Rebel Ridge

Land
Jahr
2024
Laufzeit
131 min
Genre
Release Date
Streaming
Bewertung
8
8/10
von Matthias Kastl / 8. September 2024

Ob “The Gray Man“, “Red Notice“ oder “Heart of Stone“ - so richtig glücklich konnte man mit vielen Netflix-Eigenproduktionen der letzten Jahre nicht wirklich sein. Oft zwar namhaft besetzt, kamen diese meistens uninspiriert, formelhaft und aufgebläht daher, versuchten irgendwie möglichst alle Geschmäcker zu treffen und endeten so im Mittelmaß. Aber siehe da, ein kleineres Budget und weniger Stars scheinen die Kreativität wohl zu beflügeln, und so erhalten wir mit “Rebel Ridge“ nun einen über weite Strecken sehr effizient und clever umgesetzten kleinen Action-Thriller. Dabei lässt man sich ein wenig von der Storyline von “Rambo“ inspirieren, wobei das klassische Duell “Einer gegen alle“ hier zwar deutlich nüchterner und weniger blutig daherkommt, dafür aber interessante eigene Facetten entwickelt.

Im Gegensatz zu John Rambo ist es diesmal kein traumatisierter Kriegsveteran, der ungute Erfahrungen mit der Polizei einer amerikanischen Kleinstadt macht. Mit dem US-Marineinfanterist Terry Richmond (Aaron Pierre) sollte man sich trotzdem nicht anlegen, was dem Polizeichef Sandy Burnne (Don Johnson, “Knives Out“, “Machete“) des Örtchens Shelby Springs aber nicht bewusst ist. Dessen Beamte nehmen Terry unrechtmäßig Geld ab, mit dem dieser vor Ort eigentlich die Kaution seines Cousins bezahlen wollte. Als Terry vor Ort nachforscht trifft er auf eine lokales System von Lügen und Korruption und lediglich bei der jungen Gerichtsangestellten Summer McBride (AnnaSophia Robb) auf Verständnis. Doch für das wahre Gesetz hält sich hier lediglich Polizeichef Burnne, und so droht die Lage schon bald zu eskalieren.
 


Ein genauso kampferprobter wie wortkarger Protagonist, der eigentlich keinen Ärger will, dann aber von dem korrupten Polizeichef einer Kleinstadt dazu provoziert wird – da kommen natürlich nostalgische Erinnerungen an eine von Sylvesters Stallones Paraderollen hoch. Doch auch wenn sich der gute Terry hier auch einmal übergangsweise im Wald versteckt, “Rebel Ridge“ kommt insgesamt deutlich weniger emotional und actionreich als ein klassischer “Rambo“-Film daher. Was vor allem daran liegt, dass Terry sehr lange jeder Konfrontation aus dem Weg gehen möchte und im Gegensatz zu John Rambo nicht so leicht reizbar ist. Klingt vielleicht ein wenig langweiliger, sorgt hier aber gerade in der ersten Hälfte trotzdem für richtig starke Unterhaltung.

Ohne eine Sekunde zu verlieren wirft man uns in die Geschichte und etabliert dabei auf wirklich clevere und sehr natürliche Art die zentralen Figuren und die Storyline. Die erste Hälfte von “Rebel Ridge“ ist wirklich ein Paradebeispiel für ein effizientes Drehbuch. Wenige aber einprägsam gezeichnete Figuren, ein paar knappe Wortwechsel sowie hier und da angereichert um ein paar charmante kleine Eigenheiten des Kleinstadtlebens – das reicht schon, um uns in das Szenario erfolgreich eintauchen zu lassen. Gerade dank auf den Punkt geschriebener Dialoge und einer sehr minimalistischen aber gelungenen Inszenierung haben viele Szenen eine wirklich hohe Intensität, gerade wenn Terry sich den Provokationen des Polizeichefs ausgesetzt sieht. Ach, kaum jemand kann einfach so wundervoll ein schleimig grinsendes Arschloch spielen wie Don Johnson, der in den letzten Jahren ja so etwas wie einen zweiten Frühling erlebt und hier einfach nur großartig ist. Gerade das Zusammenspiel mit Aaron Pierre, dessen stoischer Auftritt als Terry zwar nicht Oscar-verdächtig, für die Geschichte aber genau richtig ist, sorgt für ein paar verdammt unterhaltsame Psychoduelle.
 


Es ist darum ein bisschen schade, dass der Film in der zweiten Hälfte ein klein wenig an Tempo verliert. Was vor allem daran liegt, dass man in Sachen Laufzeit Netflix-typisch wieder mal völlig unnötig die Zwei-Stunden-Marke knacken möchte, dafür aber eine Verwässerung der Geschichte in Kauf nimmt. Die zwar immer noch ganz unterhaltsam aber eben nicht mehr so gnadenlos effizient und packend wie zu Beginn daherkommt. Was auch daran liegt, dass Don Johnsons großartiger Polizeichef leider ein wenig in den Hintergrund tritt und stattdessen der Fokus auf der zwar netten aber eben nicht ganz so mitreißenden Beziehung zwischen Terry und der jungen Summer liegt.

Manche mögen auch etwas enttäuscht sein, dass am Schluss das große Actionfeuerwerk und Blutbad ausbleibt. Und das obwohl Regisseur Jeremy Saulnier (“Green Room“) in seinen bisherigen Filmen vor Gewalt jetzt nicht gerade zurückgeschreckt hat. Bei aller Freude über ein ordentlich inszeniertes Action-Spektakel, der Verzicht auf eine Genre-typische Auflösung des Konflikts zugunsten einer etwas komplexeren Figurenzeichnung wirkt hier nicht nur sehr erwachsen, sondern auch irgendwie erfrischend. Wie der ganze Film, dessen bis dato sehr gute internationale Kritiken hoffentlich auch Netflix eine kleine Lehre sein werden. Niedrigere Produktionskosten, dafür bessere Filme – die Formel muss Netflix doch auch gefallen.

Bilder: Copyright

6
6/10

Die Eröffnungsszenen zogen mich recht schnell in den Film hinein, indem sie die (nicht ganz so originelle) Story recht fesselnd erzählten. Die gute Leistung des Hauptdarstellers war überzeugend und verlieh der rauen Prämisse zusätzliche Tiefe.

Doch allmählich begann der Film, an Substanz zu verlieren. Mit fortschreitendem Verlauf wurde die Handlung zunehmend verworren und vor allem langweilig auf einen Nebendarsteller fokussierend, insbesondere zur Mitte des Films. Was anfänglich noch eine klare Erzählung war, verwischte zusehends und es schien, als hätte die Geschichte ihren roten Faden verloren. Der Hauptdarsteller hatte dann auch zunehmend Mühe, den Film mit seiner ruhigen und speziellen Art zu tragen. Das Ende jedoch war der Moment, an dem der Film dann vollends scheiterte. Was eigentlich ein furioses Finale hätte werden müssen, wurde zu einer totalen Enttäuschung. Es fehlte an Spannung, Aufregung und jeglichem echten Höhepunkt, was mich in frustriert zurückließ. Zu allem Überfluss war das Ende auch so abrupt und ungelöst und hinterließ mehr Fragen als Antworten.

Auffallend war auch die inkonsistente Kameraführung. Einige Szenen waren gut gefilmt und schufen eine fesselnde, filmische Atmosphäre. Andere hingegen schienen direkt einem billigen TV-Format entnommen. Auch war der Ton bei mir nicht ganz in Ordnung, denn nur die deutsche Stimme von Aaron Pierre war irgendwie übersteuert und blechern. Kann aber ein Einzelfall bei mir im Stream sein.

Der Film begann mit vielversprechenden Ansätzen, doch bedauerlicherweise vermochte er diese nicht vollends einzulösen. Sehr gefallen hat mir hingegen, dass der Film insgesamt recht authentisch daherkommt. Keine exzessive Brutalität und kein hollywood-typischer body-count.

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