Er muss den Tod seiner geliebten Frau verarbeiten und möchte eigentlich nur in Ruhe gelassen werden. Doch diesen Gefallen tut man John Wick (Keanu Reeves) nicht, schon nach wenigen Tagen wird er von aggressiven Typen provoziert, und als er sich weigert deren Anführer seinen 69er Mustang zu verkaufen, ist der Eklat vorprogrammiert. In der folgenden Nacht brechen die Gangster in Johns Haus ein, verprügeln ihn, stehlen seinen Wagen und töten auch noch seinen Hund, den ihm seine Frau als letzten Gruß hinterlassen hatte. Was die Täter nicht wissen, aber sehr bald zu spüren bekommen werden: Sie haben sich den absolut falschen Mann als Opfer ausgewählt und nun den schlimmsten überhaupt vorstellbaren Feind an ihren Fersen. Denn dieser John Wick war einst der beste Profikiller der gesamten Branche und jemand, den noch keiner je im Kampf besiegt hat. Und jetzt ist er verdammt wütend.
Eine Wut, die in der folgenden Stunde so um die grob geschätzt einhundert Leichen zur Folge haben wird, von denen aber den Meisten nicht mehr als nur wenige Sekunden Aufmerksamkeit gewidmet wird. Eine Art unbezwingbarer Supermann mit einer Mission ist hier unterwegs und erinnert dabei natürlich zwangsläufig an den aktuell auch gerade wieder für einen ordentlichen Bodycount sorgenden Liam Neeson in seinem finalen „Taken“-Film. Unterschiede gibt es aber dennoch einige, vor allem ist John Wick deutlich weniger unter Druck hier irgendetwas aufklären oder jemand Nahestehenden befreien zu müssen. Wem dabei die Frage auf der Zunge liegt, ob der Kerl also wirklich einen brutalen Amoklauf startet, weil jemand seinen Hund getötet hat, dem sei darauf mit einem beruhigenden „Ja schon, aber er muss das halt tun“ geantwortet. Denn zumindest innerhalb der inneren Logik der hier entworfenen Parallelwelt einer mit unzähligen Regeln, Ehrbegriffen und Stilfragen ausgestatteten Unterwelt ist eben völlig klar, dass der Herr Wick in genau dieser Form zurückschlagen wird.
Da weiß auch Viggo Tarasov (Michael Nyqvist gibt einen sehr klassischen Gangsterboss), was die Stunde geschlagen hat, war es doch dummerweise dessen missratener Sprössling, der für den Angriff auf John Wick verantwortlich zeichnet. Und da Wick in seinem früheren Leben ausgerechnet für ihn gearbeitet hatte, bevor er sich vermeintlich dauerhaft zur Ruhe setzte, ist Tarasov völlig klar, dass er zu extremen Maßnahmen greifen muss, wenn es überhaupt die geringste Chance für seinen Sohnemann geben soll lebend aus der Nummer rauszukommen. Und so haben wir es bald mit einem munteren Stelldichein höchst skurriler und abgefahrener Auftragsmörder zu tun, jeder mit einer ganz besonderen Technik und auch Lust am Töten ausgestattet. Unter ihnen befindet sich in der vielschichtigsten (ohne dass das hier allzu viel heißen soll) Rolle des Films auch Willem Dafoe, den als Einzigen so etwas wie ein Gewissen umtreibt und über dessen Loyalität lange Zeit Unklarheit herrscht. Doch bei den übrigen Vertretern dieser Kollegenschar, die sich gern in einem speziell für diese Berufsgruppe eingerichteten Hotel rumtreibt, handelt es sich um derart cartoonhaft agierende Figuren, dass bei deren Dahinscheiden bewusst eher ein Schmunzeln als Betroffenheit entsteht. Denn so ist „John Wick“ angelegt, als hemmungslos übertriebene Actiongranate, in der Stil und Coolness gleich mehrere Ebenen höher angesiedelt werden als irgendeine Form von realistischer Handlung.
Nur John Wick selbst nimmt das alles todernst und bahnt sich unerbittlich seine Schneise durch eine ungemütliche, durchgehend eisblau in Szene gesetzte Unterwelt. Eine schöne Rolle für den hier ziemlich idealbesetzten Keanu Reeves, der entsprechendes Charisma verströmt und auch in den visuell stark choreographierten Kampfszenen sein Alter von mittlerweile 50 Jahren nicht erkennen lässt. Für Reeves ist dieser Film zwar nicht die Rückkehr in einstige Blockbustergefilde, aber nach zuletzt eher dürren Jahren und den Misserfolgen seiner persönlichen Herzensprojekte, den mit asiatischen Thematiken angereicherten „47 Ronin“ und „Man of Tai-Chi“ doch ein schöner Erfolg, der auch an den amerikanischen Kinokassen zu überzeugen wusste. “John Wick“ ist das was man einen grundsoliden, kurzweiligen Actionfilm nennt, der sich allerdings einen feuchten Kehricht um jeglichen Realismus kümmert. Ein typischer „B- Film“ also in Sachen Story, leicht überdurchschnittlich aber doch im Hinblick auf die Inszenierung und Besetzung.
Neuen Kommentar hinzufügen