viel Pathos.
Da der 1. Weltkrieg nun einmal nicht von den Nazis begonnen wurde sondern von verschiedenen europäischen Staaten (Österreich, Russland, Deutschland, England, Frankreich..undundund), hätte man es hier mal richtig krachen lassen können. Aber das hätte Herr Helmke genauso wenig gemocht wie Herr Pfahl.
Trotzdem freue ich mich auf den 2-Teiler im Fernsehen. Mal sehen, wie die in dem Plot die Wahrheit verdreht haben, um politschz korrekt zu bleiben. Spannend wirds bestimmt.

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England trat in den 1. Weltkrieg ein, weil Deutschland in Umsetzung des Schlieffen-Plans neutrale Staaten angegriffen hat. Und eine besondere Belastung Deutschlands bzgl. des Kriegsausbruches ist durchaus feststellbar. Der Termin "1914" wurde bereits im Jahr 1912 diskutiert, siehe hier:
http://de.wikipedia.org/wiki/Kriegsrat_vom_8._Dezember_1912

Aus diesem Artikel:
"John C.G. Röhl fasste im Jahre 2008 aus seiner Sicht die Diskussion wie folgt zusammen: „Heute steht die Hauptverantwortung der deutschen und österreichischen Regierungen für die Herbeiführung des großen Krieges im Juli 1914 nicht mehr in Frage, [...]“"

Die obigen Anmerkungen verdienten einfach ein paar Anmerkungen. Was nicht heißt, dass man aus der Geschichte der Emden nicht einen geilen Kriegsfilm hätte machen können - "Wir waren Helden" trifft "So weit die Füße tragen". Kino ist schließlich zur Unterhaltung da. Wer etwas lernen möchte, kann Wikipedia lesen.

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4
4/10

Und wer studiert hat, der schreibt bei Wikipedia...
Die deutsche Position hat genauso zum Ausbruch des ersten Weltkrieges beigetragen, wie die Verflechtungen Englands, Russland und Frankreichs. Lassen wir doch diese Diskussion! Die Geschichte wird nicht mehr von den Siegern geschrieben. Es bleibt dabei: Wie schon beim "Roten Baron" ist es wieder mal nicht gelungen, etwas Schneid beim Filmemachen zu beweisen. Schade.
Wenn man in diesen Kategorien denken will, dann hat Deutschland durchaus seine Helden im 1. Weltkrieg gehabt. Und die sind - bis auf dass sie Patrioten waren - auch alle politisch nicht belastet. Langsam gehen uns aber die Heroen aus. Wenn dann irgendwann "Stahgewitter" verfilmt wird oder "Zwischen Weiß und Rot", dann ist hoffentlich eine Generation von Filmemachern dran, die etwas mehr drauf hat.

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@Erhardt: Die Argumente ignorieren, die Behauptung wiederholen, und dann "Lassen wir doch diese Diskussion!" schreiben. Super.

Um mit dem Diskutieren aufzuhören, müsstest du erstmal damit anfangen. Dazu gehören Belege. Du behauptest, die Verflechtungen Englands, Russland und Frankreichs (vulgo: Triple-Entente) hätten genauso zum Ausbruch des ersten Weltkriegs beigetragen wie die deutsche Position? Dann schreib doch bitte auch, woran du das fest machst. Und setz dich genauso mit dem auseinander, was andere (in diesem Fall: ich) an Argumenten bringen. Das gehört nämlich auch zu einer Diskussion.

Da du meinen ersten Beleg offenbar nicht als solchen erkannt hast, hier ein weiterer Versuch:
"Wilhelms Politik verstärkte die Rivalität der europäischen Großmächte, wodurch sich die Anzahl der Konflikte häuften. Besonders die Rüstungsanstrengungen des Deutschen Reiches bewogen andere Staaten, sich gegen das Kaiserreich zu verbünden. Selbst Frankreich und Großbritannien legten ihre kolonialpolitischen Interessenkonflikte in Afrika durch den Abschluss der Entente cordiale 1904 feierlich bei. Dadurch war die Kriegsgefahr zwischen den beiden alten Kontrahenten endgültig gebannt. 1907 wurde ihr Bündnis durch Russland zur Triple Entente erweitert."
aus: http://de.wikipedia.org/wiki/Mittelm%C3%A4chte

"Die Geschichte wird nicht mehr von den Siegern geschrieben." - Stimmt. Aber auch nicht von den Verlierern. Ich glaube auch nicht, dass es hier um das Schreiben oder Umschreiben von Geschichte geht - bei "Die Männer der Emden" zumindest.

Wobei, gerade fällt mir auf, dass sich die Kommentare von Erhardt, Carl Georg und Chris stilistisch recht ähnlich sind. Hast du mehrere Vornamen? Meinst du mit "Diskussion" vielleicht, dass du hier unter verschiedenen Namen postest?

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4
4/10

Nun denn, gern.
Ich bitte Sie, geschätzter Panther, doch nur um etwas Refelxion.
Es ist mir völlig bewußt, dass seit den 1960er Jahren eine Schule von Historikern die deutsche Verantwortung am Kriegsausbruch 1914 übermäßig betont. Und das es eine Verantwortung gab, ist nicht zu leugnen. Wie stets, gibt es jedoch nie Monokausalitäten. Sie zitieren (unbewußt?) Fritz Fischer. Aber auch Herr Fischer muß vor dem Hintergrund seiner Zeit gesehen werden. Als er Ende der 60er seinen "Griff nach der Weltmacht" rausbrachte, traf er den Nerv der Zeit - war aber absolut im eigenen Zeitgeist gefangen. Wie sollte es auch anders sein?
Für die Chronologie der Vorkriegszeit danke ich. Sie ist bekannt.
Es spricht sehr vieles gegen die Aufwertung des Kriegsrates vom 8.12.12 zum Verschwörerzirkel: Das Militär verhält sich an diesem Tag, wie es sich immer verhalten hat (der Schliefen-Plan ist zu diesem Zeitpunkt im Grunde schon veraltet), der Kaiser (eigentlich auch wie immer) läßt sich zu unbedachten Äußerungen hinreiße. Keiner der Anwesenden hatte nach Recht und Gesetz die Kompetenz zu diesem Zeitpunkt über einen Krieg zu befinden. Bitte sehen Sie sich doch hierzu die Stellung des Kaisers in der Reichsverfassung an. Zustimmung des Bundesrats etc.

Aus Wikipedia zitieren ist nie ohne Risiko.
Um die "Verflechtungen" Englands, Russlands und Frankreichs zu beleuchten (die wesentlich älter waren als die formale Triple-Entente) empfehle ich Robert K. Massies großes Buch "Die Schalen des Zorns". England hatte sich zum Kriegseintritt verpflichtet, lange bevor die belgische Neutralität in Gefahr war.

Ich möchte nicht dozieren. Aber Ihre Position nur mit Wikipedia-Einträgen zu untermauern wird nicht reichen.

Nun bin ich gespannt auf die zweite Runde.

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4
4/10

Verzeihen Sie die zweite Wortmeldung, ich hatte Ihren Kommentar erst später ganz gelesen.
Sie scheinen einen gewissen Hang zu Verschwörungstheorien zu haben, wenn Sie unterstellen, dass ich unter mehreren Namen zum gleichen Film schreibe. Dem ist nicht so.
Ich stehe ansonsten gern zur Verfügung.

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10
10/10

Ein großartiger Historienfilm mit einer phantastischen Story, wunderschönen Bildern und einer romantischen Liebesgeschichte. Dazu mit einem Hauptdarsteller, der Til Schweiger verblüffend ähnlich sieht. Die eigentliche Handlung, ein fast unglaubliches Abenteuer, hat sich tatsächlich vor fast hundert Jahren so zugetragen. Die Premiere fand vor einigen Tagen statt in größten Kinosaal Deutschlands, der traditionsreichen Lichtburg in Essen. Das Drehbuch beruht auf einer authentischen Geschichte, die sich vor fast hundert Jahren zugetragen hat:

http://www.die-maenner-der-emden.de/

Schade, daß der Film von Feuilleton-Journalisten nahezu aller Zeitungen mit keiner Silbe erwähnt wurde. Die Gründe sind offensichtlich der Political Correctness geschuldet. Denn es gab mal eine Zeit in Deutschland, da kannte jedes Schulkind die Geschichte der Emden.

Kurz zur Handlung:

Da gerät eine Gruppe blauer Jungs im fernen China mitten in die Katastrophe des Kriegsausbruchs von 1914. Vom Tsingtau aus stechen sie mit ihrem Kreuzer in See, gehen auf eine abenteuerliche Kaperfahrt durch Pazifik und indischen Ozean. Ihr Schiff wird versenkt, es gibt Tote. Eine kleine Gruppe, die zuvor zu einem Kommandounternehmen auf eine Insel abgesetzt wurde, kann nicht mehr auf das Schiff zurück. Sie beschließen, ihr Schicksal in die eigene Hand zu nehmen und sich mit einem gekaperten Schoner quer durch feindliches Seegebiet sich in die deutsche Heimat zurück zu schlagen. Sie landen in der arabischen Küste, bestehen noch einige Abenteuer und treffen nach einer fast einjährigen Odyssee wieder zu Hause ein.

Diese phantastische Geschichte gibt eigentlich genug Stoff für einen Streifen in Überlänge. Aber selbst der Untergang der Titanic musste seinerzeit filmisch in eine Liebesgeschichte mit Herzschmerz eingerahmt werden. Anders ist eine solche Story dem Kinopublikum heute nicht mehr zu vermitteln. Ein Vorgänger in diesem Genre, der Film →Das Boot, kam vor über dreißig Jahren noch ohne solches Beiwerk aus.

Das Historiendrama um die Emden und ihre Besatzung kommt ohne den heute üblichen Klamauk aus: Weder spritzt das Blut in Fontänen noch fliegen verstümmelte Gliedmaßen durch die Luft. Und auch die Liebesszenen sind dezent. Da bleibt es bei Andeutungen: Es werden keine schwitzend keuchenden Leiber bei der Ausübung des Geschlechtsverkehrs in Szene gesetzt. Die Kameraführung bleibt wohltuend konservativ.

Der Regisseur hat ein gutes Händchen für subtil unterschwelliges: So etwa die Szene, wie die Mannschaft mit gesenkten Köpfen dem Untergang Ihres Schoners zusieht. Es wird nirgends ausgesprochen, aber man spürt es: Seeleute glauben an die Seele eines Schiffes, haben ein fast metaphysischen Verhältnis zu dem Planken, die sie schützend über das Meer tragen und vor dem nassen Tod bewahren. Und so erweisen sie dem alten Schoner bei seiner endgültigen Fahrt in die Tiefe die letzte Ehre. Oder die Episode, wo am frischen Grab mitten in der Wüste das Lied vom „Guten Kameraden“ angestimmt wird. Fast unwirklich die Szene, wie der Trupp der Heimkehrer hinter der Reichskriegsflagge auf Kamelrücken durch die endlose Weite der arabischen Wüste der Heimat zusteuert. Aber so war es tatsächlich.

Der Patriotismus der damaligen Zeit mag uns heutzutage fremd, nahezu peinlich erscheinen. Vaterlandsliebe war keine eingetrichterte Pflicht, sondern kam aus ehrlich aufrichtigen Herzen. Und so steht man dem Kameraden bei in der Not, einer für alle, alle für einen. Dieses Bewusstsein vor fast einhundert Jahren stellt der Film eindrucksvoll dar ohne pathetisch zu wirken. Für eine heutige Generation, in der sich die Solidarität für die Gemeinschaft auf das Zahlen von Steuern und Sozialabgaben beschränkt, muß das befremdlich, ja fast lächerlich wirken. Vielleicht ein Grund, weshalb sich Filmkritiker mit diesem Werk schwer tun und deshalb lieber gleich die Finger davon lassen. Denn im Gegensatz zum üblichen Genre werden hier deutsche Soldaten weder als hohlköpfige, brutale Nazis noch als tapfere Widerstandskämpfer stilisiert. Sondern als Matrosen der kaiserlichen Marine, die sich einem alten Ehrenkodex verpflichtet fühlen und diesem alles unterordnen.

Der Spiegel, jene Hamburger Illustrierte, die sich selbst die moralische Deutungshoheit über die jüngere Deutsche Geschichte anmaßt, hat in ihrer →Online-Ausgabe am einen übellaunig gehässigen Artikel zum Film abgelassen. Die Emden und ihre Mannschaft werden (fälschlich) als Kolonialverbrecher denunziert. Lesenswert sind die →Kommentare kritischer Leser, die sich nicht durch die Polemik ins Bockshorn jagen lassen; sie sprechen für sich.

Ein Wermutstropfen in dem ansonsten gelungenen Werk: Jene Szene, wo die Emden-Heimkehrer durch die erfundene Figur des Generals Von Leuchtenburg dekoriert wurden. Diese Episode ist nicht nur frei erfunden, sondern auch unvorstellbar. Nur die Marine war „kaiserlich“, nicht das Heer. Undenkbar, daß ein Heeresoffizier im Kaiserreich die Ordensverleihung an Seesoldaten vorgenommen hätte. Zudem ist die Rolle des Armeegenerals mit →Peter Sodann, bekannt als Leipziger Fernseh-Kommissar, völlig fehlbesetzt. Wie sehr dem Kaiser seine Emden-Fahrer am Herzen lagen offenbart der Umstand, daß diese sämtlich geadelt wurden: Alle erhielten das erbliche Recht, Emden in Ergänzung zu ihrem Nachnamen zu führen. Schade, daß diese Episode im Nachspann des Films keiner Erwähnung findet. Denn noch heute existiert die „Emden-Familie“ derjenigen, die diesen Namenszusatz tragen: http://www.emdenfamilie.de/wir-ueber-uns.html

Fazit: Ein sehr sehenswerter Film, ein großartiges Kinoerlebnis.

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