Deutsche Demokratische Republik, Mitte der 80er Jahre. Der effiziente und zuverlässige Stasi-Hauptmann Gerd Wiesler (Ulrich Mühe) erhält von seinem Vorgesetzen (Ulrich Tukur) den Auftrag zur Überwachung des Theaterautors Georg Dreymann (Sebastian Koch). Der hegt zwar eigentlich keinerlei republikfeindliche Pläne, ist aber dem zuständigen Minister ein Dorn im Auge. Grund dafür ist die attraktive Schauspielerin Christa-Maria Seeland (Martina Gedeck), Dreymanns Lebensgefährtin, gleichzeitig aber auch Geliebte des Ministers, der sie lieber für sich allein hätte und dem Dramatiker daher gern etwas anhängen würde. Dessen Wohnung wird verwanzt und Wiesler nimmt pflichtbewusst und emotionslos seine Arbeit auf. Als er dahinter kommt, worum es bei dieser Aktion wirklich geht, ist er zwar nicht begeistert, reagiert aber zunächst nicht weiter darauf.
Doch der heimliche Zeuge der intimsten Gespräche des nicht ganz glücklichen Paares beginnt schließlich selbst Einfluss auf die Geschehnisse zu nehmen, indem er Dreymann Informationen zuspielt. Er gewinnt einen tiefen Einblick in das Leben der von ihm bisher eher verachteten Intellektuellen, und Stück für Stück wird ihm dabei die Armseligkeit seiner eigenen Existenz bewusst. Eines Tages sitzt die Spitzenkraft der Staatssicherheit dann in ihrer kargen Plattenbauwohnung und liest zum ersten Mal in seinem Leben ein Buch von Bertolt Brecht, welches er aus der Wohnung seines Überwachungsobjektes entwendet hat. Als sich die Ereignisse zuspitzen, ist plötzlich gar nicht mehr sicher, auf wessen Seite Wiesler eigentlich steht.
Noch ein Film über das Leben in der DDR? Ja, noch einer, oder besser: Eigentlich der Erste. Denn mehr als fünfzehn Jahre nachdem dieser Staat aufgehört hat zu existieren, gibt es endlich eine Kinoproduktion, die einen überzeugenden und vor allem realistischen Blick auf das komplexe "System DDR" wirft und dabei weit entfernt ist von der bisher auf unseren Leinwänden überwiegenden nostalgischen Verklärung und Verharmlosung dieser Zeit. Das er trotz seines ernsthaften Anliegens aber nicht einfach den moralischen und besserwisserischen Zeigefinger hebt, sondern beim Zuschauer tiefstes Verständnis für nahezu alle agierenden Charaktere weckt, das ist die große Leistung dieses Films.
Florian Henckel von Donnersmarck. Ein Name wie ein Donnerhall, und genauso kommt er plötzlich über uns, dieser Jungregisseur mit seinem beeindruckenden Spielfilmdebüt. Das hat er in acht Jahren Arbeit recherchiert, geschrieben und schließlich auch selbst inszeniert. Und das hört sich dann nicht nur nach einer großen Portion "Herzblut" an, genau die spürt man auch in jeder Szene. Dieses Drehbuch ist großartig, es erzählt eine wundervoll komponierte Geschichte, gibt allen seinen Figuren Raum zur Entfaltung und Entwicklung - kein Wunder also, dass der Debütant recht mühelos eine Reihe namhafter Darsteller für sein Projekt begeistern konnte.
Gelang es überhaupt schon einmal jemanden, seine Hauptfigur zuerst als zutiefst verabscheuungswürdiges Arschloch darzustellen und diese sich dann tatsächlich derart glaubhaft und überzeugend verändern zu lassen? Wenn Wiesler zu Beginn brutal einen Verdächtigen verhört, anschließend dem Stasi-Nachwuchs die Genialität seiner Methoden anpreist und jeden kritischen Nachfrager sofort notiert, mag man es sich wirklich nicht vorstellen, dass man gut zwei Stunden später diesem Hassobjekt die Daumen für ein kleines Stückchen Glück drückt. Ulrich Mühe gibt eine beeindruckende Vorstellung als zunächst asketisch emotionsloses Rädchen im Stasi-Getriebe, welches langsam entdeckt, dass es da noch etwas Anderes gibt und schließlich auch einen neuen Weg findet. Das Bild seiner Figur mit dem aufgesetzten Kopfhörer prägt sowohl die Plakatwände als auch diesen Film, und man wird es nicht so schnell vergessen.
Mühes Charakter dominiert zwar die Geschichte, erdrückt die weiteren Akteure aber keineswegs. Der Blick in die Welt der engagierten Künstler, die ihr Land nicht hassen, aber trotzdem auch nicht völlig unkritisch sein wollen, und die mit den Gängelungen von oben unterschiedlich gut zurecht kommen, ist interessant und neu. Selbst die Führungsebene erscheint hier nicht allzu eindimensional: Wieslers Vorgesetzter Grubitz möchte halt Karriere machen, geht dabei so hart vor wie eben nötig, macht aber auch gern mal einen Honecker-Witz. Lediglich die Figur des rücksichtslos seine Macht ausspielenden Ministers Hempf wirkt dann doch ein wenig klischeehaft. Sie macht andererseits aber auch schön deutlich, dass für den Einsatz des Überwachungsapparates der Staatssicherheit oft wohl weniger politische, als vielmehr rein persönliche Aversionen gegen unliebsame Mitmenschen ausschlaggebend waren.
So wird sie wohl wirklich gewesen sein, die Realität des sozial existierenden Sozialismus nach DDR-Prägung. Der Kampf um ein paar persönliche Freiheiten bei allgegenwärtiger Einschüchterung, das Streben nach ein bisschen persönlichem Glück in einer ziemlich grauen und trüben Zeit, die hier dank detaillierter und akkurater Ausstattung überzeugend vermittelt wird. Diese Atmosphäre haben natürlich auch schon Publikumserfolge wie "Goodbye Lenin" oder "Sonnenallee" eingefangen, doch im Vergleich zu diesem Film war das alles nur leidlich nette und harmlose Unterhaltung.
"Das Leben der Anderen" ist viel mehr. Unterhaltsam und humorvoll zweifellos auch, so man denn zumindest ein bisschen Geduld mitbringt und sich fürs Thema interessiert. Aber noch viel mehr als das, nämlich in vielen Szenen spannend wie die besten Thriller, aufschlussreich und bewegend. Ein paar bayerische Filmpreise konnte "Das Leben der Anderen" bereits abräumen, dass er jedoch nicht im Wettbewerb der Berlinale lief, erscheint sehr unverständlich und war sicher ein großes Versäumnis. Aber bereits jetzt wird vielerorts die Forderung laut, ihn flächendeckend im Schulunterricht einzusetzen, was begrüßenswert ist, auch wenn das zum Anschauen genötigte jugendliche Publikum sicher zunächst nicht allzu motiviert sein wird. Aber diesem Film könnte es durchaus gelingen, auch dieses Publikum zu überzeugen.
Schließlich schafft es dieser aus dem Nichts aufgetauchte Autor und Regisseur sogar noch, seinem unglaublich ausgereiften und intelligenten Werk ein perfektes Ende zu verpassen; eine Aufgabe, an der schon ganz Andere gescheitert sind. Nicht so von Donnersmarck, der offensichtlich auch noch die Fähigkeit besitzt, sein Publikum mit einem finalen Kloß im Hals nach Hause zu entlassen. Das Tüpfelchen auf dem "i" und der letzte Schritt zur Höchstwertung für "Das Leben der Anderen".
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