Über fünf Jahre ist es nun schon wieder her, seit Tom Cruise zum letzten Mal als Geheimagent Ethan Hunt im Auftrag der Impossible Misson Force (IMF) im Kino die Welt gerettet hat. Seitdem hat er mit seinem Stauffenberg-Film „Operation Walküre“ für ein paar Kontroversen gesorgt und in der lahmen Actionkomödie „Knight and Day“ ebenfalls einen Geheimagenten gespielt, der ganz große Erfolg ist dabei jedoch stets ausgeblieben. Die Rückkehr zum lose auf der hierzulande als „Kobra, übernehmen Sie“ bekannten TV-Serie basierenden Franchise schien da eine logische Wahl zu sein, um Cruise kurz vor seinem 50. Geburtstag noch mal einen großen Publikumshit zu bescheren. Der Tradition der Vorgänger-Filme folgend ließ man auch bei Ethan Hunts vierter Kinomission einen neuen Regisseur zum Zug kommen, auf den im Vorfeld allerdings wohl die wenigsten gesetzt hätten. Nach Brian De Palma, John Woo und J.J. Abrams fiel die Wahl dieses Mal nämlich auf Brad Bird, einen der wichtigsten Kreativköpfe in der magischen Erzählschmiede von Pixar, auf dessen Konto die Animationshits „Ratatouille“ und „The Incredibles" gehen und der von Produzent und Hauptdarsteller Cruise nun erstmals mit der Regie eines Realfilms betraut wurde. Um es vorwegzunehmen: Bird hat einen soliden Job gemacht und einen flotten, selbstironischen Actionfilm inszeniert.
Wie es sich für die Serie gehört, steigt der Film rasant in die Handlung ein und beginnt mit einem ausgetüftelten Gefängnisausbruch, der den Zuschauer völlig ratlos zurücklässt. Es ist nämlich niemand Geringeres als Ethan Hunt persönlich, den seine IMF-Kollegen hier aus einem russischen Knast holen. Seit den Ereignissen des letzten Films sind einige Jahre verstrichen, doch auf die offensichtlichen Fragen, was mit Ethans in Teil Drei eingeführter Frau geschehen ist und vor allem warum er im Gefängnis saß, darauf bekommt man erst einmal keine Antworten. Dafür haben Hunt und sein aus Jane Carter (Paula Patton) und dem inzwischen zum Feldagenten aufgestiegenen Computerspezialisten Benji Dunn (Simon Pegg) bestehendes Team gleich einen neuen Auftrag zu erledigen, der sie nach Moskau in den Kreml führt. Dummerweise geht die Sache jedoch gründlich schief, weil ihnen ein unbekanntes Team im wahrsten Sinne des Wortes dazwischenfunkt und den Kreml in die Luft sprengt. Weil Hunt und sein Team zur falschen Zeit am falschen Ort waren, werden sie für den Anschlag verantwortlich gemacht und zu Verrätern erklärt, woraufhin die US-Regierung das „Phantom Protokoll“ aktiviert und die Existenz der IMF fortan leugnet. Das Verhältnis zwischen Russland und den USA ist mit einem Mal an einem neuen Tiefpunkt angelangt und Hunt kann mit keinerlei Unterstützung durch seine Regierung mehr rechnen. Zusammen mit Carter, Dunn und dem neu zum Team gestoßenen Analysten William Brandt (Jeremy Renner) muss er nun alles daran setzen, die wahren Hintermänner des Terroraktes zu finden und zu enttarnen.
Ethan Hunt tut es also gewissermaßen dem Protagonisten einer weiteren 60er-Jahre-Serie gleich: er ist fortan „Auf der Flucht“ und gezwungen, seine eigene Unschuld zu beweisen. Im Gegensatz zu Dr. Richard Kimble ist er dabei allerdings nicht ganz auf sich allein gestellt. Die Bedrohungssituation vermittelt der Film dabei äußerst wirksam und lässt die Zuschauer lange Zeit im Dunkeln darüber, wer im Hintergrund die Fäden zieht. Wirklich wichtig ist die Handlung allerdings auch dieses Mal nicht, da die Ausgangssituation vor allem als Vorwand dient, Cruise und Co. eine Reihe exotischer Schauplätze abklappern zu lassen und sie dabei in mehrere halsbrecherische Actionsequenzen zu verstricken.
Sehr erfreulich ist dabei, dass die beiden Drehbuchautoren zusammen mit Cruise, Bird und dem hier als Produzenten fungierenden J.J. Abrams nicht einfach erneut auf dieselbe Storyformel wie in den Vorgängerfilmen zurückgegriffen haben, sondern diese mit der beschriebenen Ausgangssituation zumindest abgeändert und den Film zudem mit einer gehörigen Portion Humor und Selbstironie ausgestattet haben. All die wichtigen Elemente der „Mission: Impossible“-Formel sind hier selbstverständlich noch dabei – eine nervenzerreißende Einbruchszene, die nicht mehr weg zu denkenden Masken und Verkleidungen, alle möglichen technischen Spielereien sowie die Frage nach dem Verräter in den eigenen Reihen. Trotzdem hält der Film einige Überraschungen bereit, nicht zuletzt den eben angesprochenen selbstironischen Umgang mit einigen dieser Elemente, der ein bloßes Abspulen der bekannten Formel verhindert und für einen erstaunlich witzigen, sich selbst nie besonders ernst nehmenden Film sorgt. So kann es zum Beispiel durchaus einmal vorkommen, dass sich eine für Ethan Hunt und sein Team bestimmte Nachricht entgegen anderslautender Ankündigung nicht von selbst zerstört... Für einen Großteil des Humors ist zudem Simon Pegg („Paul – Ein Alien auf der Flucht“) zuständig, dessen Rolle im Vergleich zu Teil Drei massiv ausgebaut wurde.
Richtig ernst wird es im Verlauf des Films aber trotzdem mehrmals, etwa wenn Ethan Hunt in Dubai nur mit Hilfe spezieller High-Tech-Handschuhe die Glasfassade des höchsten Gebäudes der Welt hochklettert. In seinen Actionszenen ist der Film hochspannend und intensiv, wenn auch nicht so wegweisend, wie es die „Bourne“- und „Bond“-Filme des neuen Jahrtausends vorgemacht haben. Während James Bond zu neuem Ernst gefunden hat, hat „Mission: Impossible“ nun die entstandene Leerstelle gefüllt und wartet zwar mit mindestens genauso waghalsiger Action auf, lockert das Ganze aber regelmäßig mit flotten Sprüchen und anderen humoristischen Elementen auf (und lässt sich in dieser Hinsicht eher mit älteren Bond-Abenteuern vergleichen, als mit Daniel Craigs Einsätzen).
Brad Bird erweist sich dabei als richtige Wahl und als gekonnter Action-Regisseur. Von der nervenaufreibenden Fassadenkletterei über eine Verfolgungsjagd inmitten eines Sandsturms bis hin zum Faustkampf in einem vollautomatisierten Parkhaus (den man für sich alleinstehend auch als Werbespot für eine deutsche Automarke verwenden könnte) wissen alle Actionszenen zu gefallen. Auch die zahlreichen technischen Spielereien, die zu „Mission: Impossible“ dazugehören, dürfen dieses Mal natürlich nicht fehlen und bescheren dem Publikum ein, zwei herrliche Szenen. Zudem gilt auch hier, dass Hunt und seine Mitstreiter sich nicht immer auf all die Gadgets verlassen können und hin und wieder improvisieren müssen – letztendlich hängt also doch wieder alles von menschlichen Faktoren und ausgeklügelten Plänen ab, die man allerdings besser nicht auf ihren logischen Aufbau hin abklopfen sollte. Aber darum geht es hier auch wirklich nicht.
Selbstverständlich ist auch der vierte Teil der Reihe wieder ganz auf seinen Hauptdarsteller zugeschnitten, dem man sein Alter in einigen Aufnahmen zwar ansieht, der aber auch in den physischen Aspekten seiner Rolle immer noch überzeugt. Die besten Stunts, Kampfszenen und Verfolgungsjagden darf natürlich Cruise’ Figur absolvieren, doch seine Co-Stars schlagen sich daneben recht wacker. Simon Pegg ist für den Humor zuständig, Jeremy Renner („The Hurt Locker“) gibt den undurchsichtigen Helfer und Paula Patton („Déjà Vu“ – Wettlauf gegen die Zeit“) überzeugt als hart durchgreifende Agentin. Lediglich die Figur von Michael Nyqvist (bekannt aus der „Millenium“-Trilogie) behandelt das Drehbuch etwas stiefmütterlich, so dass der von ihm gespielte Hauptantagonist des Films weit weniger im Gedächtnis bleibt, als er es verdient hätte.
„Mission: Impossible – Phantom Protokoll“ wartet mit zahlreichen aus den Vorgängerfilmen bekannten und beliebten Elementen auf, verleiht der bekannten Formel durch den diesmal etwas anderen Storyansatz und einige weitere Twists jedoch neuen Schwung und nimmt sich vor allem selbst nicht besonders ernst. Die Gefahr einer bloßen Wiederholung von Altbekanntem hat das hinter dem Film stehende Team auf diese Weise erfolgreich gebannt und in diesem Sinne kann man nur sagen: Mission geglückt.
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