Das erste "Grindhouse"-Projekt geht in seine zweite und wohl auch letzte Runde. Nach Startverschiebung nun doch deutlich von "Deathproof - Todsicher" abgesetzt, passt "Planet Terror" als zweiter Teil (mit Zwinkerzitat in Form des Nachrufs auf eine in "Deathproof" verblichene Figur) schon mal chronologisch besser als bei der umgekehrten Reihenfolge in den US-Kinos. Und auch sonst macht Rodriguez wesentlich mehr richtig als Kompagnon Tarantino, vor allem das Befolgen des allerersten Hollywoo-Gebots "Langweile deine Zuschauer nicht zu Tode." Das wusste ja schon B-Film-Produzentenlegende Roger Corman, der schon mal ein paar nackte Brüste oder eine Autoverfolgungsjagd, gerne auch aus einem fremden Film stammend, in seine Billigproduktionen einbaute, damit der Zuschauer auch ja bei der Stange bleibt.
Und so ist hier im Gegensatz zu Tarantinos Beitrag auch immer was los, manchmal schon zuviel des Guten, weswegen jegliche Kohärenz sich schon nach ein paar Minuten ähnlich schnell verabschiedet wie die Gesundheit der meisten Einwohner der im Zentrum stehenden texanischen Kleinstadt. Dort bricht ein merkwürdiger Virus aus, der die Angesteckten zu verrottenden mordlustigen Kreaturen macht. Bald stellt sich eine kleine Gruppe gegen die Monster: Der mysteriöse El Wray (Freddy Rodriguez), der auf der Durchfahrt seine alte Flamme Cherry Darling (Rose McGowan) trifft, die gerade ihren Job als Go-Go-Tänzerin an den Nagel gehängt hat, um Stand-Up-Comedy zu machen. Sheriff Hague (Michael Biehn), der El Wray sehr misstrauisch gegenübersteht, sich aber gezwungenermaßen an seine Seite stellt. Hagues Bruder JT (Jeff Fahey), der in seiner Grillspelunke das Rezept einer perfekten Barbecuesauce kreieren will. Und die Krankenschwester Dakota Block (Marley Shelton), die gerade in einen massiven Streit mit ihrem Ehemann (Josh Brolin) verwickelt ist, der im örtlichen Krankenhaus mysteriöse Experimente durchführt. Und dann gibt es da noch eine mysteriöse Armeeeinheit und einen gewissen Texas Ranger namens Earl McGraw...
"Planet Terror" ist im Grunde genommen eine Handvoll feiner Ideen und eindrucksvoller Szenen auf der Suche nach einem passenden Rahmen. Leider bleibt der Rahmen dann nicht nur im Zitieren sämtlicher Genre-Stereotypen (der mysteriöse Fremde, der "mad scientist", das fehlgeschlagene Experiment auf einer Militärbasis, etc.) und Vorbilder (besonders Romeros "Zombie"-Tetralogie) stecken, leider gibt es auch diverse halbgare und nicht recht zu Ende gedachte Szenen. Dadurch ist der Erzählrhythmus doch sehr holprig und Rodriguez' durchaus ansprechend abgefahrene Ideen wirken weniger wirkungsvoll als erwünscht.
Natürlich ist das schon saucool, wenngleich auf reichlich makabre Weise, wie Cherry Darling dann gegen Ende ihre MG-Beinprothese einsetzt oder wie Freddy Rodriguez als mysteriöser El Wray im von Infizierten überlaufenen Krankenhaus ordentlich aufräumt. Aber zwischendrin gibt es - trotz vieler für Genrefans feinen Schmankerl - auch die eine oder andere verhackstückt wirkende Szene. Besonders die Story um das Ehepaar Block, ursprünglich Ausgangspunkt der Geschichte, wirkt eher überflüssig und Handlungs-hemmend, trotz der netten Idee mit der Handlähmung.
Und der Scherz mit der fehlenden Filmrolle - nach einer entsprechenden Einblendung nebst Entschuldigung des Kinomanagements geht es erklärungslos und abrupt ganz woanders weiter - wird auch durch die "Grindhouse"-Idee nur mäßig gerechtfertigt. Etwas kritischer gesagt könnte man hier durchaus auch von erzählerischer Faulheit sprechen. Immerhin bleibt Rodriguez im Gegensatz zu Tarantino und "Deathproof" konsequent bei der kaputten, zerkratzten Schmuddelästhetik des "Grindhouse"-Projektes.
Konsequent ist Rodriguez ebenfalls bei der Besetzung, indem er passenderweise echte B-Film-Schauspieler wie Michael Biehn, Jeff Fahey und Josh Brolin besetzt. Nur Bruce Willis fällt da natürlich raus, dessen Gesicht ist ja nun doch sehr bekannt. Immerhin darf er als Armeegeneral eine herrlich beknackte sowie fast schon wieder geniale Erklärung für die Ereignisse liefern. Dagegen passt das Großcameo von Stacy "Fergie" Ferguson von den Black Eyed Peas als trashiges Sexluder, das blitzartig zu Blutsuppe verarbeitet wird, schon eher. Nur Tarantinos immer noch fürchterliches Chargieren wird auch hier nicht besser, auch wenn eine symbolische Kastration (noch dazu eine lustig-eklige wie hier) von Mr. "Ich hab den Größten" ja schon lange überfällig war.
Aber auch wenn Freddy Rodriguez durchaus überzeugend den mysteriösen Troublemaker gibt und Rose McGowan als Cherry Darling attraktiv ist, ihre Hauptrollen bleiben wie sämtliche Charaktere eher blass. Schauspiel ist hier halt Nebensache, stattdessen wird den derben Gore- und Splattereffekten aus der bewährten KNB-Effektstube sowie absurden Storyeinfällen reichlich Platz gelassen. Immerhin kommt Michael Parks' Auftritt als Texas Ranger Earl McGraw hier doch deutlich motivierter rüber als in "Deathproof".
Alles in allem ist "Planet Terror" eine wie gewünscht enorm trashige Hommage an die Fun-Splatter-Filme der 1980er Jahre, die in Sequenzen durchaus sehr gut zu unterhalten weiß, aber in Sachen Story und Erzählstil nicht sehr rund wirkt. Das werden Fans korrekterweise mit der "Grindhouse"-Idee entschuldigen. Aber trotz ansehnlicherem Resultat hat man hier wie schon bei "Deathproof" das Gefühl, dieser Film würde mehr Spaß machen, wenn er sich nicht so unendlich bemühen würde, ein großer Spaß zu sein. Erzwungener Spaß, wie erzwungene Nostalgie, ist nur halber Spaß und falsche Nostalgie. Und um wirklich toll zu sein, hätte es schon etwas mehr sein müssen als eine zwar unterhaltsame, aber reichlich zusammengeworfene Nummernrevue von Rodriguez' Lieblingsmomenten aus dem Genre.
Daher: Wenn das im Großen und Ganzen gescheiterte "Grindhouse"-Projekt etwas überdeutlich aufzeigt, dann, wie sehr die Generation der Selfmade-Regisseure der 1990er am Ende der Popkultur-Nostalgie angekommen ist und die Frage aufwirft, ob das Stehlen und Neu-Zusammenbauen von Genre-Elementen und Zitaten noch etwas Interessantes hervorbringen kann. Denn wo nur noch die Zitate von Zitaten im Raum stehen und das Befeuern von 70er- und 80er Jahre-Nostalgie schon als Grund und Rechtfertigung für künstlerischen Stillstand bzw. Rückfall ausreicht, dann müssen sich die Wunderkinder der letzten Dekade langsam von ihrem Zitier-als-Kopier-Stil verabschieden, bevor auch der Letzte merkt: Ist ja alles nur geklaut, mit zunehmend abfallenden Ergebnissen.
Daher hier der Pitch für eine Fortsetzung an die Zitate und Selbstreflexionen liebenden "Grindhouse"-Regisseure: Zwei recht geekige Filmfreaks werden zu Popkulturzombies, die sich auf die blutige Jagd nach Hollywood-Genre-Regisseuren machen, um ihr Gehirn zu fressen und ihre Ideen auszusaugen. Am Ende reißen sich die beiden Freunde gegenseitig die Eingeweide raus und verspeisen sie sowie schlussendlich sich selbst, weil es nichts mehr Fremdes zu klauen oder zitieren gibt. Der Titel? Grindhouse II - Das sinnlose Popkultur-Massaker. Wohl bekomm's.
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