Reingehen, Hirn ausschalten, Spaß haben. Dass man "Knight and Day" mit diesen Worten würde beschreiben können, war bereits nach der Veröffentlichung des ersten Trailers zu James Mangolds ("Todeszug nach Yuma", "Walk The Line") Actionkomödie ersichtlich. Wir haben es hier mit einem klassischen Vertreter der Kategorie "sommerlicher Popcornfilm" zu tun, der seinen Zuschauern keine größeren Denkleistungen abverlangt, sondern schlicht und einfach knapp zwei Stunden lang gut unterhalten will. So weit, so gut, nur der Spaß ist hier leider gar nicht so leicht zu finden.
Da es in solchen Filmen ja typischerweise vor allem darum geht, die publikumswirksamen Stars ins rechte Licht zu setzen, ist die Handlung auch hier eher Nebensache. Weil sie so schön sinnlos und absurd klingt, sei sie dennoch kurz wiedergegeben: June Havens (Cameron Diaz) rennt mit ihrem Koffer im Schlepptau quer durch den Flughafen von Wichita, Kansas, um noch rechtzeitig den Flug zu erwischen, der sie zu ihrem Zuhause in Boston und zur Hochzeit ihrer Schwester bringen soll. Dummerweise rennt sie dabei nicht nur gleich zweimal versehentlich den smarten und charmanten Roy Miller (Tom Cruise) um, sondern landet schließlich auch im selben Flugzeug wie er. Sie kommt mit ihm ins Gespräch und lässt sich so sehr von seinem Charme verzaubern, dass sie sich für einige Minuten auf der Bordtoilette einschließt, um dort all ihre körperlichen Attribute noch einmal ins rechte Licht zu rücken. Währenddessen liefert sich Roy mit den wenigen anderen Passagieren einen Kampf auf Leben und Tod, aus dem er siegreich hervorgeht. June, die von all dem Radau seltsamerweise überhaupt nichts mitbekommen hat, schaut ziemlich sparsam als sie die erschossenen Piloten erblickt und Roy, der offenbar ein auf alle Arten von lebensbedrohlichen Situationen vorbereiteter Geheimagent ist, das Flugzeug in einem Maisfeld notlanden muss. Anschließend gibt er June noch schnell den Ratschlag, keinen anderen Agenten, von denen sie höchstwahrscheinlich Besuch erhalten wird, zu vertrauen, bevor er ihr ein Betäubungsmittel verabreicht. Stunden später wacht June zu Hause in ihrem Bett auf, ohne einen blassen Schimmer zu haben, wie sie dort hingekommen ist. Und natürlich lassen auch die angekündigten, höchst offiziell aussehenden Herren in den schwarzen Anzügen nicht lange auf sich warten, die June freundlich, aber bestimmt bitten, mal eben kurz zu ihnen ins Auto zu steigen…
Wenn es nach dem Willen seiner Macher geht, soll "Knight and Day" nicht nur einer der Kassenschlager dieses Sommers werden, sondern auch endlich mal wieder ein richtig großer Hit für Tom Cruise, wie dieser ihn nun schon länger nicht mehr verbuchen konnte. Um dieses Ziel zu erreichen, stand Cruise nun nach "Vanilla Sky" ein weiteres Mal mit Camreon Diaz vor der Kamera, so dass für die benötigte Star-Power gesorgt ist. Mit James Mangold hat sich zudem ein Regisseur des Projekts angenommen, der bereits in den unterschiedlichsten Genres erfolgreich war und mit großen Namen umgehen kann. Die Vorraussetzungen für einen unterhaltsamen Sommer-Blockbuster sind hier also definitiv gegeben. Leider strengt sich "Knight and Day" aber von der ersten bis zur letzten Minute so sehr an, genau dieser unterhaltsame Megahit zu werden, dass der Film letztendlich mehr verkrampft und angespannt als locker und unterhaltsam wirkt.
Von Anfang an wirkt da irgendwie nichts so richtig passend, obwohl die guten Ansätze überall vorhanden sind. Über die völlig an den Haaren herbeigezogene und jeder logischen Fundierung entbehrende Agentenstory könnte man in einem Actionspektakel dieser Art gnädig hinwegsehen, wenn wenigstens der Rest stimmen würde. Aber hier wirkt fast nichts stimmig, natürlich und glaubwürdig, sondern meistens alles sehr bemüht und gewollt. Der Film will durchgehend komisch sein und großartige Action bieten, anscheinend haben Mangold, Cruise und die Drehbuchautoren (von denen es mehrere gab, auch wenn der Abspann nur einen Namen nennt) dabei aber vergessen, dass weniger manchmal mehr ist und zuviel des Immergleichen schnell zur Ermüdung führen kann.
Von den ersten Szenen an legt "Knight and Day" ein rasantes Tempo vor, verheddert sich dann aber in einem chaotischen Mischmasch aus Actionszenen und Comedy. Erstere sind leider zum Teil gründlich misslungen; sie wirken oftmals schlecht choreographiert und wie aus Einzelteilen zusammengestückelt. Zusätzlich wurde die Filmmusik über weite Strecken dem actionreichen Geschehen auf der Leinwand schlichtweg miserabel angepasst und erzeugte zumindest beim Rezensenten eher Irritation als Spannung. Vom oben erwähnten Maisfeld (das mit seinem Verweis auf "Der unsichtbare Dritte" nur eine von zahlreichen Verbeugungen des Films vor dem Hitchcock'schen Oeuvre darstellt) geht es im Verlauf der Handlung um die halbe Welt und Roy und June landen unter anderem in Salzburg, im spanischen Pamplona und sogar auf einen kurzen Abstecher im Rheinland-pfälzischen Schwedelbach.
Schauspielerisch bekommt man dabei genau das, was man erwarten konnte: Tom Cruise spielt einmal mehr die Rolle des gut aussehenden Actionhelden, der auch nach der härtesten Prügelei keine Schweißflecken auf dem Hemd hat. Das blankweiße Cruise-Grinsen hat er natürlich immer noch drauf und setzt es auch fleißig ein, ansonsten fällt in einigen Nahaufnahmen auf, dass der Gute in den letzten Jahren ganz bestimmt nicht jünger geworden ist. Cameron Diaz' wiederum überzeugt jedenfalls in den Dingen, die das Drehbuch für ihre Figur vorgibt: verwirrt dreinschauen, vor ihren Verfolgern davon rennen und sich immer wieder von Tom Cruise retten lassen. Im Ernst, die Komplexität ihrer Rolle war hier bestimmt nicht ausschlaggebend für Frau Diaz' Zusage; als kreischende, von anderen Charakteren durch die Handlung gehetzte und selten Eigeninitiative zeigende June Havens erinnert sie hier ein wenig an Willie Scott, die von Kate Capshaw gespielte Sängerin im zweiten "Indiana Jones"-Film, dessen Macher schon vor 26 Jahren berechtigte Kritik aufgrund des im Film porträtierten Frauenbildes einstecken mussten. Was im Jahr 2010 an einer solch rückständigen Frauenrolle immer noch so interessant sein soll, weiß wohl nur Cameron Diaz selbst.
Die immer wieder in und zwischen den Actionszenen eingestreute Komik will in "Knight and Day" leider auch recht selten zünden. Erstens gilt auch hier, dass alles viel zu forciert wirkt - Lacher können halt nun mal nur dann wirklich zünden, wenn das Ganze wenigstens frisch und spontan wirkt - und zweitens hat man die wirklich witzigen Szenen und Dialoge alle schon im Trailer gesehen. Der fertige Film hält keine weiteren Überraschungen parat.
So erweist sich "Knight and Day" als ein von Anfang bis Ende durchkalkuliertes Produkt, in dem aber längst nicht alle Rechnungen aufgehen. Ein Film, der zwar streckenweise gut unterhält, der aber viel mehr will als er tatsächlich zu leisten vermag.
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