Das Team Mike Tollin und Brian Robbins hat sich eine nette kleine Nische im amerikanischen Kino gesucht und produziert seit einiger Zeit, neben Dokumentationen fürs Fernsehen, auch für die große Leinwand einen Sportlerfilm nach dem Anderen: "Summer Catch", "Varsity Blues und "Hardball" heißen ihre gemeinsamen Werke der letzten Jahre, bei denen mal der Eine und mal der Andere auf dem Regiestuhl Platz nahm. Und da es laut dieser Aufzählung thematisch 2:1 für Baseball steht, ist diesmal also wieder die andere der sehr amerikanischen Sportarten an der Reihe. Das Football-Drama "Radio" bietet aber zumindest einen besonderen Twist, im Mittelpunkt steht hier nämlich nicht das Geschehen auf dem Platz sondern das direkt daneben und am Rande. Denn "Radio" nennen die Bürger eines verschlafenen Städtchens im South Carolina der sechziger Jahre den geistig behinderten Jugendlichen, der eigentlich James heißt und statt mit anderen zu sprechen meist nur die Geräusche aus dem Radio nachplappert. Dieser läuft jeden Tag mit einem Einkaufswagen voller Krimskrams durch die Stadt und beobachtet dabei gerne das örtliche Football-Team durch den Zaun. Als die derben Sportler ihn dann eines Tages übel piesacken, greift der beherzte Coach Harold Jones ein und macht den Jungen zum inoffiziellen Maskottchen des Teams. Jones kümmert sich rührend um ihn, auch gegen den anfänglichen Widerstand der Mutter, die ihm erklärt, James sei genau wie alle anderen Jungen, nur eben etwas langsamer. Nicht alle sind begeistert von der ständigen Anwesenheit Radios bei den Spielen des Teams, denn der sorgt dort mit seinem Temperament gelegentlich für Irritationen. Auch die Familie von Harold Jones kann nicht so ganz nachvollziehen, warum der Ehemann und Vater einem Fremden soviel mehr Zeit und Aufmerksamkeit schenkt. Aber der in der Stadt sehr hoch angesehene Coach lässt sich nicht beirren und schafft es schließlich sogar, Radio an der örtlichen Schule unterzubringen. Viel
mehr passiert eigentlich auch gar nicht in der Verfilmung dieser
"wahren Geschichte". Der echte Radio ist heute ein "Absolvent
ehrenhalber" seiner Heimatgemeinde und läuft noch immer
zusammen mit der Footballmannschaft aufs Feld. Eine nette Geschichte
also und grundsätzlich ist es ja auch durchaus löblich,
diese nicht durch konstruierte Dramatik künstlich aufzublasen.
Doch - und jetzt kommt das unvermeidliche "Aber" - so
richtig packend und mitreißend ist das alles nicht und für
einen interessanten Zwei-Stunden-Film eben etwas wenig. "Sie nennen ihn Radio" ist kein wirklich schlechter Film mit einem allemal ehrenwerten Thema und zudem einer schönen, stimmigen sechziger Jahre Atmosphäre. Mit seiner "Nicht-Geschichte" und ohne auf einen erkennbaren Punkt hinzusteuern, kann man das Werk aber leider nicht ganz vom Vorwurf der "Verbreitung von Langeweile" freisprechen. Dies ist zwar eher eine Ordnungswidrigkeit als eine echte Straftat, wird aber bei uns ebenfalls abgestraft. Im Gegensatz zur Flensburger Sünderkartei führt das hier dann aber lediglich zu einem Mangel an Punkten. |
Neuen Kommentar hinzufügen