Kammerflimmern

Jahr
2005
Laufzeit
101 min
Genre
Release Date
Bewertung
7
7/10
von Anna Sola / 11. Juni 2010

Seit Crash als Einziger den Autounfall überlebte, bei dem seine Eltern ums Leben kamen, existiert er nur noch, um anderen zu helfen. Als Rettungsassistent opfert er sich für fremde Menschen auf, ohne zu merken, dass er selbst dabei langsam vor die Hunde geht. Er sieht dies quasi als seine Bestimmung. Einziger Trost sind seine Träume, in denen er stets derselben Frau begegnet. Dann steht sie eines Tages plötzlich vor ihm, November, die Frau aus seinen Träumen, und braucht seine Hilfe. Zum ersten Mal scheint das Leben des verzweifelten Helfers einen Sinn zu haben - wenn es ihm nur gelingt, sie zu retten und weiter zu atmen....

Nach dem sein erstes Drehbuch in der Verfilmung von Regisseur Benjamin Quabeck zu dem preisgekrönten Film "Nichts bereuen" wurde, führte Autor Hendrik Hölzemann diesmal selbst Regie. Tatsächlich ist das Skript zu "Nichts bereuen" seine Abschlussarbeit im Diplomstudiengang Drehbuch an der Filmakademie Baden-Württemberg gewesen. Zu dieser Leistung müsste dem 26-jährigen schon mal gratuliert werden, da vielen noch so talentierten Autoren dieser schnelle Erfolg sicherlich verwährt bleibt (und die haben's auf keinen Fall leicht, wenn man sich mal Charlie Kaufmanns Leiden in Spike Jonzes Film "Adaptation" ansieht).
Aber zurück zu "Kammerflimmern", dessen Geschichte und Figuren von Hölzemanns Zivildienstzeit als Rettungssanitäter inspiriert sind - was zu einer nur schwer zu verdauenden Ansammlung von Tod, Not und Elend auf der Leinwand führt, die teilweise erheblich an die Nieren gehen kann. Laut eigenen Angaben gibt es in seinem Film keine einzige erfundene Figur, eine etwas beunruhigende Aussage. Neben dem hilflosen Retter Crash (Matthias Schweighöfer, "Soloalbum") und seiner "Traumfrau" November (Jessica Schwarz, "Nichts bereuen", "Verschwende deine Jugend") gibt es noch weitere ähnlich skurrile Figuren, zum Beispiel Fido (fantastisch gespielt von Jan Gregor Kremp, "23 - Nichts ist so wie es scheint"), der zusammen mit Crash im Rettungswagen sitzt und der Mitleid und Fürsorge nur noch mit Zynismus begegnen kann. So abgestumpft ist er, dass er zur Entspannung öfters mit Dr. Tod (Bibliana Beglau, "Der Neunte Tag") Sex im Rettungswagen hat, nachdem diese mal wieder nur noch den Tod des zu rettenden Menschen feststellen konnte. Anhand der Figur Fidos wird der entmenschlichende Alltag des Rettungspersonals vielleicht am Besten dargestellt, da seine Figur viel mehr in der Realität angelegt ist als die von Crash. Eine der eindruckvollsten Szenen ist auch seine Auseinandersetzung mit seiner Frau, deren Einstellung und Unverständnis für die Realität dieses Berufs wohl für die der Allgemeinheit steht.

Weniger facettenreich ist die Figur des Richie (vergeudetes Talent: Florian Lukas, "Goodbye, Lenin!"), der sich mit geklauten Substanzen aus der Notarzttasche den Feierabend versüßt. Einem guten Schauspieler wie Lukas hätte man allerdings mit einer herausfordernden Rolle gerecht werden müssen. Herausragend spielen allerdings sowohl Schweighöfer als auch Schwarz, die beide im Januar für ihre Rollen mit dem Bayerischen Filmpreis ausgezeichnet worden sind (Nachwuchsdarstellerpreis, männlich und Darstellerpreis, weiblich). Vor allem Schweighöfer spielt viel besser als in "Soloalbum", was sehr erfreulich ist. Er überzeugt besonders in der Darstellung des "Hamster-im-Laufrad"-Syndroms: obwohl Crash genau weiß, dass die gerade von ihm gerettete Frau vermutlich in wenigen Tagen wieder in der Notaufnahme landen wird, gibt er die Hoffnung trotzdem nicht auf. Seine beste Szene ist zweifellos die Begegnung mit einer Selbstmordkandidatin auf dem Dach eines Hochhauses.
Wie verwundbar und gestört Crash wirklich ist, wird vor allem in seinen Szenen mit November deutlich, die von Schwarz mit viel Einfühlsamkeit gespielt wird. Die mehrfach ausgezeichnete Schauspielerin und ehemalige VIVA-Moderatorin überzeugt vor allem mit ihrer Mischung aus manchmal kindlicher, manchmal erfahrener Frau, wie Crash Opfer und Retterin zugleich. Das eigentlich faszinierende am Film ist das Tauziehen der beiden vom Schicksal zusammengeführten Hauptfiguren, die einander verzweifelt brauchen aber auch gleichzeitig versuchen, den anderen zu beschützen. Obwohl Crash die eigentliche Hauptfigur ist, stiehlt November ihm oft die Show. Den Kommentar eines anderen Rezensenten, Daniel Brühls Talent hätte wohl auf seine Lebensgefährtin "abgefärbt", obwohl vermutlich als Kompliment gemeint, erscheint übrigens ein wenig herablassend bis sexistisch. Wer so souverän spielt, muss sich so einen Kommentar nicht gefallen lassen. Aber das nur am Rande...

Minuspunkte gibt's für die nicht wirklich überzeugenden Traumsequenzen, in denen "Realitäts- und Traumebenen" angeblich "virtuos" verbunden werden. So virtuos wirkt das aber nicht, sondern eher holprig und gewollt innovativ. Auch die persönliche Skateboardleidenschaft des Autors und Regisseurs überträgt sich nicht besonders gut auf die Hauptfigur und wäre vielleicht in einem anderen Projekt besser aufgehoben gewesen. Die Schwächen in einem sonst gelungenen Film sind vermutlich dadurch entstanden, dass sowohl Buch und Regie von derselben Person übernommen wurden, und so niemand Hölzemanns persönlichen Eigenheiten einen gut gemeinten Riegel vorschob. Trotzdem ist "Kammerflimmern" zu empfehlen und der Name Hölzemann im Auge zu behalten.


10
10/10

der Film ist einfach nur geil! ich bin bei der feuerwehr tätig und will auch noch sani ausbildung machen weil ich irgendwie menschen helfen muss und ihr leben retten will! der flim ist so realitäts nahe mit den rettern auf der straße das der film nur zum weiterempfehlen ist!!! und vorallem das crash seine traumfrau findet find ich super

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5
5/10

Der Alltag im RD ist gut dargestellt.
Die Reanimationsszene ist auch nach Lehrbuch und realistisch.
Allerdings hat der Regisseur wenig drauf und ist das Problem des Filmes.
Die Traumsequenzen sind unfreiwillig komisch.

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8
8/10

hab den film grade, wohl reichlich verspätet, im free tv gesehen. ähnlich gut gefallen hat mir als letztes "kahlschlag" mit stipe erceg, was auch einer der "kleineren" deutschen filme ist ( den ich immer noch ehnlichst auf dvd erwarte).
kann beide aufgeführten kritikpunke nicht nachvollziehen, bzw. sie sind mir nicht negativ aufgefallen. gerade die letzte szene die sowohl zum skateboardthema als auch zum traumszenenthema gehört, fand ich mit am besten, weil alles so gut ineinander griff.
denoch, obwohl ich fan dieser art deutscher filme bin und über schwächen dann gerne mal wegsehe, die hier aber sowieso für mich nicht vorhanden sind, fehlt mir irgendwie was greifbares. etwas das denn film zum absoluten ereignis machen würde. aber vieleicht ist gerade das, dass interessante an diesem film. und bei dem milieu und der thematik des films kann man mit dem großen wurf garnicht rechnen. aber 8 augen gibt es dafür alle mal.
über die rezension der konkurenz, die hier auch schon angesprochen wurde, ist nur mnit dem kopf zu schütteln.

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10
10/10

Hab viel von dem Film erzählt bekommen und konnte ihn jetzt endlich mal selber kucken und muss sagen: Top!!
Hab bis jetzt noch keinen Film gesehen, der so nah an der Realität des RD spielt. Ich selbst arbeitet auch seit einigen Jahren im Rettungsdienst und musste an manchen Stellen echt schmunzeln, weil ich sehr viele Vergleiche ziehen konnte. Super Film, deshalb 10 Augen.

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