
Unter all dem Lärm, den "Transformers 2" und "G.I. Joe" gerade auf unseren Leinwänden veranstalten, droht an den Kinokassen leider genau der Film unterzugehen, bei dem der Adrenalinspiegel des Zuschauers in deutlich höhere Sphären gejagt wird. Mit "Tödliches Kommando" liefert Regisseurin Kathryn Bigelow ("Gefährliche Brandung", "Strange Days", "K-19: Showdown in der Tiefe") nach sechsjähriger Leinwandabstinenz einen spannungsgeladenen Kriegsfilm ab, der bei seinen Actionsequenzen genau das richtig macht, was viele Action-Blockbuster heutzutage leider schmerzlich vermissen lassen. Wer sich an der gänzlich unpolitischen Haltung des Filmes zum Irakkrieg nicht stören lässt, den erwarten hier 131 Minuten prickelnden Nervenkitzels ohne übertriebene Zerstörungsorgien oder astronomisch hohen Bodycount.
Dabei wäre das Ausgangsszenario ja eigentlich wie gemacht für lautes und dumpfes Actionkino. Nach dem erwartet unerwarteten Ableben ihres Anführers bekommt das Bombenräumkommando der Kompanie Bravo in Bagdad mit Staff Sergeant James (Jeremy Renner) einen draufgängerischen neuen Vorgesetzten verpasst. Die beiden anderen Teammitglieder, Sergeant Sanborn (Anthony Mackie) und Specialist Eldrige (Brian Geraghty), sind von dem wilden und kein Risiko scheuenden Neuankömmling aber überhaupt nicht begeistert. Denn bei den brandgefährlichen Missionen des Teams ist vor allem eines gefragt: höchste Konzentration und Selbstbeherrschung.
Mit höchster Konzentration geht bei diesem Film vor allem eine Person ans Werk: Regisseurin Kathryn Bigelow. Den simplen Aufbau der Story, die mehr oder weniger aus einer Aneinanderreihung unterschiedlicher Missionen besteht, nutzt sie um erfolgreich eine spannende Actionsequenz nach der anderen auf den Zuschauer loszulassen. Dabei gebührt allerdings zuerst einmal den Setdesignern und Locationscouts ein großes Lob, denn was hier aus dem kleinen Budget von nur elf Millionen Dollar herausgeholt wurde, ist einfach phantastisch. Die von halb verfallenen Gebäuden flankierten und komplett mit Schutt überzogenen Straßen sorgen für ein gleichermaßen trostloses wie unglaublich real wirkendes Setting und bieten damit erst den perfekten Schauplatz für die Missionen unserer Protagonisten.
Doch es ist natürlich vor allem die jederzeit perfekt sitzende Inszenierung, welche die Actionsequenzen zu solch nervenaufreibenden Angelegenheiten für den Kinobesucher macht. Anstatt jede Sekunde etwas in die Luft zu jagen oder mit hektischen Schnitten künstlich Spannung zu erzeugen, konzentriert sich Bigelow nämlich alleine darauf ganz gemächlich eine Atmosphäre der Paranoia und Angst zu erzeugen. Wie die gute alte Hollywoodschule uns schon vor Jahrzehnten in "Der weiße Hai" gelehrt hat: Der schlimmste Feind ist einer, den man nicht sieht. Genau vor diesem Dilemma steht das Bombenräumungskommando, das sich den Sprengsätzen meist auf offener Straße annehmen muss, während zeitgleich jeder noch so harmlos aussehende Passant mit dem Zücken eines Handys zum potentiellen Todesengel avancieren kann.
Gekonnt nutzt Bigelow diese Ausgangslage nun immer wieder dazu, um massiv an der Spannungsschraube zu drehen, ohne gleichzeitig auch nur einen einzigen Schuss abfeuern lassen zu müssen. So sitzt man alleine schon deswegen wie gebannt im Kinosessel, weil sich plötzlich die Anzahl der Schaulustigen verdoppelt und die Teammitglieder nicht mehr in der Lage sind mögliche Verdächtige auszumachen, während gleichzeitig die Entschärfung der Bombe ins Stocken gerät.
Das diese Sequenzen so gut funktionieren, liegt aber auch mit daran, dass der Film sich nicht davor scheut auch ab und zu einmal eine der prominent besetzten Nebenfiguren aus dem Verkehr zu ziehen. So führen die Kurzauftritte von Ralph Fiennes, David Morse und Guy Pierce nicht in jedem Fall zu einem Happy End. Konsequent mit relativen No-Names sind dagegen die drei Hauptrollen besetzt, was die Vorhersehbarkeit der Handlung für den Zuschauer nur noch weiter erschwert. Am Besten schlägt sich hier Jeremy Renner ("S.W.A.T.", "28 Weeks Later"), dessen Figur allerdings auch die einzig wirklich gut ausgearbeitete des ganzen Films ist. Denn wie schon gesagt, viel Story ist hier nicht, stattdessen werden die meisten Figuren nur relativ grob charakterisiert, was in diesem Fall aber mal ausnahmsweise kein großer Nachteil ist.
Ein Punkt muss aber noch angesprochen werden. Das "Tödliches Kommando" so gut wie komplett auf kritische Untertöne zum Irakkrieg verzichtet und die Aufgaben des Bombenräumungskommando lediglich zum Spannungsaufbau benutzt, mag manch kritischem Beobachter nun ein bisschen unangenehm aufstoßen. Glücklicherweise verzichtet der Film aber, zumindest bis auf die vielleicht ein klein wenig unglücklich geratene Schlusssequenz, dabei auf allzu starken Pathos und naiven Patriotismus. Dieser Film ist also definitiv keine Kriegspropaganda, stattdessen aber über zwei Stunden fesselnde Kinounterhaltung, die mal endlich wieder die Worte Action und Spannung miteinander kombiniert. Genau deswegen sollte man diesem Film also Gehör schenken, trotz des lauten Krachs für den seine "Genrekollegen" gerade in den Kinos sorgen.
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