„300“ von Zack Snyder war vor sieben Jahren ein Volltreffer. Für die einen mit seiner pathetischen und nicht gänzlich vom Faschismusverdacht freien Heldenverehrung zwar auch ein ziemlicher Schlag in die Magengrube, aber eben doch ein Film wie man ihn so noch nicht gesehen hatte. Die extrem verfremdeten Darsteller und der bewusst künstlich angelegte Look ließen einen dabei auch einen neuen Level an gezeigter Brutalität verkraften und kaum einer konnte letztlich leugnen, dass da schon irgendwo echte Kunst mit im Spiel war. Eine bemerkenswerte Verbindung von Kunst und Trash sozusagen und damit ein bis dahin recht einsamer Solitär im stetig anwachsenden Feld der Comic-Verfilmungen.
Da der Erfolg aber nun einmal so groß war, folgte schon relativ schnell die Ankündigung, dass es nicht bei diesem einen Film bleiben würde. Da Frank Miller, der Autor der Vorlage, jedoch mit seiner Fortsetzung „300: Rise of an Empire“ auch nach Jahren nicht so richtig zu Potte kommt und das Werk nach wie vor unvollendet ist, mochte man auf Seiten des produzierenden Filmstudios irgendwann nicht mehr länger warten und so kommt das Werk jetzt also erst mal auf die Leinwand und erscheint dann erst deutlich später (oder vielleicht ja auch nie) noch als auf Papier illustrierte Schlachtplatte. Genau wie Zack Snyder wirkte Miller jedoch am Drehbuch mit, die Regie übernahm der bisherige Werbefilmer Noam Murro.
Im 5. Jahrhundert vor Christus strebt der persische Gottkönig Xerxes (Rodrigo Santoro) gleich an mehreren Fronten danach das griechische Reich zu erobern. Während er selbst es mit den 300 Spartanern um König Leonidas aufnimmt, greift auch seine gewaltige Flotte an. Diese steht unter der Führung der grausamen Artemisia (Eva Green), die aus persönlichen Motiven Rache an den Griechen üben will. Doch obwohl diese zahlenmäßig auch hier eindeutig unterlegen sind, lassen sie sich in der Seeschlacht nicht so leicht besiegen. Die Kriegsherrin sieht sich schließlich genötigt, mit dem griechischen Feldherrn Themistokles (Sulllivan Stapleton) Verhandlungen aufzunehmen. Also mit genau jenem Mann, der einst den Vater ihres Herrn Xerxes mit einem Pfeil durchbohrte.
Obwohl die Handlung nun wirklich nicht das wichtigste Element dieser Marke ist, macht es „Rise of an Empire“ in Sachen Klassifizierung recht kompliziert. Denn der neue Film spielt sowohl vor, während als auch nach der berühmten Schlacht der 300 Spartaner aus dem ersten Teil, womit weder der Stempel „Prequel“ noch der mit dem Aufdruck „Sequel“ hier so richtig passt. Auch sonst ufert die Story diesmal einigermaßen aus und umfasst im Gegensatz zum limitierten Handlungsort des Vorgängers nun gleich mehrere Jahre und verschiedene Schauplätze. Da man das Epos vom Aufstieg und Fall der Gegenspieler auf persischer Seite aber trotzdem in nur 100 Minuten abhandelt und davon selbstverständlich ein großer Anteil fürs Köpfe einschlagen vorgesehen ist, werden die „Lebensgeschichten“ von Xerxes und seiner Helferin Artemisia quasi im Stakkato durchgeprügelt.
Und das geht so: Die nach der Niederlage von Leonidas zur Witwe gewordene Königin Gorgo (Lena Headey) erzählt ihren anscheinend unwissenden Landsleuten die Geschichte, wie aus einem schwächlichen Königssohn nach dem Tode seines Vaters der furchteinflößende und charismatische Anführer Xerxes wurde. Und zwar nicht etwa durch jahrelanges Training und Erziehung sondern bemerkenswert schnell durch ein Bad in einem mystischen Tümpel, aus dem der zuvor bärtige und schmächtige Xerxes plötzlich als kahlköpfiger, mit gefühlt fünfzig Ketten und Piercings behängter Muskelprotz heraustritt und dabei auch noch mal eben einen Meter gewachsen ist. Verantwortlich für diese Mutation zeichnet im Hintergrund die von Rachsucht zerfressene Artemisia, für deren Geschichte dann immerhin auch noch gut zwei Minuten übrig bleiben: Familie brutal getötet, sie selbst geschändet und von den Griechen halbtot auf die Straße geworfen, man kennt das und zeigt Verständnis. Wenn die zur Kriegerin herangewachsene Dame nicht nur selbst so dermaßen brutal auch gegen ihre eigenen Leute vorgehen und skrupellos jeden töten würde, der im falschen Augenblick einfach nur doof rumsteht. All diese, schon Jahre zurückliegenden Ereignisse berichtet die griechische Königin so als sei sie selbst dabei gewesen, und dank diesem stets präsenten Erklärbär fühlt man sich im ersten Drittel des Films wie in einer illustrierten Vorlesung.
Danach wird umgeblendet ins Außenstudio Athen, wo die Parlamente streiten statt zu handeln und wo zwar ständig über den gerade einen verzweifelten Kampf führenden König Leonidas gesprochen wird, jedoch niemals mit ihm, und weil Gerard Butler keine Lust auf den zweiten Teil hatte, bekommen wir ihn also auch folgerichtig nicht zu sehen. In die Bresche springt der physisch artverwandte Sullivan Stapleton, der tatsächlich die im Prinzip haargenau gleiche Rolle spielt, nur kämpft sein Themistokles diesmal halt auf dem Wasser lange Zeit gegen eine gewaltige Übermacht. Die ganz große Show zieht hier aber Eva Green ab, die sich mit Wonne, Energie und finsterem Blick durch die Männerwelt mordet und auch vögelt. Und sich offensichtlich zur Spezialistin für besonders animalische Sexszenen entwickelt, denn einer auch schon recht wilden Sequenz vor kurzem in Tim Burtons „Dark Shadows“ folgt hier ein rabiater Liebesakt, der mit dem ersten Teil des Wortes nun wirklich gar nicht mehr zu tun hat.
Es gibt in diesem „300“ zwar tatsächlich eine Entwicklung in Sachen Handlung, aber nichtsdestotrotz dominiert natürlich erneut die bildliche Umsetzung der zahlreichen Kämpfe und Schlachten. Die stehen dem Vorgänger in Sachen Deftigkeit keinen Deut nach und sind auch choreographisch ähnlich angelegt, doch hat man sich entschieden zumindest die menschlichen Figuren dieses Mal nicht ganz so stark zu verfremden, sondern etwas realer aussehen zu lassen, was den Eindruck der Künstlichkeit des Geschehens ein wenig mildert. Allerdings haben wie es immer noch mit größtenteils am Rechner entstandenen Bildern zu tun und mit einem derart bombastisch erhöhten Szenario, dass es einem praktisch unmöglich ist, die gezeigten Grausamkeiten ernst zu nehmen oder sich von den Figuren und ihrem Schicksal irgendwie berühren zu lassen.
Erwartungsgemäß fügt „Rise of an Empire“ dem originären Vorgänger somit nichts Nennenswertes hinzu und bezieht seine Existenzberechtigung allein aus seinen Schauwerten bzw. dem zu erwartenden kommerziellen Gewinn. Wer den ersten Film mochte, wird den zweiten daher vermutlich auch noch ganz okay finden, mehr jedoch nicht.
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