Die Polizei-Roboter des Rüstungskonzerns Tetra Vaal verrichten im Johannesburg des Jahres 2016 erfolgreiche Arbeit. Firmenchefin Bradley (Sigourney Weaver) ist zufrieden mit den Kreationen ihres Chefentwicklers Deon (Dev Patel), während sich dessen Kollege Vincent (Hugh Jackman) ins Abseits gedrückt fühlt, gibt es doch für dessen deutlich größere und aggressivere Kampfroboter vorerst keinen Markt mehr. Doch auch der ehrgeizige Deon bringt sich schließlich selbst in Schwierigkeiten, als er einem beschädigten und eigentlich für die Verschrottung vorgesehenen Roboter heimlich einen Programmchip einsetzt, der diesem ein eigenes, menschenähnliches Bewusstsein einpflanzen soll. Das funktioniert zwar, doch gerät Deon mitsamt seiner Schöpfung in die Hände des brutalen Gangsterduos Ninja und Yo-Landi (Ninja und Yo-Landi Visser). Die stehen unter gewaltigem finanziellem Druck und haben daher ganz andere Pläne mit dem außergewöhnlichen Roboter, den sie „Chappie“ taufen. Der verhält sich zunächst zwar wie ein ahnungsloses, schüchternes Kind, lernt dabei aber derart schnell, dass er sich sehr wohl zu einer Gefahr für die Gesellschaft entwickeln könnte.
Wenn es ein Film aus Südafrika in unsere Kinos schafft und der dazu noch eine internationale Starbesetzung aufweist, dann kann es sich dabei nur um das neue Werk von Neill Blomkamp handeln. Seit der Regisseur vor einigen Jahren mit dem Überraschungserfolg „District 9“ auf der Kino-Weltkarte erschien, haben sich dessen Möglichkeiten vervielfacht und nach dem mittelmäßig erfolgreichen Hollywood-Ausflug „Elysium“ bewegt sich Blomkamp mit „Chappie“ nun wieder in den ihm vertrauten Gefilden von Johannesburg. Auch Stammschauspieler Sharlto Copley ist natürlich wieder dabei und verkörpert hier im bekannten Motion Capture-Verfahren die anders nicht darstellbare Titelfigur. Und überhaupt wirkt das ganze Setting der vor Energie und Gewalt beinahe berstenden Stadt wie eine Rückkehr in die Welt von „District 9“, zumal auch das schlanke Design der Roboter an die damaligen Aliens erinnert und wir es hier erneut auch mit dem Bereich „sozialkritische Science-Fiction“ zu tun haben. Womit die Frage, die sich Filmszene bereits zur Veröffentlichung von „Elysium“ stellte und die darauf abzielt, ob denn Herr Blomkamp auch noch etwas anderes draufhat als recht ähnliche Filme zum gleichen Thema zu machen, vorerst also tatsächlich mit „Nein“ beantwortet werden muss.
Wobei man fairerweise einräumen muss, dass „Chappie“ im Vergleich schon einen etwas anderen, spürbar leichteren Ton aufweist – zumindest phasenweise. Der Humor kommt dabei vor allem in der Titelfigur zur Geltung, denn der Widerspruch einer äußerlich eindrucksvollen, sich rasant bewegenden Maschine mit kindlich unbedarft agierender Persönlichkeit sorgt für eine Reihe witziger Momente. Da „Chappie“ hier nun mal von einer Gangstertruppe „aufgezogen“ wird, für die der Begriff „White Trash“ noch eine ziemliche Beschönigung darstellt, ist das Ergebnis halt entsprechend. Und so läuft der Arme dann also mit Goldkettchen behängt durch die Gegend und beschimpft seine Gegenüber mit Vorliebe als „Fuckmother“ (er hat da bei den Vorbildern nicht so ganz genau zugehört). Dieses Elternpärchen der absurden Art geben dann auch zwei südafrikanische Ikonen, die sich bzw. ihre popkulturellen Kunstfiguren einfach selbst spielen. Das Ehepaar Ninja und Yo-Landi Visser feiert seit einigen Jahren als extrovertierte Raprave-Gruppe „Die Antwoord“ große Bühnenerfolge und gibt sich bei seinen aktuellen You Tube-Videos nicht mehr mit Klickzahlen unterhalb der zweistelligen Millionengrenze zufrieden.
Da haben sich also zwei von Südafrikas erfolgreichsten Exportartikeln zusammengetan, weil sie einfach gerne mal gemeinsam arbeiten wollten, und zugegeben: Es sind vor allem die Szenen mit Chappie und dem durchgeknallten, maximal tätowierten Visser-Pärchen, die für den meisten Spaß sorgen. Wie schon bei „District 9“ versucht Regisseur Blomkamp allerdings auch mit „Chappie“ aus einer ursprünglichen Kurzfilm-Idee einen abendfüllenden Film zu machen, doch dies gelingt diesmal deutlich weniger gut. Denn die gesamte Rahmenhandlung strotzt nur so vor Logiklöchern und unglaubwürdigen Drehbucheinfällen. Da wird der naive Deon erst brutal entführt und bleibt nur deshalb vorerst am Leben, weil er seinen Roboter für die Kleinkriminellen abrichten soll – kurz darauf lässt man ihn aber ganz entspannt nach Hause fahren und selbst entscheiden, ob er überhaupt zurückkommt. Nur um dem nach seinem Geschmack viel zu netten „Chappie“ eine Lektion in Sachen Überlebenskampf zu erteilen, setzt der fiese Ninja ihn anschließend in einer Gegend aus, in der dieser beinahe komplett zerstört wird – und gibt seinen wertvollsten Trumpf somit einfach aus der Hand. Und um die kritische Bevölkerung und Polizeiführung angesichts der kriminellen Taten des einen Roboters zu besänftigen, entscheidet sich der Konzern stattdessen mit einer angsteinflößenden Kampfmaschine einzugreifen, die ihren Zielobjekten am liebsten die Körperteile auseinanderreißt – was eventuell keine soo clevere Idee ist.
Da ergibt leider nur wenig Sinn und wirkt fast wie eine Alibiveranstaltung, weshalb dann auch die großen Namen Weaver und Jackman in ihren wenigen Auftritten kaum Gelegenheit haben, sich in Szene zu setzen. Die Geschichte ist als kritische Utopie nicht ernstzunehmen, als echte Sozialsatire auf der anderen Seite aber auch zu unentschlossen. In dieser Hinsicht funktionierte der letztjährige „Robocop“ da doch ein ganzes Stück besser. So bleibt für „Chappie“ auf der Habenseite letztlich nur die computertechnisch ausgezeichnet umgesetzte Hauptfigur sowie deren Unterhaltungswert. Den gesamten Rest hätte man sich besser schenken können.
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