Das nennt man wohl eine schwere Geburt. Fast 20 Jahre ging James Cameron mit der Verfilmung des Manga "Battle Angel Alita“ schwanger, wurde aber immer wieder durch andere Projekte davon abgehalten, vor allem natürlich durch den gigantischen Erfolg seines revolutionären „Avatar“-Films. Der liegt nun zwar auch schon wieder fast eine Dekade zurück, dennoch ließen die aktuell gleich vier (!) in Produktion befindlichen Fortsetzungen Cameron letztlich nicht die Zeit, selbst die Regie bei „Alita“ zu übernehmen. Die übergab er nun an Robert Rodriguez, ebenfalls ein sehr renommierter Filmemacher, dessen Stil aber eigentlich doch etwas rauer und dreckiger angelegt ist. Aus „Alita“ wollte Rodriguez aber unbedingt einen echten James Cameron-Film machen, und das ist ihm auch gelungen - mit etwas zwiespältigem Ergebnis.
Die Stadt Iron City ist Heimat für die allermeisten Menschen der Zukunft. Doch nicht nur für diese, auch Halbhumanoide, mit zahlreichen künstlichen Körperteilen ausgestattete Cyborgs leben hier unter meist eher erbärmlichen Umständen, während oben am Himmel die noble Stadt Zalem schwebt, die ausschließlich einer geschlossenen Kaste von Wohlhabenden vorbehalten ist. Der Wissenschaftler Dr. Dyson Ido (Christoph Waltz) verdient sich seinen Lebensunterhalt nicht nur mit der Behandlung seiner Patienten, er streift auch regelmäßig durch die Straßen und Schrottplätze der Stadt, auf der Suche nach verwertbaren mechanischen Körperteilen. Dabei entdeckt er eines Tages den Rumpf eines weiblichen Cyborgs, baut diesem einen kompletten Körper und ist fortan der Mentor und Beschützer des von ihm „Alita“ getauften Mädchens. Alita beschäftigt das Rätsel ihrer Herkunft allerdings stark und immer öfter unternimmt sie gemeinsam mit ihrem neuen Freund Hugo (Keean Johnson) Ausflüge in die gefährlicheren Zonen von Iron City. Welchen Wert sie dabei für die im Hintergrund agierenden Machthaber tatsächlich besitzt, ahnt Alita nicht. Und so beginnen die brutalen „Hunterwarrior“ bald mit der Jagd auf sie...
Wie nicht anders zu erwarten beeindruckt „Alita“ zunächst einmal rein visuell mit einer tollen Optik, und die diversen Kampfszenen mit Spinnen-Cyborgs oder in der „Motor Ball“-Arena bieten dann auch wieder eine 3D-Technik, wie es sie so halt nur bei Cameron-Produktionen gibt (gut 40% des Films wurden speziell für IMAX-Kinos gestaltet und bieten dort dann deutlich mehr Bildinhalt). Das visuelle Fest allein rechtfertigt daher im Grunde schon den Kinobesuch, auch wenn es nicht mehr so revolutionär ausfällt wie einst bei „Avatar“. Dass es bei einer Freigabe ab 12 Jahren dabei nicht so hart und brutal zugeht wie bei Rodriguez-Werken der Kategorie „Planet Terror“ oder „Machete“ ist klar, mindert aber nicht die Qualität der Umsetzung, auch wenn das einige Kenner der Vorlage eventuell anders sehen. Doch auch die müssen einräumen, dass es sich um eine relativ werkgetreue Adaption handelt, bei der nicht nur der Kern der Handlung übernommen wurde, sondern auch zahlreiche kleine Details.
Die Argumente derjenigen, die "Alita“ bereits im Vorfeld als komplett misslungenen Film abkanzeln, geistern seit gut zwei Jahren durch die vor allem virtuelle Welt, seit der erste Trailer mit den typischen großen Augen japanischer Manga veröffentlicht wurde. Auch das passt jedoch zu einem nicht komplett menschlichen Wesen und natürlich setzt da im Verlauf eh ein Gewöhnungseffekt ein. Wie die eigentlich bereits 33 Jahre alte Rosa Salazar („Maze Runner“, „Bird Box“) hier zum Teenager-Cyborg umgemodelt wurde ist erstaunlich, und da Salazars Darstellung als zentrale Figur der Geschichte sehr überzeugend daherkommt, war es auch sicher die richtige Entscheidung hierfür eine deutlich ältere und erfahrenere Schauspielerin zu wählen. Christoph Waltz, diesmal für eine ungewöhnlich positiv besetzte Figur verpflichtet, wird dagegen schon deutlich weniger gefordert und liefert daher eine lediglich solide Leistung ab. Von den weiteren Nebenfiguren hinterlässt ansonsten Jennifer Conelly als in ihren Aktionen oft hin und her gerissene Ex-Frau von Ido noch am meisten Eindruck.
Es lässt sich allerdings nicht leugnen, dass der Film nach dem grandiosen Auftakt doch zunehmend verliert, vor allem die in recht merkwürdige Gefilde abdriftende Handlung der letzten halben Stunde sorgt für das ein oder andere Stirnrunzeln. Zudem werden die diversen „Hunterkiller“ doch sehr generisch gezeichnet und sondern zudem zahlreiche One-Liner ab, die cool und lässig wirken sollen, die man zu oft aber auch schon anderswo gehört hat und die in den jeweiligen Situationen eher unpassend wirken. Mit dem (offenen) Ende dürfte „Alita“ einen Teil des Publikums dann noch leicht verärgert zurücklassen, ist doch eine Fortsetzung angesichts der langen Produktionszeit und der gewaltigen Budgets von kolportierten 200 Millionen Dollar alles andere als ausgemacht.
Eine richtig runde Sache ist der „Battle Angel“ daher leider nicht geworden, was aber halt nichts daran ändert, dass man so etwas allein vom Spektakel-Faktor her nur selten zu sehen bekommt und daher allemal einen Blick riskieren kann - auch einen zwei Stunden langen Blick.
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