Als junges Mädchen hat Cataleya (Zoe Saldana) miterlebt, wie ihre Familie von Marco (Jordi Molla), dem Handlager von Kartellboss Don Luis (Beto Benites) ermordet wurde. Seitdem sinnt sie auf Rache. Zwischenzeitlich hat sie es selbst zu einer Karriere in Sachen Gewalt gebracht, angeleitet von ihrem Onkel Emilio (Cliff Curtis). Als Auftragskillerin ist sie gut im Geschäft, zu gut für den Geschmack des Polizisten Ross (Lennie James). Aber Cataleya hat eigentlich nur ein Ziel: Diejenigen, die für den Tod ihrer Eltern verantwortlich sind, zu finden und zur Rechenschaft zu ziehen....
Luc Besson hat sich – wie so ziemlich alle Bewohner dieses Planeten – vermutlich „Avatar” angesehen, und trotz blauer Haut und Komplett-CGI ist ihm wohl wie den meisten Herren im Publikum Zoe Saldana aufgefallen. Die durfte dann ja auch noch direkt danach in „Star Trek” sexy und tough zugleich sein, und Herr Besson war wohl verschossen. In die sexy Frau Saldana auf der einen Seite, in die Idee, aus ihr den neuesten Action-Star der Action-B-Film-Sparte seiner Produktionsfirma Eurocorp zu machen, auf der anderen. Und der dicke Gallier im Produzentenstuhl weiß schließlich wie's geht, hat er doch erst Jason Statham mittels der „Transporter”-Reihe zum größten Actionstar der letzten Dekade und dann gar Liam Neeson auf dessen alte Tage noch zum Hauptdarsteller in hirnloser, aber knalliger Action wie „96 Hours” gemacht. Und nun also Saldana. Vielleicht weil es sich um eine Dame handelt, hat Besson, der zusammen mit Partner Robert Mark Kamen das Drehbuch schrieb, auf mehr Story- und Charakterelemente gesetzt als in der erfrischend denkfreien Zone, in der der „Transporter” so seine Runden fährt. Vermutlich schwebte ihm auch eine Mischung zwischen der Dramatik seines alten Hits mit weiblicher Killerin, „Nikita”, und der Ästhetik seiner Action-Produktionen der letzten Jahre vor.
Einzig: Das funktioniert alles nicht. Der von Besson beauftragte Regisseur Olivier Megaton (“The Transporter 3”) trägt da noch eine mindere Schuld, er filmt das Ganze routiniert mit den mittlerweile bekannten schnellen Schnitten und wahlweise tiefblauen oder orangen Farbfiltern ab, so wie es sich für eine Eurocorp-Actionschnurre gehört. Das sieht manchmal ein bisschen aus wie „CSI: Miami“, denn das ist ja der Hausstil, auf den sich Besson und seine Gefolgsleute im Regiestuhl geeinigt haben, aber das macht ja erstmal nichts. Gelackte Optik – warum nicht? Leider ist „Colombiana“ aber ebenso schlecht geschrieben wie eine herkömmliche Folge dieser Serie, Figuren und Dialoge sind läppisch, einzig David Carusos unterirdisches Schauspiel als Horatio Caine wird hier doch überboten, wenn auch nur denkbar knapp.
Und so trifft Besson die Hauptschuld. Er begeht in seinem Drehbuch folgenschwere Fehler. Denn wenn er statt launiger Gaga-Action à la „Transporter“ schon auf Figuren, Gefühle und Dramatik setzen will, dann sollten all diese Elemente eben auch ein Minimum an Glaubwürdigkeit und Präsenz haben. Sämtliche, aber auch wirklich alle Figuren sind Abziehbilder ohne jegliche Tiefe und ihre Konflikte banal und klischiert bis zum geht nicht mehr. Anstatt Rollennamen hätte man die Figuren des ganzen Films im Cormac McCarthy-„The Road“-Stil auch aufgrund ihrer Funktionen benennen können: die Killerin mit Herz, der Mentor, der Freund, der Polizist, der Kartellboss, sein böser Handlanger. Oder vielleicht mit Pappschildern um den Hals. Jedenfalls haben alle Figuren hier ziemlich genau eine Charaktereigenschaft oder Plotfunktion.
Offensichtlichstes Beispiel: Der ohnehin eher blasse Michael Vartan hat als Cataleyas Freund gar keine Chance, irgendetwas zu zeigen, seine Rolle existiert eigentlich nur, um Cataleya in Schwierigkeiten zu bringen. Die Charakterisierung von Mafiaboss Don Luis und seiner rechten Hand Marco sind ein Witz, beide sehen böse aus und sind das dann auch, ohne darüber hinausgehende Beweggründe oder besondere Motivation. Und bei unserer Hauptperson Cataleya, gegen deren flache Charakterisierung Saldana nicht ankommt, selbst wenn sie wollte, sieht es nicht besser aus: Als coole Killerin soll sie natürlich ihre Gefühle verstecken, aber es kommt von ihren Krisen emotional rein gar nichts herüber.
Der endgültige Todesstoß wird dem Script dann durch einige Szenen gegeben, die bar jeder Logik oder Erklärung sind. Als etwa Emilio die junge Cataleya zum in-die Schule-gehen zwingen will, zeigt er ihr seine Idee der Alternative: Auf offener Straße und inmitten von dutzenden Zeugen schießt er ein vorbeifahrendes Auto zusammen, um ihr zu zeigen, was es heißt, ein Killer zu sein. Wir sehen sogar die Polizei ankommen und trotzdem steckt Emilio auf der anderen Straßenseite seelenruhig seine Pistole ein und wandert mit Cataleya unbehelligt nach Hause. So etwas gibt es nur in Besson-Land.
Bleiben also nur die Actionszenen und auch hier herrscht Ernüchterung. Realistischer angelegt als die „Transporter“-Reihe muss der Zuschauer hier leider auf absurde Momente à la „Auto gegen Zug“ verzichten. Der Preis dafür ist relative Eintönigkeit, denn obwohl die Actionszenen alle ordentlich umgesetzt sind, fehlt es an Denkwürdigem und erwähnenswerten Stunts. Von den set pieces bleibt einzig Cataleyas erster Einsatz in einem Gefängnis im Gedächtnis. Und, das sei ohne Spoiler gesagt, das endgültige Schicksal von Don Luis ist eine recht nette, so selten gesehene Idee und einer der wenigen Momente, in der so etwas wie Inspiration sein Haupt ein wenig regt.
Aber diese zarten Lichtblicklein reichen nicht, um „Colombiana“ zu etwas anderem als 08/15-Action von der Stange zu machen. Ganz ehrlich: Da hat man sich sogar bei den Kloppereien eines „Conan“ noch besser unterhalten gefühlt. Einzig die, denen nach all den Superhelden- und Kampfroboterexzessen des Sommers der Sinn nach altmodischer Action steht, sollten hier einen Blick riskieren. Oder eben jene, die Zoe Saldana vor allem in hautengen Kostümen - gerne auch mit durchscheinenden Brustwarzen - und waffenstarrend durch die Gegend schleichen sehen wollen, denn immerhin diesen kleinsten gemeinsamen Nenner erreicht "Colombiana".
Aber selbst für diese Zielgruppe haben wie eine bessere Idee parat. In dem bei uns direkt auf DVD erschienenen „The Losers“ tritt Saldana nämlich als toughe Actionbraut bereits mächtig Ärsche und anders als in „Colombiana“ macht der sie dort umgebende Film auch richtig Spaß. „Colombiana“ ist dagegen ein verzichtbarer Beitrag aus der Reihe „Kann man nebenher laufen lassen, wenn im Fernsehen gerade wirklich nix anderes läuft“. Aber ins Kino muss man sich für diese kolumbianischen Killer wirklich nicht bemühen.
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